Sechs

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Als ich mit meiner Schwester nach der Schule in unserem Zimmer befand und ich ihr bei den Matheaufgaben half, klopfte es an der Türe. Zuerst dachte ich es sei unsere Mutter, doch sie würde ohne zu Klopfen hereinkommen. So ging ich ohne gross zu überlegen zur Türe. Vielleicht konnte es auch mein Freund Elias oder Courtney sein.

Zwei Männer in grauen Uniformen standen vor mir. Verunsichert machte ich einen Schritt zurück. Ich wusste, dass wenn die Wächter hier waren, nichts Gutes bedeuten würde. Hinter mir spürte ich Linnéa, wie sie sich versuchte in meinem Kleid zu verstecken und ganz vorsichtig zu den Männern vor mir lugte.

„Wir müssen euch etwas mitteilen", begann der dunkelhäutige Wächter.

Ich schluckte den Kloss in meinem Hals herunter und war auf die Nachricht der Männer gefasst.

„Eure Mutter, Vitalia Bluefall, befindet sich im Moment unter Gewahrsam, da sie ein Gesetz gegen das System gebrochen hat. Es ist unklar, wie lange sie sich darin befindet, aber ihr seid, so lange sie weg ist, Waisen. Ihr dürft Vitalia in 24 Stunden besuchen." Unbeeindruckt, nicht einmal ein klein bisschen mitfühlend schaute er auf mich herab.

Meine Beine zitterten und mein Gedächtnis war von der Nachricht betäubt. Genau dieser Moment hatte mein Leben verändert. Meine Mam war in der Gefangenschaft. Bevor ich auch nur die Wächter etwas fragen konnte, gingen sie ohne ein Wort zu sagen wieder davon.

Linnéa umklammerte fester an meinem Kleid und drohte sie zu zerreissen. Ich konnte nicht richtig fassen, was die Männer mit mitteilten. Ich wollte es nicht glauben. Es war für mich zu unreal. Ich konnte nicht einmal die Trauer oder die Angst spüren. Ich brauchte Beweise, um wirklich daran glauben zu können.

Meine kleine Rotschopf weinte hingegen den ganzen Abend lang. Sie hatte unheimlich Angst, dass Mam nicht mehr zurückkam. Ich versuchte sie zu beruhigen und aufzumuntern, dass Mam wieder kam. Sie konnte doch nicht etwas Schreckliches begangen haben. Sie war eine gutmütige, fröhliche Person, die jeder liebte und dass sie unter Gewahrsam genommen wurde, schien für mich zu surreal. Das war auch der Grund, weswegen ich mir keine Sorgen über sie machte, da ich mir innerlich sicher war, dass es um einen Missverständnis handelte und sie bald wieder zurückkam.


Als mehr als 24 Stunden um waren, wurde ich doch noch unsicher. Meine Mam war immer noch nicht zurück und Linnéa kauerte zitternd in der Ecke. Sie sah schon ganz bleich vor Angst aus und machte sich unheimlich Sorgen um unsere Mam. Schliesslich beschloss ich, dass wir zur Wächter-Zentrale gehen und unsere Mutter besuchten.

Zu meinem Schrecken wurde mir mitgeteilt, dass Mam zu den hochgefährlichen Verbrechern gehörte. Das machte mir unheimlich Angst und den Eindruck, dass meine Mam wieder zurückkam, verschwand sofort.

Meine Schwester und ich wurden von einem unbekannten Wächter in einem Raum geführt, der von einer Glasscheibe getrennt war. Auf der anderen Seite konnten wir unsere Mutter sehen. Sie trug kohlschwarze Kleidung und als sie uns sah hellte ihre Mine auf. Sofort eilte sie zu uns. Bestimmt wollte sie uns in ihren Armen nehmen und zu ihr drücken, doch die unsichtbare Wand zwischen uns hinderte daran. Wie gerne ich sie auch in meinen Armen nahm. Wie gern ich in ihre Nähe wäre ohne eine Scheibe zwischen uns. Wie gerne ich ihre Geborgenheit hätte.

Fünf Minuten. Genau fünf Minuten hatten wir Zeit miteinander zu reden und anschauen. Unsere Mam versuchte uns aufzumuntern, dass sie wieder zurückkäme und wir bald wieder zusammen sein würden. Sie erklärte, dass wir uns keine Sorgen machen müssten und nur auf sie abwarten sollten. Linnéa glaubte ihr. Das konnte ich merken, als ihr Handgriff um meine Hand lockerer wurde. Ich hingegen wusste innerlich ganz genau, dass sie log. Ich wusste ganz klar, was mit den Hochverbrechern geschah. Das war der Grund, weswegen ich kein Wort herausbrach. Meine Kehle fühlte sich an, als befände sich Sand darin. Tränen kullerten meine Wangen herunter.

REVELATION | Wenn die Wahrheit ans Licht kommt...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt