11. | Ida

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Zwei weitere Wochen vergingen und langsam gewöhnte ich mich an die Arbeit. Mit Martha und Dorothea verstand ich mich immer besser. Leider sah ich Frieda nur noch bei den Mahlzeiten. Ihrer Familie schien es besser zu gehen und das freute mich sehr.

Manchmal begegnete ich der Mutter des Herzogs auf den Fluren. Sie war genauso einschüchternd, wie ich mir sie vorgestellt hatte. Ihr weißes Haar war stets zu aufwendigen Frisuren zusammengebunden. Anders als bei der Köchin und beim Hausdiener Fasting war ihr Gesicht nicht von Falten zerfurcht und sie war kerngesund, obwohl alle drei laut Martha im selben Alter waren. Dorothea hatte mir erzählt, dass es daran lag, dass die Herzogin mehrmals im Jahr einen Jungbrunnen besuchte. Ich vermutete aber eher, dass die Herzogin nie körperliche Arbeit verrichten musste.

Auch heute begegnete ich ihr, nachdem ich den Salon geputzt hatte. Wie immer würdigte sie mich keines Blickes. Doch als ich weitergehen wollte, rief sie mich zu sich. „Sie da! Kommen Sie her!", befahl die Herzogin. Ich drehte mich um und knickste kurz. „Eure Königliche Hoheit, wie kann ich helfen?", ratterte ich den Satz herunter, den mir Martha eingebläut hatte.

Sie musterte mich von Kopf bis Fuß. Schnell rückte ich meine Schürze zurecht, aber ich sah ihren abschätzigen Blick dennoch. „Warum ist der Speisesaal nicht sauber? Ich sehe dort Staub! Mein Sohn wird heute Abend seine Verlobung verkünden. Da muss alles ordentlich aussehen!"

„Selbstverständlich, Eure Königliche Hoheit", sagte ich und knickste erneut. „Ich werde den Speisesaal gründlich putzen." „Das möchte ich auch hoffen", wieder musterte sie mich von Kopf bis Fuß und schüttelte den Kopf. Mit einer Handbewegung entließ sie mich und ich eilte in den Speisesaal. Auf dem Flur traf ich auf Dorothea. „Ich muss den Speisesaal putzen", berichtete ich ihr. „Die Herzogsmutter sagt, dass heute die Verlobung des Herzogs bekannt gegeben wird."

Dorotheas Augen wurden groß. „Tatsächlich? Weiß der Herzog auch davon?", sie lachte kurz. „Dann mal los. Soll ich dir helfen?" „Nein, alles gut", winkte ich ab, „du bist sicherlich auch beschäftigt." „Das stimmt", bedauerte sie und ging weiter. Ich hatte Glück, denn der Speisesaal war leer.

Rasch holte ich neue Tücher und begann zu putzen. Ich entdeckte jedoch kein einziges Staubkorn. Im Gegenteil, ich hatte heute Mittag von Martha gehört, dass sie morgens den Speisesaal gereinigt hatte. Wieso wollte die Herzogin, dass wir zweimal putzten?

Während ich den Tisch, die Stühle und alles andere abwischte, war ich in Gedanken versunken, sodass ich nicht hörte, dass jemand den Raum betrat. Erst als ich Schritte hörte, stoppte ich und drehte mich um. Es war der Herzog. „Verzeihung, Eure Königliche Hoheit. Ich werde den Raum sofort verlassen", sagte ich. Er schüttelte den Kopf. „Nein, Sie können ruhig hier bleiben", antwortete er.

Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Die Mamsell hatte uns oft gesagt, dass wir den Raum verlassen sollten, wenn sich entweder der Herzog oder die Herzogsmutter dort befand. Aber er hatte ja gesagt, dass ich bleiben konnte. Also blieb ich und putzte weiter. Der Herzog war am Fenster stehen geblieben und sah nachdenklich in die Ferne.

„Ist Ihnen nicht gut?", fragte ich und bereute meine Frage augenblicklich. Die Mamsell hatte mir häufig gesagt, dass wir kein Gespräch mit dem Herzog oder seiner Mutter anfangen sollten. Nur wenn sie von sich aus ein Gespräch anfingen, durften wir mit ihnen sprechen, ansonsten nicht. Diese Regel hatte ich soeben gebrochen.

Ich war mir sicher, dass der Herzog dies ebenfalls gemerkt hatte. „Mir geht es gut", beantwortete er meine Frage, aber ich sah es ihm an, dass es nicht stimmte. Wieso interessierte mich das überhaupt? „Wurde der Speisesaal nicht heute schon gesäubert? Warum putzen Sie zum zweiten Mal?", fragte er.„Ihre Mutter hat es mir gesagt, Eure Königliche Hoheit", erwiderte ich.

