Kapitel 12

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Carlotta

Die letzten Stunden lag ich nur weinend im Bett. Nachdem ich mein neues YouTube-Video bearbeitet habe, bin ich ein bisschen durch TikTok gescrollt. Leider wurde mir eine Doku vorgeschlagen, in der eine junge Frau ihr Baby durch den plötzlichen Kindstod verloren hat. Wie versteinert saß ich da und konnte nicht weg schalten. Sofort waren die Bilder wieder da. Irgendwann muss ich vor lauter Weinen eingeschlafen sein, denn irgendwann werde ich wach und fühle mich einfach nur wie überfahren. Als ich aufstehe und ins Badezimmer gehe, schrecke ich fast zusammen. Die letzten Stunden sieht man mir mehr als an. Da mir der Kopf dröhnt, brauche ich ein bisschen frische Luft. Also ziehe ich mir was über und schnappe mir mein Handy. Doch als ich aus der Tür trete, trifft mich fast der Schlag. Aus Wincents Zimmer stürmt eine Blondine und der feine Herr steht in der Tür und schaut ihr nach. Als er mich bemerkt, kratzt er sich peinlich berührt am Hinterkopf. ,,Das ist nicht so wie es aussieht", versucht er sich zu rechtfertigen. ,,Du musst dich bei mir nicht rechtfertigen", sage ich direkt und ziehe die Tür hinter mir zu. ,,I..ich", versucht er es, aber ich blocke ihn ab. ,,Wincent, das ist dein Privatleben", seufze ich und schaue ihn in die Augen. Doch nun wird sei Blick besorgter. ,,Ist alles okay?" ,,Ja", murmle ich und gehe an ihm vorbei. ,,Lotte, wo willst du hin?" ,,Nach draußen. Brauche frische Luft", sage ich kurz angebunden. Keine Ahnung, aber gerade ist es mir vergangen mit ihm zu reden. ,,Soll ich nicht lieber mitkommen?" ,,Nein, geh schlafen, oder vergnüg dich anderweitig", erwidere ich und laufe einfach los.

Vor dem Hotel lasse ich mich auf eine Bank sinken und atme einen Moment durch. Ich weiß nicht, warum es mir zusetzt zu wissen das er mit so einer im Bett war. Ich dachte echt, er wäre anders und nicht so klischeehaft. Aber da habe ich mich wohl getäuscht in ihm. Irgendwie bekomme ich gerade ein komisches Bild von ihm. Was macht mir das überhaupt zu schaffen? Das sollte mir doch egal sein...Er ist immerhin nur mein Chef. Irgendwann gehe ich wieder hoch und schlafe auch relativ schnell ein. Am nächsten Morgen sehe ich immer noch nicht besser aus, trotzdem gehe ich nach unten um zu frühstücken. Ich schnappe mir ein bisschen was vom Buffet und mache es mir in einer hinteren Ecke gemütlich. Gerade als ich die neuesten Nachrichten checke, bleibt jemand neben meinem Tisch stehen. Als ich aufsehe, steht Wincent da und schaut mich unsicher an. ,,Darf ich mich setzen?" ,,Ja", sage ich leise und mache ihm Platz. ,,Du wegen letzter Nacht nochmal. Es war nicht das, wonach es aussah. Das war der größter Fehler sie mit hierher zu nehmen. Ich habe sie nach einer Minute wieder aus dem Zimmer geschmissen", sagt er leise und kribbelt sich an seinen Fingern herum. ,,Wie gesagt, du musst dich nicht rechtfertigen. Wenn du 10 Mädels abschleppst, schleppst du 10 Mädels ab", erwidere ich Achselzuckend. ,,So bin ich aber nicht Lotta", spricht er und zieht die Augenbrauen zusammen.

Als ich nichts erwidere, fährt er fort. ,,Ich schleppe normal keine Frauen ab und deswegen hasse ich den Alkohol manchmal." ,,Wie gesagt, ich brauche keine Rechtfertigung", seufze ich und trinke von meinem Kaffee. ,,Ich weiß, aber ich möchte nicht das du ein falsches Bild von mir bekommst. Ich bin nicht so." ,,Das sagen sie alle", flüstere ich leise und widme mich wieder meinem Handy zu. ,,Gehst dir eigentlich besser?" ,,Ja", sage ich kurz angebunden. ,,Was war los? War es wegen Mathilda?", fragt er vorsichtig und schaut mich mit einem traurigen Blick an. Kurz schaue ich ihn an, schnappe dann meine Sachen und stehe auf. ,,Ich möchte gerade nicht mit dir nicht über Mathilda reden", sage ich und klinge dabei sehr kalt. Ich laufe einfach nach draußen und spüre seinen traurigen Blick auf mir.

