Blaues Leuchten

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In den nächsten Tagen führe ich meinen Unterricht fort

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In den nächsten Tagen führe ich meinen Unterricht fort. Schon am nächsten Tag schreibt Anemone überaus stolz ihren eigenen Namen auf. Bis zum Lesen und Entziffern einzelner Wörter wird es noch eine Weile dauern. Aber als ich sie einige Tage später beim Abstauben in der Ahnengalerie antreffe, beobachte ich schmunzelnd, wie sie vor jedem der Bilder erst einmal innehält und nach bekannten Buchstaben in den Namen darunter sucht.

„Gionah!" sagt sie auf einmal. Ich schrecke zusammen, aber sie hat nicht mich persönlich gesehen, sondern steht vor dem Gemälde, welches vor zwei Jahren von meinem Bruder und mir gemalt worden ist.

Ich kann der Versuchung nicht wiederstehen, ich komme hinter dem Vorhang hervor, hinter dem ich mich verborgen habe und trete zu ihr. „Du hast mich gerufen?"

Anemone fährt heftig zusammen und dreht sich zu mir um, wobei mir ihr angefeuchteter Staubwedel übers Gesicht wischt. Hastig tritt sie zurück. „Es tut mir leid, Eure Hoheit!"

„Du solltest mich nicht hier waschen", ich deute auf mein Gesicht, „sondern dort oben." Ich zeige auf das Bild.

Anemones Augen sind noch erschrocken geweitet, aber der Mundwinkel zuckt bereits. In den letzten Tagen hat sie nicht nur weitere Buchstaben gelernt, sondern auch, mich weniger zu fürchten. Im Moment steuern wir auf ein Verhältnis zu, wie ich es auch mit meinen Rittern habe; eine Art Kameradschaft zwischen einem Höhergestellten, der nicht auf seinen Rang pocht und seinem Untergegeben, der weiß, wie freimütig er sein darf, ohne den schuldigen Respekt zu verweigern.

„Ihr habt recht, Eure Hoheit", stimmt sie zu. „Dort könnt Ihr eine Reinigung vertragen." Was sie auch umgehend und sachkenntlich erledigt.

„Ich muss also davon ausgehen, dass du nicht mich gerufen hast?", necke ich sie.

Anemone errötet – auch etwas Neues für mich. „Eure Hoheit, ich würde es niemals wagen, Euch bei Eurem Namen zu nennen."

„Gefällt er dir nicht?" Es verblüfft mich selbst, wie locker und unbefangen ich mittlerweile mit ihr sprechen kann.

„Doch", erwidert sie impulsiv. „Es ist ein schöner Name." Dann fällt ihr wieder ein, dass sie die Magd und ich der Prinz bin. „Aber es steht mir nicht zu, Euch beim Namen zu nennen. Ihr seid eine Hoheit und kein Mann von der Straße." Das klingt beinahe tadelnd. Anemone ist diejenige, die mich immer darauf hinweist, dass ich mehr auf meinen Rang bedacht sein soll. Das ist eigentlich auch schon so gewesen, bevor wir begonnen haben, miteinander zu sprechen. Von Anfang an hat sie mir stumm, aber mit strengem Blick die Kanne aus der Hand genommen, wenn ich mir selbst habe einschenken wollen und mir nicht erlaubt, meine Kleidung selbst vom Boden aufzuheben. Und vermutlich ist ihr noch immer nicht bewusst geworden, dass sie damit mich sozusagen maßregelt dafür, dass ich sie nicht wie eine mir weit unterlegene Person behandle.

„Ich werde morgen ein Mann auf der Straße sein", gebe ich zurück. „Und du eine Frau auf der Straße. Du solltest schon einmal üben, mich richtig anzusprechen."

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⏰ Last updated: 6 days ago ⏰

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Das blaue Leuchten der PariaWhere stories live. Discover now