Mitternachtpfotes Versprechen

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Mitternachtspfote rannte über das Moor, ihre Pfoten trommelten über den Boden und der Wind rauschte in ihren Ohren, während sie geschickt einen Tümpel nach dem Anderen umrundete.

Hinter ihr war das Keuchen eines kleinen Katers zu hören, welches langsam immer leiser wurde, je weiter sie sich von ihm entfernte. »Du kriegst mich nie«, rief die Kätzin über ihre Schulter hinweg und sprang vor Übermut ein Stück in die Höhe.

Wenn sie rannte und der Wind ihren Pelz zerzauste, fühlte sie sich so glücklich wie sonst nie, besonders wenn Wirbelpfote bei ihr war. Allein bei dem Gedanken an den Kater, der einige Fuchslängen hinter ihr rannte und sich vergeblich bemühte, mehr aus seinem Körper herauszuholen als er hergab, wurde ihr ganz warm ums Herz.

Seit sie das erste Mal einen Blick in seine bernsteinfarbenen Augen geworfen hatte, konnte sie diese nicht mehr aus ihrem Gedächtnis vertreiben und den Baugefährten nicht aus ihrem Herzen.

Schließlich blieb sie stehen, vor Anstrengung keuchend und auf ihren Freund wartend, der kurze Zeit später ebenfalls vor der Höhle stehen blieb. Seine Flanken hoben und senkten sich schwer und sein Körper konnte gar nicht genug Luft aufnehmen, so sehr war er außer Atem.

Mitternachtspfote wartete geduldig, kannte sie dies doch von unzähligen vorhergegangenen Wettrennen. Wirbelpfote hatte nicht ein einziges Mal gewonnen, sich jedoch stets redlich bemüht, schneller als beim vorherigen Mal zu sein.

Dennoch gab er nicht auf und im Stillen dachte, nein hoffte sie, dass er es nicht aufgrund des Gewinnens immer wieder versuchte, sondern weil er gerne Zeit mit ihr verbrachte.

Das Loch, das sich vor ihren Pfoten im Boden auftat, war das eigentliche Ziel der Schüler gewesen. Dieses tat sich, sollte man in es hinabsteigen, zu einer Höhle auf, welche ein Teil des dicht vernetzten, unterirdischen Höhlennetzwerkes war.

Dieser Ort war ein wichtiger Bestandteil des Lebens der AschenClankatzen geworden, seit Johannisbeerflut einen Erdrutsch ausgelöst hatte, durch welchen eine Öffnung zur Höhle entstanden war und bei dem die Kriegerin ihr Leben gelassen hatte.

Der weiße Kater machte sich zuerst an den Abstieg, als er unten angekommen war folgte sie ihm und seinen Pfotenspuren über den rauen Stein.

Ihre Schritte waren vorsichtig, längst nicht so schnell und geübt wie die ihres Vorgängers. »Hast du Angst, oder wieso bist du hier nicht so schnell wie vorhin auf dem Moor?« Ein neckisches Funkeln lag in Wirbelpfotes Augen. »Es kann nunmal nicht jeder die geborene Bruchsteinclan-Katze sein«, erwiderte die Schülerin, während ihre Pfoten endlich wieder ebenen Boden berührten.

Dann setzte sich Mitternachtspfote in Bewegung und sprang ohne ein weiteres Wort auf einen Felsen, der aus der Gesteinsmauer hinausragte.

Als sie sich den empörten Blick ihres Baugefährten, der nun vermutlich auf ihr ruhte, vorstellte, konnte sie ein Schnurren nur mit Mühe unterdrücken.
Kurz darauf hörte sie jedoch seine Schritte und sah den Kater in ihrem Blickfeld auftauchen.

Die Schülerin erhaschte kurz einen Blick von oben auf ihn, dann war der weiße auch schon neben sie gesprungen. Ihre Pelze berührten sich und Mitternachtspfote schmolz dahin.

Nirgendwo wollte sie in diesem Moment lieber sein, als hier. In Augenblicken wie diesen konnte sie ihre Zukunft ganz genau vor sich sehen, sah schon Junge vor sich im Lager spielen. Junge, die eine perfekte Mischung aus ihnen waren.

Doch dies waren nur Tagträumereien. Bis sie Krieger waren, war es noch viele Monde hin und wer wusste schon, ob die beiden Katzen die gleichen Träume und Sehnsüchte hatten. Ob der kleine Kater die gleichen Empfindungen für sie hatte, wie sie für ihn.

Im blassen Schein des IrrlichtsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt