29. Aufdeckung

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Rewi P.O.V

Felix sieht mich mit seinen strahlenden braungrünen Augen. Nervös kaut er auf seiner Unterlippe herum & schaut in alle möglichen Richtungen, meist zu Boden. Ich grinse ihn schief an.
"Bist du nervös?", frage ich lächelnd. Er blickt mich mit leicht geöffneten Lippen an & schüttelt schließlich sanft seinen Kopf. "Nein, warum sollte ich?"
"Ich weiß nicht, du küsst ja nicht jeden Tag deinen besten Freund.", grinse ich verlegen. Er erwidert es. Schließlich kommt er mir langsam näher, ich schließe vorsichtig meine Augen & lasse es zu. Ich spüre seinen warmen Atem auf meinen Wangen, eine Gänsehaut breitet sich auf meinem ganzen Körper aus.
"Ich habe dich so vermisst.", hauche ich noch, bevor er mich mit seinen Lippen zum schweigen bringt.

Schweißgebadet wachte ich auf. Mein Oberkörper bebte, mein Atem ging hektisch. Ohne nachzudenken riss ich meine Bettdecke zur Seite, hastete zur Tür & rannte den Gang in Richtung Palles Zimmer. Ich hatte keine Ahung, wie spät es war, doch alles war dunkel & ruhig.
Man hörte nur meinen unkontrollierten Atem. Ich klopft mehrmals kraftvoll an Palles Tür. Der Schweiß lief meinen nackten Oberkörper entlang & kitzelte auf meiner kalten Haut. Hinter der Tür hörte ich Palle, wie er seine Kopfhörer abnahm & neben sich auf den Schreibtisch legte, ich kannte dieses Geräusch als Let's Player nur allzugut. Er trottete langsam zur Tür & öffnete sie kraftlos. Verwirrt musterte er mich von Kopf bis Fuß. In seinem Zimmer schien noch ein gedämmtes Licht & die grellste Lichtquelle war sein Monitor, auf dem ich die YouTube Startseite erkannte.
"Hey, was ist denn los?", fragte er besorgt. Ich blickte ihn mit weit aufgerissenen Augen an, ich konnte meinen Atem nicht unter Kontrolle bringen.
"Ich...", stammelte ich aufgewühlt. Sein verwirrter Blick durchdrang mich. Er zog eine Augenbraue hoch & legte seine Hand an meine Schulter. "Du...?", forderte er mich auf meinen Satz zu beenden.
"Ich hab was geträumt...", stotterte ich & fuhr mir durch die schweißnassen Haare.
Palles Blick war immer noch verwirrt. Er sah mich fragend an.
"Ich..liebe Felix. Wirklich.", gestand ich & mein Herzschlag normalisierte sich wieder halbwegs.
Palle sah mich mit großen Augen an. Er hastete zu seinem Monitor, schaute auf die kleine Uhr rechts unten am Bildschirmrand & begann, irgendwelche Wortfetzen hervorzustammeln. "Muss noch weg, dauert nicht lange, ist dringend, warte hier." Verdutzt beobachtete ich ihn dabei, wie er sich eine dünne graue Jacke überwarf, seinen PC mit ein paar Mausklicks herunterfuhr & schießlich an mir vorbeistürmte. Das anschließende Knallen der Wohnungstür riss mich aus meiner Trance. Ich begann augenblicklich zu zittern. Wo war er hingegangen? Warum gerade jetzt, wo ich ihm meine Gefühle für Felix gestanden hatte?

Felix P.O.V

Es war 22 Uhr, die ewige Stille auf der Station ließ meine Gehirnzellen glühen. Ich konnte nichts tun, außer nachzudenken, über Basti, meinen Selbstmordversuch, meine momentane Beziehung zu Palle. Mit feuchten Augen blickte ich aus dem Balkonfenster, der Mond bildete einen leuchtenden Halbkreis & ließ meine an die Dunkelheit gewöhnten Augen brennen. Was würde passieren, wenn ich endlich entlassen wäre?
Ich malte mir die ganze Situation aus.
Ich schloss meine Wohnungstür auf, sofort fällt mein Blick auf den sauber glänzenden Parkettboden, auf dem kein einziger Blutspritzer mehr zu entdecken war. Das Teppichmesser war ebenfalls verschwunden, mein Aschenbecher quoll vor Zigarettenstümmeln über. Das Licht schien wie immer durch das große Küchenfester in den ganzen Raum & machte jedes noch so kleine Staubkorn, das durch die Luft schwebte, sichtbar.
Ich ging in mein Zimmer, der Weg war vertraut, ich ging ihn schließlich jeden Tag gefühlte hundert mal. Ich sah mein Bett, sofort rauschten Bilder durch meinen Kopf, ich, wie ich dort liege, verweint & zitternd, in meinem Bettlaken festkrallend. Basti. Wie oft ich doch dort nächtelang zusammengekauert vor mich hin getrauert hatte...
Das Geräusch der sich öffnenden Zimmertür weckte mich aus meinem ausgedachten Szenario.
"Palle?", fragte ich überrascht & richtete mich in meinem Bett auf. Was machte er denn um diese Uhrzeit hier?
"Felix... Weißt du noch, als ich dir vor ein paar Tagen was verheimlicht habe? Ich kann es dir jetzt sagen.", keuchte er außer Atem. Er hielt die Türklinke noch fest in seiner ausgestreckten rechten Hand, sein Blick durchdrang mich, was mich eine unangenehme Kälte spüren ließ.
"Mach doch erst mal die Tür zu?", fragte ich angespannt.
Verwirrt sah er seinen Arm an. "Oh...stimmt.", murmelte er aufgewühlt & schloss die Tür unsanft.
Sofort setzte er sich zu mir aufs Bett & suchte aufdringlich den Blickkontakt. Ehe ich etwas sagen konnte, seufzte er laut.
"Okay, also... was ich gleich sagen werde, wird dich total aus der Bahn werfen."
Es bildeten sich Schweißperlen auf meiner Stirn, nervös zupfte ich an meinem Krankenhaushemd herum. Ich hob fragend eine Augenbraue, ich konnte im Moment nichts sagen, meine Kehle war wie zugeschnürt. Er seufzte erneut, was mich vor Anspannung fast implodieren ließ.
"Also.. Basti...", er stockte. Mein Puls raste, es hatte etwas mit Basti zu tun! Oh gott, hatte er eine neue Freundin? Würde er wegziehen? War er schwerkrank?
Ich drehte fast durch vor Ungewissheit, ich wollte Palle schon an den Schultern packen & gewaltsam schütteln, bis er es endlich aussprach. Alles in mir schrie: SAG ES! SAG ES!
Paluten blickte nur zu Boden, warum sprach er nicht weiter? Mein Herz fühlte sich so an, als würde es jede Sekunde ein Stück größer werden, meine Brust schmerzte, ich bekam fast keine Luft. Mein Brustkorb schnürte sich immer mehr zu. SAG ES! SAG ES!
Und dann sprach Palle es aus. Er sagte es endlich. "Er hat sich in dich verliebt."
Das beklemmende Gefühl in meiner Brust verschwand nicht, Ich zerlegte den Satz den Palle gerade gesagt hatte in jeden seiner Einzelteile, analysierte jeden Wortfetzen. Meinte er das, was ich meinte? Hatte sich Basti... in mich verliebt?
Meine Kehle schnürte sich noch mehr zu, ich konnte es nicht fassen. War das ein schlechter Witz?
Palle bemerkte anscheinend meine Zweifel, denn er schenkte mir ein aufrichtiges Lächeln & bestätigte seine Aussage mit einem glaubwürdigen:"Ich mein's ernst."
Freudentränen versperrten mir die Sicht, ich wischte sie hektisch mit der weißen Bettwäsche weg.
"E..Ehrlich?", stotterte ich benommen. Er lachte & nickte begeistert.
"Er hatt's mir vor einer halben Stunde gestanden, naja, eigentlich schon etwas früher, aber ich wollte, dass er sich zuerst ganz sicher ist, bevor ich es dir mitteile, nicht, dass du am Ende enttäuscht wirst, du hast schon genug durchgemacht."
Ich konnte nicht mehr tun, als Palle vor freude schluchzend in die Arme zu fallen. Jetzt verstand ich die Heimlichtuerei. Es war zu meinem besten gewesen.

Rewilz FF - Sometimes, I miss you.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt