19; Bombenstimmung

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Kira

Kurz vor fünf trudelte dann auch meine Mum endlich ein. Elena saß vorne neben Mum auf den Beifahrersitz, da sie angeblich den genauen Weg zu der Konzerthalle kannte und es mir egal war, ob ich vorne oder hinten saß.

"Wie war die Schule heute, Sweetheart?" Fragte Mum und warf mir einen Blick durch den Rückspiegel zu. Argh. Ich spürte Dylans Blick auf mir, während ich aufgrund des Spitznamens rot wurde. 

"So wie immer und wie war die Arbeit?" Mum seufzte.

"Diese Jungs haben mich die ganze Zeit mit Fragen zum Konzert bombardiert, da ihr Manager ihnen anscheinend nicht erklärt hatte wie das ganze ablaufen würde." Auf diese Aussage folgte ein komisches Quietsch-Geräusch von Elena.

"Bist du nicht ihre Managerin?"

"Ich manage nur das Konzert, Sweetheart." Arrrgghhhh.

"Oh mein Gott." Kam es nur von Elena, die sich nun grinsend aus dem offenem Fenster lehnte, um einen besseren Blick auf die Stadt vor uns zu haben, die immer näher rückte. Ich war schon viel zu lange nicht mehr in der Londoner Innenstadt gewesen.

"Einer von denen hat mir immer zugezwinkert und mir Komplimente gemacht, das war ganz schön schräg. Der ist doch bestimmt erst Anfang zwanzig." Fuhr Mum fort.

"Harry." Sagte Elena sofort.

"Echt, Harry?" Fragte Dylan. 

"Wenn es jemand weiß, dann Elena." Sagte Mum schulterzuckend.

"Hatte er braune Locken, Grübchen und grüne Augen?" Warf ich ein und Dylan verdrehte die Augen.

"Ich dachte, der ist schwul?" Flüsterte er mir zu, woraufhin ich ihm einen leichten Schlag gegen die Schulter verpasste. Ohh, Muskeln? Ja, so nennt man das.

"Ja genau." Sagte Mum nickend als Antwort auf meine Frage. Nicht auf Dylans, da sie diese eh nicht gehört hatte. Da meiner Meinung nach die Sexualität von Leuten sowieso Privatsache ist, war das wahrscheinlich auch besser so. Wir blieben an einer roten Ampel stehen, während Mum fortfuhr. 

"Dann waren da so zwei, die voll aufgedreht waren. Ich weiß ja nicht, was die Stars heutzutage immer für Drogen verpasst bekommen."

"Niall und Louis." Elena hatte das Fenster wieder geschlossen und ein siegreiches Gesicht aufgesetzt, während sie sich zu mir und Dylan umdrehte.

"Lass mich raten, Mum. Dann wäre da noch einer mit schwarzen Haaren, der die ganze Zeit nichts gesagt hat, stimmt?"

"Ja."

"Und der fünfte war der einzige, der dir wirklich zugehört hat."

"Stimmt." Elena gab eine Art Grunzen von sich, worüber Dylan und ich den Lachkrampf unseres Lebens bekamen.

"Und du behauptest, kein Directioner zu sein." Das blonde Mädchen verschränkte die Arme vor der Brust, ich lachte nur noch mehr, und sie drehte sich gespielt beleidigt wieder nach vorne.

Es war fast Sechs Uhr. Nach unserer Ankunft hatte Mum jedem von uns eine Portion Fish & Chips gekauft hatte, da sie der Meinung war, dass Jugendliche immer und vor allem bei einem Konzert, einen vollen Magen haben müssten. Wegen Kreislauf und so. Obwohl es bestimmt ganz schön lustig aussehen würde, wenn Dylan wegen One Direction eine Fangirl (Verzeihung, Fanboy) Attacke bekommen würde.

Als wir alle unsere Portionen aufgegessen hatten, brachte Mum uns in den Backstagebereich. Vorbei an den Umkleiden der Band, was Elena zum Schreien gebracht hätte, hätte Dylan sie nicht weitergezerrt und ihr eine Hand vor den Mund gehalten. Ich betone noch einmal, froh zu sein, dass ich ihr das Taylor Swift Autogramm noch nicht gegeben hatte. Elena würde sonst noch wirklich umfallen. Als wir unter Mums Führung endlich in einem Raum für die VIP-Tickets angekommen waren und jeder sich inklusive Getränk auf einem gemütlichen Sessel gepflanzt hatte, erklärte Mum uns den Ablauf des Abends.

Von diesem Raum aus hatte man einen perfekten Blick auf die Bühne und außerdem konnte man sich noch während des Konzertes Getränke und Snacks holen. Also würde es doch nicht so langweilig für Dylan sein. Nach dem Konzert würden die Besucher mit VIP-Tickets in einen Raum hinter der Bühne geführt werden, wo jeder Fan ungefähr fünf Minuten hatte, um ein Foto mit den Bandenmitgliedern und ein Autogramm von ihnen zu ergattern. Theoretisch würde Elena spätestens dann umkippen, was natürlich auch nur theoretisch bleiben sollte. Ich erwähne noch einmal das Taylor Swift Autogramm, welches zum Glück noch nicht den Weg in Elenas Besitz gefunden hatte.

Das Konzert begann mit einem rockigen Song, welcher sich als Midnight Memories herausstellte und prompt war die Halle erfüllt von lauten Schreien, während die fünf, wohl momentan begehrtesten Jungs der Welt, auf der Bühne umhersprangen und den Text zusammen mit den Fans, welche die Texte alle auswendig konnten, in ihre Mikrofone brüllten. Ich blicke mich nach Mum um, doch sie war wahrscheinlich verschwunden, weil irgendein Fan jetzt schon der Bewusstlosigkeit unterlegen war. Elena war die einzige in diesem Raum, die den Text laut und schief mitsang, doch es schien sie nicht im geringsten zu interessieren, dass Dylan und ich unsere Trommelfelder behalten wollten.

Nach ein paar weiteren Songs nahm Dylan mich plötzlich bei der Hand und führte mich unbemerkt hinaus aus dem Raum, um mich Richtung Konzerthalle zu führen.

"Was wird das?" Er legte sich einen Finger an den Mund, deutete mir an ruhig zu sein. Der Halbire zog an dem schweren Griff der Eisentür, die in den Innnenraum der Halle hineinführte und ich folgte ihm durch die Menschenmasse, bis wir ungefähr in der Mitte standen und ich dank meiner Größe gerade noch so einen herumspringenden Harry Styles auf der Bühne entdecken konnte. Der große Junge neben mir konnte natürlich alles perfekt überblicken und warf mir ein schelmisches Grinsen zu.

"Soll ich dich hochheben?" Ich hatte gar keine Zeit mehr, den Kopf zu schütteln, da hatte er mich an der Taille gepackt und hochgehobenen, sodass ich nun einen grandiosen Ausblick auf die Bühne hatte. Ich drehte meinen Kopf leicht, damit ich Dylan ansehen konnte. Selbst aus dieser Position sah ich sein allzu bekanntes Grinsen.

"Und, siehst du jetzt besser?" Rief er mir über den Lärm von Best Song Ever zu. Ich nickte und schrie ein kurzes ja zurück, als er mich wieder herunterließ und vorsichtig, als wäre ich zerbrechlich, auf den Boden sinken ließ. Ich bedeute ihm mit einer Handbewegung, dass er sich zu mir herunterbeugen sollte, damit ich ihm etwas ins Ohr sagen konnte.

"Danke."

"Dein vertrauensvoller Halbire tut doch alles für dich, Gus." Ich lachte laut auf, was jedoch im Gekreische der Fans unterging.

Dylan drückte mir auf einmal einen Kuss auf die Wange und legte seinen Arm um meine Schultern, als wolle er mich beschützen. Die Stelle, an der vorher seine Lippen lagen, war ganz warm geworden und ich lächelte wie eine Idiotin in mich hinein. Und dann tat ich etwas, das entweder an der Bombenstimmung hier drinnen oder an den paar schlucken Bier, die ich eben aus einer Flasche genommen hatte, lag. Ich lehnte mich an den großen Jungen und schloss für einen Moment lang meine Augen, blendete alles um mich herum aus, spürte nur seinen Arm auf meiner Schulter und seinen Körper neben meinem. Hörte keine Schreie, keine Musik. Spürte nur das leichte heben und senken seiner Brust, wenn der braunhaarige Halbire Atem holte. Nahm nichts anderes mehr wahr. Für einen kurzen Moment, bis ich etwas bemerkte.

Mir wurde bewusst, dass ich Dylan wohlmöglich mehr mochte, als ich es mir selber je zugetraut hätte.

Alive - Dylan O'Brien AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt