Du hast übrigens Kaffee auf der Hose

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Seufzend strich ich mir über die noch immer müden Augen. Früh um acht Uhr hatte mich Fiona nach nur sechs Stunden aus dem Schlaf gerissen, da sie Hilfe mit Cillian benötigte. Als der Kleine dann schließlich versorgt war und Fiona sich Toast mit Marmelade machte, hatte ich mich erst einmal ins Bad verzogen und mich für geschlagene zwanzig Minuten unter die heiße Dusche gestellt. Danach hatte ich mich zumindest ein wenig wacher gefühlt.

Doch jetzt, nach zwei Stunden Arbeit – hauptsächlich das Pub für den Abend auf Vordermann bringen und das Lager aufräumen – war die Müdigkeit schon wieder zurück in meine Glieder gekrochen und hatte sich dort eingenistet, sodass ich sie selbst mit Hilfe eines starken Kaffees nicht wieder los wurde.

„John? Kann ich eben Pause machen, gerade ist eh nicht viel los", fragte ich meinen Chef John O'Brien, nachdem ich meinen Kopf durch die Tür zu seinem Büro gesteckt hatte. Der Blick des dunkelhaarigen Iren huschte von seinen Rechnungen, Bestellformularen und Notizen hin zu mir, wobei sich ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen bildete.

„So wie du aussiehst, solltest du eher ins Bett!", meinte er mit einem Lachen, gab mir gleichzeitig mit einer Handbewegung zu verstehen, dass ich verschwinden sollte.

„Charmant wie immer, John!", gab ich ebenfalls lachend zurück und streckte ihm die Zunge heraus, als dieser noch immer mit einem Schmunzeln auf den Lippen die Augen verdrehte. „Geh' endlich!", sagte er beinahe drohend, doch ich kannte unsere Neckereien. John war zwar bereits jenseits der 40, dennoch hatte er in den letzten fünf Jahren, in denen ich für ihn arbeitete, den Status 'Bruderersatz' erreicht. Und er war einer der wenigen Menschen, bei dem ich sein konnte, wer ich war ...

Eine halbe Stunde hatte ich nun Zeit, mich etwas zu erholen. Wenig Zeit – also wollte ich jede Minute dafür nutzen. Nachdem ich meine schwarze Handtasche aus dem Pausenraum der Angestellten geholt und Moira, einer meiner Kolleginnen, Bescheid gesagt hatte, huschte ich schnellen Schrittes zur Hintertür nach draußen.

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Meine Pause reichte gerade so für ein leckeres Hühnchen-Sandwichs während eines kurzen Spaziergangs durch St. Stephen's Green – einen wunderschönen Park im Zentrum Dublins, unweit des O'Sheas. Die frische Luft und das stärkende Essen hatten neue Lebensgeister in mir geweckt, sodass ich mit neuem Schwung den Park verließ – und prompt in jemanden hinein lief, der mir dabei in die Quere gekommen war.

„Oh verdammt, ich hab' nicht aufgepasst! Alles in Ord....", setzte ich an, mich zu entschuldigen, bis mir die Worte im Hals stecken blieben. O welch grausam Spiel das Schicksal doch spielt!, schoss es mir durch den Kopf, als ich mein Gegenüber erkannte – dieses Mal sogar auf Anhieb.

„Ich muss mich entschuldigen, ich war zu sehr mit diesem Kaffeebecher beschäftigt", erklang Tom Hiddleston dunkle Stimme. Kurz huschte mein Blick zu dem weißen Pappbecher, der etwas zerknautscht auf dem gepflasterten Weg lag, dann zu dessen Inhalt, der sich über Toms grauen Mantel ergossen hatte.

Röte kroch in meine Wange und ich fühlte, wie sich meine Zunge regelrecht in Blei verwandelte. Verdammt, verdammt, verdammt! Reichte es nicht, dass ich mich gestern schon vor ihm blamiert hatte? Musste ich ihm nun auch noch seinen Mantel mit Kaffee verunstalten?

Mühsam versuchte ich, meine Scham hinunter zu schlucken, und kramte in meiner Handtasche nach einem Tuch, um die Sauerei zu beseitigen – hauptsächlich jedoch, um Zeit zu schinden.

„Wir ... sind wohl beide nicht unschuldig ...", murmelte ich in mich hinein, als ich endlich ein Taschentuch gefunden hatte. Unsicher hielt ich es Tom entgegen, wobei ich den Kopf heben musste, um ihm in die Augen sehen zu können. Mit meinen 1,73m war ich zwar größer als die Durchschnittsfrau, doch Tom überragte mich noch um bestimmt einen Kopf.

Remember When It Rained | Tom HiddlestonWhere stories live. Discover now