KAPITEL 4 | EMBERLY

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Skeptisch musterte Cole meinen Aufzug, während er mit verschränkten Armen neben der Haustür lehnte. Der Designermantel schmiegte sich an meine Kurven und ließ kaum Raum für Fantasie. Die knöchelhohen Stiefel glitzerten in der schwachen Beleuchtung meines Wohnzimmers, während ich die Kette schloss und anschließend die Ringe über meine Finger strich.

»Denken Sie, es ist eine gute Idee, wenn Sie so vorgehen, Miss Adler?«, fragte er murrend. Ich sah den Unmut in seinen Augen funkeln, doch ließ mich davon nicht beirren. Cole verstand die Wichtigkeit meiner Wege selten oder er wollte sie nicht begreifen. Es war mir ohnehin egal.

Nach fast fünf Jahren, in denen er mein Leibwächter war, war ich kaum einen Schritt weitergekommen. Die finanziellen Mittel meines Gegners bereiteten mir Kopfschmerzen, weil sie nicht zu versiegen schienen. Ein konstantes Pochen hinter meiner Stirn, das mich zuweilen in den Wahnsinn trieb und unschöne Methoden verlangte. Eine solche unschöne Methode würde heute Abend ausgeführt werden.

»Lassen Sie sich eins gesagt sein, Cole, um meine Beweggründe zu verstehen, müssten Sie zu mir in den Abgrund hinabsteigen. Ich würde Ihnen davon abraten. Also, ja, der Vorgang ist unumgehbar.« Meine Worte waren kühl, trotzdem schallten sie wie ein Peitschenhieb. Cole zog die Schultern hoch. Eine Abwehrhaltung eines verbalen Angriffs, die ich schon häufig bei ihm gesehen hatte. Ich beleidigte ihn niemals, aber dennoch hatten meine eisige Stimme und die Abgebrühtheit ihre Wirkung in den letzten Jahren niemals verfehlt. Cole wusste, wann es an der Zeit war, mein Handeln nicht mehr zu kommentieren.

Ich legte mir die Handtasche über die Schulter und er öffnete mir die Tür. Die kühle Frühlingsluft wehte mir ins Gesicht und ich schloss genüsslich durchatmend die Augen. »Torontos Frühling ist magisch, finden Sie nicht?« Die Limousine wartet am Straßenrand, um mich an mein Ziel zu bringen. Cole brummte unzufrieden in meinem Rücken, dennoch öffnete er mir die Tür und sank auf seinen Platz neben dem Fahrer. Er nannte ihm die Adresse und starrte wütend aus dem Fenster.

Meine Wege mochten für ihn unergründlich scheinen, allerdings verfolgte ich ein Ziel, welches ich auch mit meinem Leibwächter nicht zu teilen vermochte. Er beschützte mich mit seinem Leben, aber Vertrauen war eine heikle Angelegenheit. Ich legte ihm meinen Herzschlag in die Hände, niemals meine Gedanken.

Das imposante Hochhaus ragte vor mir auf, als ich aus dem Wagen stieg und den Blick über die Fensterfronten wandern ließ. Einige Büros waren noch besetzt, denn hinter den beleuchteten Fenstern schwirrten Angestellte umher. Ich reckte das Kinn und begradigte meine Haltung, ehe ich mit einem Lächeln durch die Drehtüren zum Aufzug ging. Cole folgte mir wortlos wie ein guter Schatten und hielt sich im Hintergrund. Er wusste, dass diese Treffen wichtig waren, um auch seinen monatlichen Verdienst in Zukunft zu sichern.

Die CEO-Etage war – gelinde gesagt – überfüllt. In jeder Ecke flitzten Angestellte herum, obwohl die Zeiger der Uhr weit über den Feierabend hinausgegangen waren. Ich gab ein verstimmtes Brummen von mir, bevor ich in Richtung des Büros von Dal Lane stolzierte. Seine Mitarbeiter warfen mir verstohlene Blicke zu, die ich mit einem überlegenen Lächeln quittierte.

Ich wusste längst, dass Dal lediglich den Schein wahrte. Er war als CEO eingestellt worden und hatte das Imperium, welches um ihn herum waberte, nicht gegründet. Ich wollte herausfinden, wer der Drahtzieher war, denn die Person machte mir das Leben schwer.

Ohne seine Sekretärin zu begrüßen, öffnete ich die Tür seines Eckbüros. »Dal«, rief ich freudig. Cole nahm mir die Handtasche ab und ich breitete die Arme aus. Dal Lane war ein hochgewachsener Mann in seinen vierzigern, den meine Familie schon einige Jahre sehr gut kannte. Umwerfend schön und sicherlich ein Vergnügen wert. Heute hatte ich andere Prioritäten.

TORONTO'S KÖNIG | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt