Rückschläge - Vorhaben - Hinterhältige Pläne

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Ana im Flieger von London nach Seattle

Einen Tag später ist es endlich soweit. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend sitze ich im Flieger und beobachte das an mir vorbeiziehende London. Jetzt gibt es kein Zurück mehr, denke ich und atme einmal tief durch.

Noch bis vor einer Stunde habe ich mit mir gehadert, ob ich meinen kleinen Sohn zurücklassen kann. Diese Entscheidung haben mir dann zum Glück Jane und José abgenommen, indem sie, während meiner Abwesenheit, ein Unterhaltungsprogramm für Christian auf die Beide gestellt haben, bei dem die Augen meinen Kindes geleuchtet haben. Angefangen bei einem Besuch im Zoo mit Fütterung der Elefanten, bis hin zum Aufbau einer alten Eisenbahn, die Jane noch von ihrem Opa auf dem Boden aufgehoben hat. Selbst Josés Augen haben bei der Erwähnung der Modelleisenbahn geleuchtet.

Jetzt da ich weiß, dass es meinem Kleinen an nichts fehlen wird, kann ich mich ganz auf das Kommende konzentrieren. Allerdings werde ich mich dieses Mal nicht auf das Treffen vorbereiten. Meine Erfahrungen aus dem letzten Treffen haben gezeigt, dass sobald dieser Mann vor mir steht, jeder Gedanke wie weggefegt ist. Jedes Zurechtlegen vorn Argumenten ist also zwecklos. Ich werde einfach abwarten was passiert und dann spontan entscheiden.

Mit diesem Gedanken mache ich es mir auf meinem Sitz gemütlich und ziehe die Schlafmaske aus meiner Tasche. Durch die Aufregung der letzten Tage bin ich nicht zur Ruhe gekommen und hoffe während des Fluges einige Stunden Schlaf zu finden.

Natürlich gibt es da noch weitere Dinge, über die ich mir dringend Gedanken machen muss. Da ist zum einen Elena, die etwas im Schilde führt, von dem ich überzeugt bin, dass es für mich nichts Gutes heißt. Und dann sind da noch meine Mutter, Ray und Christians Eltern, die immer noch nicht wissen, dass sie Großeltern sind. Mir graut schon vor dem Moment, wenn ich es ihnen beichten werde, denn ich weiß nicht, wie sie darauf reagieren. Die Enttäuschung auf ihren Gesichtern kann ich mir jetzt schon vorstellen. Ich weiß, es wird sie verletzen, bin aber voller Hoffnung, dass sie ihr Enkelkind lieben werden. Bei der Vorstellung meinen Sohn in den armen meiner Mutter zu sehen, muss ich lächeln und schlafe mit diesen Bildern vor Augen endlich ein.

Nach 11 Stunden Flug, einem ausgedehnten Nickerchen und mehreren mittelmäßigen Filmen, setzt das Flugzeug endlich zur Landung an. Es ist mittlerweile später Nachmittag in Seattle. Die Sonne steht tief am Himmel und taucht die Stadt in ein warmes Licht. Der Anblick dieser Stadt, die ich vor langer Zeit zuhause nannte, lässt mein Herz schneller schlagen. Nicht ein einziges Mal habe ich es mir in den vergangen drei Jahren gestattet, daran zu denken, hier her zurückzukommen. Ich kann es kaum glauben, endlich wieder hier zu sein. Ich bin zuhause, zuhause! Vor mich hin grinsend, drücke ich mir die Nase, bis wir gelandet sind, am Fenster platt und sauge alles in mich auf. Ich kann mich überhaupt nicht satt sehen, an der mir so vertrauten Stadt.

Wie versprochen wartet Kate auf mich. Minutenlang liegen wir uns in den Armen und schluchzen. Jeder Argwohn, den ich ihr gegenüber empfunden habe, ist vergessen. Kate ist immer noch Kate. Ein riesen Stein fällt mir vom Herzen, als ich in ihre Augen blicke. Mit einem flehenden Blick und mit so viel Liebe für mich, strahlt sie mich an. Unmerklich schüttle ich, über meine Dummheit, den Kopf. Wie konnte ich nur eine Minute glauben, dass sie mit Elena gemeinsame Sache macht?

Als wir beide uns beruhigt haben, schiebe ich Kate vorsichtig von mir. Mein Blick gleitet an ihr nach unten und bleibt an der Wölbung, die sich unter ihrem Shirt abzeichnet hängen. Überrascht wandern meine Augenbrauen nach oben und meine Augen suchen ihre. Kate nickt aufmunternd.

„Na mach schon Ana. Ich bin nicht aus Zucker und dein Patenkind will dich auch endlich kennen lernen."

„Ich will dir nicht wehtun.", wende ich ein, lege dann aber meine Hand behutsame auf die kleine Kugel und grinse. Jetzt wo ich es mit eigenen Augen sehe und mit meinen Händen fühle, kann ich es erst glauben. Kate bekommt ein Kind. Nie im Leben habe ich damit gerechnet, dass Kate irgendwann einmal Kinder haben will. Sie hat immer von einer Karriere geträumt, in der kein Platz für Familie und Kinder ist. Das Kate so einen Sinneswandel vollzogen hat, liegt eindeutig an Eliot.

Shades of grey - Bittersüße EinsamkeitWhere stories live. Discover now