|12| Liebe ist...

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„Was meinst du eigentlich, wenn du sagst, du habest andere Ansprüche an das Leben als Tori?", fragt Luzifer urplötzlich, als würden wir ein Gespräch fortführen und ich blinzele mehrmals, als ich versuche, die Reste meiner klaren Gedanken zusammenzukratzen, um eine ansatzweise eloquente Antwort zu geben.

"Äääh..." Na toll, das geht ja gut los. Ich räuspere mich und schaue zu ihm auf. Großer Fehler. Sein intensiver Blick geht mir durch und durch und ich spüre, wie meine Atmung schneller wird. Seine Augenbrauen zucken sehr leicht, als er dies bemerkt und ein selbstzufriedenes Lächeln legt sich auf seine Lippen, welches mich ein klein wenig triggert – auch wenn ich auf selbstsichere Typen schon irgendwie stehe.

Dennoch schaffe ich es, mich zu sammeln und zucke mit den Schultern, mit den Augen Tori suchend. „Weißt du, Tori war es schon immer wichtig, eine Beziehung zu haben. Zu jemandem zu gehören und..." Nein, das klingt falsch. Das ist ja nichts, was ich mir nicht auch eigentlich wünsche.

„Und du wünschst dir sowas nicht?", fragt Luzifer da auch schon und ich sehe zu ihm. Ehrliches Interesse liegt in seinen Augen und ich neige den Kopf, während wir weiter über die Tanzfläche schweben. Es ist, als gäbe es nur uns zwei.

„Doch, schon, aber ..." Erneut breche ich ab und runzele die Stirn, als mir auffällt, dass ich nicht genau sagen kann, was ich will. Story of my life. Ich habe schon immer Schwierigkeiten gehabt, ein Ziel für mich zu formulieren. Als würde ich mir dadurch andere Wege verbauen, auf die ich nur noch nicht gekommen bin.

„Wie steht es mit dir?", frage ich daher den Dämon und beglückwünsche mich zu der gelungenen Ablenkung. Luzifer schmunzelt und wirbelt mich mit einer großen Geste herum, als erneut ein etwas schwungvolleres Lied angestimmt wird.

Wenn das so weitergeht, brauche ich aber bald eine Pause. Und morgen wahrscheinlich neue Füße.

„Ich finde dieses ganze Konzept der Monogamie und des ewigen Bundes zweier Seelen völlig unsinnig", antwortet er mir dann und ich sehe schmunzelnd zu ihm auf. „Schockierend", konstatiere ich und er grinst teuflisch.

„Ja, oder? Aber im Ernst, Sarah. Glaubst du an", er macht eine ausholende Handbewegung, die den ganzen Saal umfasst, „das hier?" Ich folge seiner Geste und sehe mich um. Glaube ich an die wahre Liebe? An Beziehungen und, dass sie auch halten?

„Dein Blick verrät mir, dass du es nicht tust, Sarah", säuselt Luzifer und eine eigenartige Zufriedenheit liegt in seiner Stimme, die mich dazu bringt, zu widersprechen. „Das ist so nicht wahr. Ich denke nur, dass sie nicht für alle Menschen existiert. Manche werden ewig allein bleiben und einige davon werden es auch nicht schlimm finden."

Luzifer grinst und nickt. „Wie wahr. Manche werden wie ich das Leben in vollen Zügen genießen können. Müssen sich nicht auf eine einzige Person festlegen und sich Vorwürfe machen, wenn der Blick mal an einer anderen hängen bleibt. Das ist totale Freiheit, Sarah."

Nachdenklich betrachte ich ihn und spüre, wie ein Teil von mir ihm zustimmt. Die wenigsten Ehen halten und ich habe schon sooft gesehen, wie Beziehungen zu Bruch gingen – nicht zuletzt meine eigenen, von denen es weit weniger gab, als man bei meinem Alter annehmen möchte.

Da war es doch nur logisch, sich nicht festzulegen, das Leben und die Liebe so zu nehmen, wie sie kommt und vor allem auch geht, ohne zu trauern. Aber ging das? Funktionierte das, wenn es um Liebe ging?

„Was ist mit Liebe?", frage ich also mein Gegenüber und Luzifer schnaubt leise. Ich schwöre, kurz meine ich, kleine Rauchwölkchen aus seiner Nase kommen zu sehen. Ich unterdrücke ein Schmunzeln und sehe ihn auffordernd an.

„Ach, Liebe...", beginnt Luzifer. „Was anderes ist Liebe, wenn nicht der jämmerliche Versuch, eine Person ganz und gar nur für sich zu beanspruchen?"

Ein höllisches DateWhere stories live. Discover now