Kapitel 21 - Entlarvte Lügen

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"Lügen können den Augenblick retten, aber die Wahrheit wird immer ihren Tribut fordern." - David C. Cook

"Warum, May? Warum lügst du?" Meine Stimme dröhnt über den fast menschenleeren Parkplatz, während die Sonne langsam hinter den Gebäuden versinkt. Nur noch vereinzelte Schüler und Lehrer streifen durch die Szenerie, doch ihre Anwesenheit wirkt wie ein ferner Schatten in der Stille.

Unsere Gesichter sind von diesen Emotionen verzerrt, jeder Zug spiegelt die inneren Stürme wider, die uns beide durchziehen. Warum hat May gelogen? Die Frage hämmert in meinem Kopf, begleitet von einem Gefühl der Ohnmacht. Ist es Eve, die im Auto dabei war? Hat May deshalb geschwiegen, um sie zu schützen? Oder verbirgt sich hinter ihrem Schweigen etwas Tiefergehendes, das sie nicht auszusprechen vermag?

Während wir uns anschweigen, hallen diese Fragen in meinem Kopf wider und suchen verzweifelt nach Antworten. Warum hat sie mir nichts gesagt, als sie mich heute Morgen abholte? Ein Kloß bildet sich in meinem Hals, als ich mir vorstelle, dass da etwas zwischen uns steht – etwas Unsichtbares, das uns voneinander trennt, aber dennoch spürbar ist.

Vielleicht liegt es an mir. Zweifel schleichen sich in meine Gefühlswelt ein. Habe ich etwas falsch gemacht? Hat May das Gefühl, dass sie sich mir nicht anvertrauen kann? Die Gedanken fressen sich in meine Seele, zerren an mir, machen mich kaputt. Jeder Moment des Schweigens fühlt sich an wie ein weiterer Schlag in mein Innerstes, und ich fühle mich hilflos gegenüber der Unsicherheit, die zwischen uns liegt.

Worte verharren in meiner Kehle, unfähig, ausgesprochen zu werden. Die Emotionen fesseln uns, und der Abgrund zwischen uns vertieft sich mit jeder Sekunde.

Der Boden unter unseren Füßen scheint sich zu dehnen und zu kräuseln, als ob er die aufgeladene Atmosphäre reflektieren würde.

Die untergehende Sonne taucht den Parkplatz in ein warmes Abendlicht, das die Umrisse der Gebäude und Bäume sanft umspielt. Schatten werden länger, während die letzten Strahlen des Tageslichts über den Horizont gleiten.

Ein frischer Wind streift über den Platz, trägt das Flüstern der Blätter mit sich und lässt die leeren Schaukeln am Spielplatzrand auf der gegenüberliegenden Straßenseite knarren. Der Duft von frischem Gras und Beton liegt in der Luft, während die Welt um uns herum in eine zeitlose Stille versinkt.

Doch in dieser scheinbaren Idylle wütet ein Gefühlssturm zwischen May und mir, und die ungesagten Worte hängen schwer wie Blei in der Luft.

"Warum lügst du, May?" Meine Stimme bebt, als ich die Frage erneut stelle.

Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. "Bitte, sag mir die Wahrheit."

May senkt den Blick, ihre Lippen fest aufeinandergepresst. Die Stille zwischen uns wird unerträglich.

"Alisia...", beginnt May mit brüchiger Stimme, bevor sie schweigt.

Ich trete näher, meine Hand ausgestreckt. "Wir können das gemeinsam durchstehen.", verspreche ich ihr.

Ein letztes Zögern liegt in Mays Augen, bevor sie tief Luft holt und die Mauer um ihr Herz durchbricht.

"Du zuerst, Alisia. Ich habe es heute Morgen gespürt, schon mit einem Blick in deine Augen", sagt die erdbeerblonde Frau mit geballter Emotion.

Ein Stich durchfährt mein Herz. "Es tut mir leid", sage ich leise. "Ich wollte dich nicht verletzen."

Sie starrt mich an. Die Wut in ihren Augen weicht einem Ausdruck der Traurigkeit. "Es tut mir auch leid, Alisia", murmelt May leise. Der Druck in meiner Brust löst sich.

Als die Worte aus meinem Mund fließen, atme ich tief durch und versuche, mich zu sammeln. Ein schwerer Kloß bildet sich in meinem Magen, während ich mich langsam dazu zwinge, die Erinnerungen an jene schreckliche Nacht hervorzurufen.

Schattenliebe - Der Schrei der BansheeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt