𝐒𝐭𝐞𝐫𝐛𝐞𝐧 𝐢𝐬𝐭 𝐥𝐞𝐢𝐜𝐡𝐭𝐞𝐫 𝐚𝐥𝐬 𝐞𝐢𝐧𝐬𝐜𝐡𝐥𝐚𝐟𝐞𝐧

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Mallory zog ihre Lederjacke etwas enger an ihren Körper und schlang ihre Arme um sich

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Mallory zog ihre Lederjacke etwas enger an ihren Körper und schlang ihre Arme um sich. Sie hatte die Kälte, die nachts um die Hochhäuser zog, definitiv unterschätzt. Mal wieder. Normalerweise wärmte der Alkohol recht gut, doch heute blieb das Gefühl aus. Es war anders. Alles hier fühlte sich anders an.

Sie war nicht die Art Frau, die sich an jedem Wochenende mit Drogen vollstopfte, eigentlich hatte sie es noch nie auch nur angerührt. Mallory verstand den Hype nicht darum. Alkohol reichte ihr und selbst das war genau genommen eine Droge. Aber manchmal war das berauschende Gefühl, all seine Sorgen für einen Moment lang zu vergessen, einfach herrlich.

Immer noch schwankend bog sie in eine Gasse ein. Spärlich belichtet und eigentlich hätten hier die Alarmglocken in ihrem Kopf anfangen sollen zu bimmeln, doch sie war den Weg schon so oft lang gestolpert, dass auch heute sie nichts davon abhielt. Es war nicht mehr weit bis zur Treppe, die in die U-Bahn-Station führte. Nur noch an den übel riechenden Abfallcontainern vorbei um die Ecke und das war es.

Doch ein erneut aufkommender Drehschwindel liess sie stehen bleiben. Ein ekelhaftes Dröhnen erfasste ihre Ohren und das kümmerliche Licht wurde von schwarzen Punkten verschluckt, die ihr vor den Augen tanzten. Beinahe blind tastete sie mit ausgestreckten Armen nach den Containern, um sich daran abzustützen. Tatsächlich bekam sie das kalte Metall zum Greifen und hielt sich daran fest, als wäre es ein Rettungsring.

Im nächsten Moment schlug sie die Augen wieder auf, das ekelhafte Geräusch war verschwunden, aber jetzt dominierte der Geruch von Mageninhalt und der stieg ihr säuerlich die Nase hoch. Apropos Säure. Offenbar hatte sie vor ihrem kurzen Wegtreten an die Tonne gekotzt und ihr Kopf lag nun direkt neben der Pfütze. Ein paar Zentimeter weiter und Mallory hätte einen Tauchgang in ihre eigene gekochte Suppe gemacht. Ekelhaft.

Wenn sie jemand so sehen würde, der sie kannte, würde sie sich in Grund und Boden schämen. Sie setzte sich stöhnend auf darauf bedacht ihre Hände nicht in das Erbrochene zu versenken. Mallory wische sich die störenden schwarzen Haare aus dem Gesicht und spuckte erst mal den Rest aus, bevor sie es wagte aufzustehen. Zumindest schien es ihr jetzt besser zu gehen als davor.

Niemals hatte sie es so dermassen übertrieben. Und auch heute war Mallory sich sicher, nur die zwei Gläser getrunken zu haben, mehr nicht.

„Fuck!"

Die Theorie, von dem Kerl unter Drogen gesetzt worden zu sein, machte immer mehr Sinn in ihren Augen. Aber da waren so viele Menschen gewesen und eigentlich hätte jeder in dieser Bar die Gelegenheit gehabt, ihr etwas in den Drink zu schütten.

Eine Frage blieb; was war der Zweck dahinter gewesen?

Mallory drehte sich um und hatte gerade mal einen Schritt getan, als aus dem Augenwinkel ein schwarzer Schatten auf sie zugeschossen kam. Blitzschnell griff der Jemand ihr in die Locken und schlug ihre Stirn gegen die Kannte des Müllcontainers. Der Schmerz explodierte in ihrem Kopf so heftig, dass ihre Knie einfach wegknickten. Beinahe so, als hätte man einer Marionette die Fäden zerschnitten.

Das war wohl die Antwort auf ihre Frage.

Der Jemand riss sie zurück und schleuderte sie zu Boden. Die nächste Schmerzwelle zuckte durch ihren Körper, als ihr Steissbein auf dem harten Asphalt aufkam. Automatisch versuchte sie den Sturz mit ihren Armen abzufangen, sodass ihr Rücken und vor allem ihr Kopf nicht auch noch einen Schlag abbekamen. Doch dafür ging alles viel zu schnell für ihren benebelten Verstand, überhaupt noch eine sinnvolle Entscheidung zu treffen.

Die ganze Luft wurde ihr aus den Lungen gepresst, als ihr Oberkörper den Boden küsste. Es erstickte sogar den schmerzverzerrten Schrei, der ihr über die Lippen gerollt war. Verzweifelt schnappte sie nach Luft. Blinzelte wie verrückt um den Schleier, der sich wie ein dunkler Schatten über ihre Augen gelegt hatte, loszuwerden. Etwas Nasses ran, ihr über die Stirn und in die Augenwinkel. Zumindest fühlte es sich so an.

Es reichte, um zu sehen, wie etwas Silbernes im schummrigen Licht aufblitzte und auf sie zugerast kam. Adrenalin schoss durch ihre Adern und belebte ihren schmerzenden Körper. Mallory riss ihre Arme hoch, um sich von den weiteren Angriffen zu schützen. Das hier war kein Kampf auf der Matte unter Kollegen mit Regeln, das hier ging, um Leben und Tod. Ihr Herz schlug viel zu heftig, als müsste es noch ein ganzes Leben nachholen, bevor es stillstehen wollte.

Der Angreifer hatte wohl nicht mehr damit gerechnet, dass noch irgendwas von ihr kommen würde und zuckte leicht zusammen, so versenkte er das Messer in Mallorys Handfläche. Die Klinge glitt durch ihre Hand, als würde es Butter schneiden und nicht durch Muskeln und Knochen. Ein spitzer Schrei aus der Tiefe ihrer Kehle hallte durch die Gasse.

Bitte, Gott. Lass es jemand gehört haben!

„Hilfe!"

Das Messer wurde aus ihrer Hand gezogen und während Mallory ihre verletzte Hand gegen ihre Brust presste, in ihren ungeschützten Bauch gerammt. Eins, zwei ...vielleicht drei Mal. Alles ging viel zu schnell, um ordentlich mitzuzählen, denn im nächsten Augenblick war sie allein in der Gasse. Der Angreifer war so schnell verschwunden, wie er gekommen war.

Angestrengt hob Mallory leicht den Kopf, um zu sehen, wie übel es wirklich war. Sie presste ihre beiden Hände auf die Wunden und musste entsetzt dabei zu sehen, wie ihr Blut zwischen ihren Fingern hervorquoll.

Sie hätte ihr Leben sinnvoller nutzen sollen und jetzt würde sie in dieser verdammten Gasse verrecken. Mallory tastete sich an ihrer Jacke hoch und zerrte ihr Smartphone aus der Tasche. Sie brauchte mehrere Anläufe, um es mit ihren glitschigen Händen anzustellen, um dann den Notruf zu wählen.

„Notrufzentrale. Wie kann ich helfen?"

Ihr Kopf landete zurück auf dem Boden, weil er sich unglaublich schwer anfühlte. „Ich —"

Mallory versuchte sich daran zu erinnern, welche Wortesie auf die Frage der Frau am Telefon benutzen musste, und doch war ihr Verstand wie leer gefegt. Ein strahlend helles Licht kam auf sie zu, versprach ihr Geborgenheit und Frieden. Eine angenehme Wärme erfasste ihren Körper und verbannte die Kälte. Es war viel zu einladend, als das Mallory es ablehnen konnte, also streckte sie sich danach aus und liess ihren schmerzenden Körper hinter sich. 

Memento Mori (Leseprobe)Where stories live. Discover now