Kapitel 6: Zuckerbrot und Peitsche

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Kapitel 6: Zuckerbrot und Peitsche

,,Und? Wie geht es dir?“

Mit sanften Fingern schälte Kanae den Verband, der Yukis Auge bedeckte, ab. Er bemühte sich, so gut es ging still zu sitzen. Der Drang, ihren Fingern auszuweichen, war fast unwiderstehlich. Er krallte seine Finger in das Holz der Liege, auf der er lag.

,,Es ist schon besser. Keine Kopfschmerzen mehr und meinem Körper geht es auch gut.“, gab er etwas gepresst zur Antwort. Zu allem Überfluss war da noch die Sache, dass er sich heute mit dem Anführer der Teufelsjägertruppe treffen sollte, um ihm Rede und Antwort über die Geschehnisse im Labor zu stehen. Auch Kyojuro war dorthin einberufen worden, allerdings war der Flammenhaarige schon vor einigen Tagen abgereist, da er noch einige Sachen Zuhause zu erledigen hatte. Als er Yukis Unbehagen gesehen hatte, hatte er sanft gelächelt.

,,Keine Sorge, Yuki, das wird schon. Ich komme dich bald wieder besuchen, versprochen.“

Das hatte ihn etwas beruhigt, doch die Nervosität blieb verständlicherweise bestehen. Auch Kanae schien das zu bemerken.

,,Du machst dir Gedanken über das Treffen heute, nicht wahr, Yuki?!“

Er hob leicht die Schultern. Sie hatte inzwischen den Verband komplett abgewickelt und nickte nun.

,,Okay, öffne jetzt bitte dein Auge.”

Langsam öffnete er das Auge und sofort schoss ein stechender, allzubekannter Schmerz direkt von dem Auge in seinen Kopf. Er zischte und deckte es sofort mit der Hand ab, wodurch der Schmerz ein wenig abebbte.

,,Hm.”, machte Kanae bedeutungsschwer, ,,Das habe ich mir schon fast gedacht. Ich habe etwas für dich.”

Sie ging zu ihrem Schreibtisch und kam mit einem schwarzen, runden Stück Stoff zurück, an dem links und rechts zwei Bänder herunterhingen.

,,Was ist das?”, wollte Yuki wissen, ,,Und warum tut mein Kopf wieder weh, nur weil mein Auge freiliegt?”

,,Ich vermute, dass das eben mit dem Auge zusammenhängt. Es ist dir, wenn ich richtig im Bilde bin, ja eingesetzt worden. Und es ist offensichtlich das Auge eines Teufels. Ich kann nicht ganz nachvollziehen, wie sie das geschafft haben, ohne dich zu töten, aber das ist für dich nicht relevant. Relevant ist eher, dass die Kräfte des Auges dein Gehirn ziemlich überlasten. Das verursacht die starken
Kopfschmerzen.”

,,Kräfte?”, echote der Blauhaarige und die Ältere nickte.

,,Viele höhere Teufel besitzen Fähigkeiten, die man blutige Teufelskunst nennt. Diese können eine Art Illusionszauber, aber auch Kampftechniken sein. Es ist nur eine Vermutung, aber ich denke, dass der Vorbesitzer deines Auges ebenfalls so eine Teufelskunst gemeistert hat. Vielleicht wollten deine Peiniger testen, ob du diese ebenfalls nutzen kannst…wer weiß das schon.”

Geheimnisvolle Kräfte - das klang alles sehr abenteuerlich. Yuki überlegte, ob er während seiner Zeit im Labor irgendetwas in der Richtung mitbekommen hatte, aber es wollte ihm nichts einfallen. Wenn die Teufel über sie gesprochen hatten, dann meistens, wenn sie im Käfig eingesperrt gewesen waren. 

Nun hielt ihm Kanae wieder das Stück Stoff hin. ,,Darf ich?!”

Mit größter Willensanstrengung schaffte er es, zu nicken. Daraufhin beugte sie sich vor, legte das Stück Stoff über das Auge und verknotete dann die Enden der Bänder am Hinterkopf des Blauhaarigen.

,,So.”, sagte sie zufrieden und trat einen Schritt zurück, ,,Wie ist das?”

Jetzt, da das Auge wieder verdeckt war, ließ der Druck in seinem Kopf wieder nach. Der Stoff war weich und fühlte sich angenehmer auf der Haut an als der Verband zuvor. Vorsichtig strich er mit den Fingerspitzen darüber.

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