„Dann sage ich Ihnen, dass Sie es lassen sollen. Ich entschuldige mich für die Wünsche meiner Mutter. Sie haben bestimmt noch andere Räume zu säubern."

Ich sah ihn verblüfft an. „Das ist sehr freundlich von Ihnen, Eure Königliche Hoheit", bedankte ich mich lächelnd und vergaß zum Glück nicht zu knicksen. „Können Sie mir einen Gefallen tun?", fragte er. „Ja, natürlich", sagte ich und hielt den Atem an.

„Könnten Sie mir helfen, etwas zu verstecken?"

„Selbstverständlich, Eure Königliche Hoheit."

„Gut, dann folgen Sie mir bitte."

Ich packte schnell meine Tücher ein und ging ihm nach bis in sein Schlafzimmer. Oh Gott, was hatte er denn nur geplant? Wenn uns jemand sehen würde... Ich wollte diesen Gedanken gar nicht zu Ende denken. „Keine Sorge, niemand wird uns sehen", beruhigte er mich, als könnte er meine Gedanken lesen.

„Was möchten Sie denn verstecken?", hakte ich nach. Das alles kam mir sehr merkwürdig vor. Der Herzog seufzte. „Einen Ring."

Ich versuchte, mein Erstaunen zu unterdrücken. „Was meinen Sie damit?", traute ich mich nachzufragen. Er holte aus einer Schublade eine purpurrote Schachtel hervor und öffnete sie. Ein silberner Ring kam zum Vorschein. „Der Verlobungsring meiner Mutter", erklärte er. Und bald vermutlich auch der Ring seiner Verlobten. Aber anscheinend wollte sich der Herzog nicht verloben.

„Und wo möchten Sie den Ring verstecken?", fragte ich. „Ich weiß es nicht, deshalb habe ich sie gefragt", gab er zu. „Haben Sie eine Idee?"
„Gibt es einen Ort im Schloss, den niemand außer Sie kennt?"

Der Herzog zögerte kurz. „Ja, schon." „Dann könnten Sie den Ring dort verstecken, Eure Königliche Hoheit", schlug ich vor. „Das ist eine gute Idee. Allerdings müssten Sie mitkommen, um nachzusehen, ob jemand uns bemerkt."

Ich nickte. „In Ordnung."
Der Herzog nahm die Schachtel und ich folgte ihm eine Treppe hinauf. Hier war ich noch nie zuvor gewesen. Ich hatte jedoch keine Zeit, um mich umzusehen, denn der Herzog eilte weiter, bis er vor einer kleinen Kommode stehen blieb und eine Schublade öffnete, um den Inhalt herauszunehmen. Zahlreiche Papierfetzen lagen nun auf dem Boden, aber dies schien ihn nicht zu interessieren.

Gerade als er die Schachtel in eine Schublade legen wollte, hörte ich Schritte und die laute Stimme seiner Mutter. „Arthur, wo bleibst du? Der Herzog von Neuenhofen kommt in einer Stunde!"
Ihre Stimme klang auf einmal gefährlich nah und sie ging die Treppe hinauf. Der Herzog hielt inne und deutete auf einen Schrank neben der Kommode.

„Da müssen wir irgendwie reinpassen", flüsterte er und wir quetschten uns in den winzigen Schrank. Keine Sekunde später hörten wir die Herzogin, die noch immer nach ihm rief. Sie blieb vor dem Schrank stehen. Ich wagte es kaum zu atmen. Hatte sie uns entdeckt?

Doch das war nicht der Fall, denn sie verließ den Dachboden wieder. Erleichtert atmete ich auf und öffnete die Schranktür. Erst jetzt bemerkte ich, wie nah wir uns gewesen waren - unabsichtlich natürlich. Schnell rückte ich von ihm ab. „Sie können gehen. Ich danke Ihnen für Ihre Mitarbeit, Ida. So war doch ihr Name, nicht wahr?"

„Ja", sagte ich. „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend, Eure Königliche Hoheit."
Mit diesen Worten ging ich nach unten in meine Kammer. Zum Glück war Martha nicht da, denn sie hätte gemerkt, dass etwas nicht stimmte. Das war wirklich komisch gewesen... Der Herzog hatte den Ring, der eigentlich für seine Verlobte gedacht war, versteckt. Um der Verlobung zu entgehen? Das alles ergab keinen Sinn.

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