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John kommt mit einer Tasse Kaffee für ihn und einer Tasse Tee für mich zurück. Ein Lächeln umspielt seine Lippen, als er feststellen muss, dass ich nach wie vor in die Luft starre und jedes Molekül auseinandernehme.

"Alles okay?", fragt er und setzt sich wieder gegenüber von mir hin. Er schiebt mir die Tasse mit dem dampfenden Tee rüber und wendet sich dann seinem Getränk zu.

Ich antworte nicht. Nicht weil ich nicht will oder weil ich unhöflich bin, sondern weil es weder ein Ja noch ein Nein wäre.

Seine Augen. Seine verdammt grünen Augen sind ganz alleine daran Schuld, dass ich dieser Gruppe voller gestörter Jugendlichen keine zweite Chance gebe. Sie sind Schuld, dass jedes Mal wenn ich sie anschaue, ein Gefühl von Scham auftaucht, dass mich daran hindert, Dinge zu vergessen, die ich lieber vergessen will. Er erinnert mich mit seinen grünen Augen an die Natur, an das Leben.

Seine Augen sind Schuld an meinem Schweigen...

"Danke.", murmle ich und schlürfe ein bisschen am heissen Tee.

"Habe ich gerne gemacht.", erwidert er.

Ich schaue ihm nicht mehr in die Augen, zumindest wenn es nicht unbedingt sein muss. Aber ich werde es so oder so tun, da sie wie ein Magnet auf mich wirken.

"Ich verstehe es, wenn du nicht darüber reden willst. Aber falls es dich interessiert, warum ich nicht hingegangen bin...Ich habe geahnt dass du nicht kommst und ich wollte dich ein wenig besser kennenlernen. Bitte sieh mich an und rede mit mir Julie.", durchbricht er unser Schweigen und jagt mir mit dieser kurzen Rede einen Schauer über den Rücken.

"Du bist also nur wegen mir hier?", bringe ich leise hervor.

Ich sehe langsam hoch und blicke erneut in diese grünen Smaragdaugen, die mir jedes Mal den Atem rauben.

"Julie, wer bist du?", fragt John, als er sich vergewissert hat, dass er nun meine Aufmerksamkeit hat.

"Die Geschichte kennst du. Ich bin Julie Olsen, 17 Jahre und vergesse. Ich kann mich an praktisch nichts erinnern und leben ein Leben ohne richtige Vergangenheit.", rattere ich leicht genervt herunter.

Er schmunzelt und nimmt dann einen Schluck seines Kaffees. Seine Augen ruhen die ganze Zeit auf mir und lassen mich irgendwie unruhig werden.

"Ja, aber warum vergisst du?", fragt John und lächelt mich an.

Warum vergesse ich? Diese Frage stelle ich mir ziemlich oft und kann sie nie richtig beantworten. Immer fallen mir neue Gründe ein, warum ich vergesse. Doch keiner ist der Richtige.

Ich zucke mit den Schultern und schaue aus dem Fenster. Zum Glück ist dieses Café eines der wenigen, dass bis spät am Abend geöffnet hat, denn draussen wird es langsam dämmerig.

"Was willst du von mir John?", frage ich direkt und ohne einen langen Gedanken darüber zu hegen.

"Julie, schau mir in die Augen und sag mir dass du nicht auch dasselbe empfindest."

Ich starre direkt in seine Augen, die mich sofort fangen und mich nicht mehr loslassen wollen. Die Luft um uns herum scheint elektrisch aufgeladen zu sein und unsere Blicke verschlingen sich gegenseitig, als wären sie das Einzige auf der Welt das noch existiert.

"Spürst du das auch? Diese Bindung?", raunt er und wendet seinen Blick dabei nicht von mir ab.

Mein Herz zerspringt fast, so stark schlägt es und meine Gedanken fahren Achterbahn. Ich bin hin und her gerissen. Das letzte Mal als ich so etwas schönes gefühlt habe, war als...war...

Wann war das?

"Nein.", sage ich und versuche stärker zu klingen, als dass ich mich fühle.

In John's Gesicht liegt nun ein fassungsloser, trauriger und enttäuschter Blick. Zu viele zerplatzte Hoffnung ist darin zu erkennen und ich bin daran Schuld.

Kurzerhand stehe ich auf, murmle ein Dankschön für den Tee und verlasse hastig das Café.

Man würde denken, ich könnte nun normal weiterleben und ihn vergessen. Doch die Tatsache, dass ich ihn angelogen habe, macht mir mehr zu schaffen als dass es sollte.
•••
Noch ein Update. Hoffe ihr findet gefallen an diesem Kapitel^.^ Danke für die vielen Votes.

Was denkt ihr über John?

Grüsse von eurer schasii:*

RememberWhere stories live. Discover now