Ich weiß nicht warum ich gerade so abwesend zu ihm bin, aber irgendwie tut es mir im inneren weh. Wahrscheinlich kommt gerade alles zusammen. Da wir uns in einer Stunde verabredet haben, um wieder ins Studio zu fahren, mache ich mich gleich mal fertig. Auch die Autofahrt verläuft sehr still. Wir reden fast nicht, sondern hängen einfach nur unseren Gedanken nach. ,,Kann ich mich vielleicht in den Nebenraum setzen?", frage ich, als wir im Studio ankommen. ,,Klar, fühl dich wie zu Hause", lächelt Joe. Gerade als ich nach draußen laufen möchte, werde ich an der Hand festgehalten. Wincent. Ich schaue von seiner Hand hoch in sein Gesicht. ,,Können wir vielleicht kurz reden?" ,,Worüber?" ,,Irgendwie ist es komisch zwischen uns", sagt er leise und lässt meine Hand los. ,,Da ist nichts", sage ich kopfschüttelnd und laufe einfach rüber. Dort setze ich mich an den Tisch und vergrabe direkt mein Gesicht in meinen Händen. Was ist im Moment nur los? Seit ich das Angebot von Wincent wahrgenommen habe, herrscht in mir ein Gefühlschaos, welches ich nicht deuten kann. Aber es überfordert mich extrem...

Irgendwann kommt Philipp rein und setzt sich zu mir. Schniefend putze ich mir die Nase und schaue ihn an. ,,Lotta, wir möchten dich nicht bedrängen, ist aber alles gut? Wincent sitzt auch drüben und ist total deprimiert", spricht er sanft. ,,Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht was los ist", seufze ich und fahre mir durch die verwuschelten Haare. ,,Willst du reden?", fragt er sanft weiter. ,,Gerade eher nicht, aber danke", lächle ich leicht. ,,Wenn was ist, wir sind drüben okay?" ,,Ja", flüstere ich und putze mir die Nase. Nachdem er wieder rüber gegangen ist, versuche ich mich ein bisschen weiter mit dem Schneiden abzulenken. Doch immer wieder kommt mir das Bild von dieser Blondine in den Kopf. Warum um Himmelswillen macht es mich so fuchsig zu wissen, das Wincent mit einer Frau Zeit verbringt? Doch irgendwann merke ich, dass ich mich doch ein bisschen einsam fühle. Also packe ich wieder meine Sachen zusammen und gehe rüber. Philipp lächelt mich direkt an und daraufhin dreht sich Wincent zu mir um. Unsicher schaut er mich an, aber als ich ihn ganz leicht anlächle, wird sein Blick auch wieder entspannter.

Ich setze mich neben Joe aufs Sofa und schaue beziehungsweise höre erstmal ein bisschen zu. Aber irgendwann greife ich doch wieder nach meiner Kamera und mache ein paar Fotos. Da Wincent und ich am nächsten Morgen aber schon wieder anderweitig unterwegs sind, verabschieden wir uns heute mal relativ früh. ,,Hast du eigentlich auch so Hunger?", bricht er im Auto die Stille. ,,Um ehrlich zu sein ja. Du auch?" ,,Ja, bock auf Mc'Donald?" Leicht nicke ich und lege mein Handy weg. Nachdem wir unsere Bestellung erhalten haben, parkt er in einer ruhigen Ecke, sodass wir gleich essen können. Nach ein paar Minuten nehme ich meinen Mut zusammen und blicke zu Wincent. ,,Du Wincent, ich wollte mich nochmal wegen meinem Verhalten entschuldigen. Das war nicht richtig. Du hast dir Sorgen um mich gemacht und ich war so zu dir. Ich habe kein Recht dazu, meine schlechte Laune an dir rauszulassen. Vor allem muss es mich nicht interessieren, mit wem du deine Nacht verbringst", schmunzle ich am Ende leicht.

,,Ach mach dir keine Gedanken. Das ist doch schon vergessen. Und wie gesagt, mir ist das selbst unangenehm, da das nicht meine Art ist. Wie gesagt, es lief nichts." ,,Das hast du schon des öfteren gesagt", kichere ich leicht. ,,Ja und ich erwähne es gerne immer wieder", lacht er und trinkt einen Schluck von seiner Cola. ,,Hätte dir ja eigentlich gleich glauben müssen, habe ihren Spruch noch mitbekommen", sage ich und könnte mich nu wegen seinem Gesichtsausdruck kaputtlachen. ,,Das mit Milchbubi?" ,,Genau der." ,,Bin ich aber nicht", erwidert er ganz locker und beißt in seinen Burger. ,,Wenn man eine andere ganz bestimmte Frau im Kopf hat, die mehr als interessant ist, kann man einfach nichts mit einer Fremden anfangen." Boom! Dieser Satz hallt mir die ganze Nacht  im Kopf herum...

Ist so viel schöner, besser, leichter mit dirWhere stories live. Discover now