Reitstunden

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Ich versuche nicht mit den Zähnen zu knirschen, während ich mich darum bemühe auf dieses 'scheiß' Pferd zu kommen, aber es klappt nicht. Meine Wut ist so unendlich groß, dass es ein Wunder ist, dass meine Zähne nicht abbrechen. So fest wie ich mit ihnen knirsche. Tatsächlich knirsche ich so laut, das es sehr gut zu hören ist und das Pferd, als ich gerade mein Bein über dessen Rücken schwingen will, sich etwa drei Schritte von mir entfernt, ich in dem Schwung nicht inne halten kann und mit dem Po mitten in den Pferdeäpfeln lande, die mir dieses angeblich 'treue Pferdchen' mir wenige Sekunden zuvor - so liebenswürdig wie es ist, als Fallschutz hinterlassen hat.
Ich höre erst einen erstickten kleinen Laut, von dem ich kurz überlege ob er mir entwichen war, aber nein. Mein 'Reitstundenlehrer' der sich bisher zu nichts bequemen konnte, außer auf der Mauer zu sitzen und zu schmunzeln, war nun auch noch in schallendes Gelächter ausgebrochen und versucht nichtmal dieses einzustellen, da er es offenbar so witzig findet, dass er sich selbst und seinem Lachen einfach keinen Einhalt gebieten kann. Ich versuche mich so elegant wie möglich zu erheben, rutsche dabei noch einmal aus, fluche und stehe erneut auf, dieses mal um einiges energischer, da mein lieber Reitlehrer nun in noch lauteres Gelächter ausgebrochen war, von dem ich eigentlich kurz zuvor noch glaubte, dass es unmöglich sei.
Also stemme ich die Hände in die Hüften, starkse schnellen Schrittes zu ihm herüber und baue mich vor ihm auf. Er blickt kurz zu mir hoch, zuckt kurz die Schulter, lacht dann allerdings ungebremst weiter, bis ich einen alten Apfel neben ihm aufhebe, den er als Belohnung für das Pferd -wie hieß es noch gleich? Worm, Dorm, Schorm?- mitgebracht hatte und stopfte ihm den Apfel in den offenen Mund. Kurz ein letzter erstickter Laut, dann war kein Lachen mehr zu hören. "Hah! Geschafft du blöder Lackaffe" hätte ich gerne gesagt, aber irgendwie dachte ich es sei zwar äußerst passend, aber sehr unpassend. Ihr wisst schon, Frankreich und angeblich gesittete Sprache...
Jedenfalls drehte ich mich beschwingt um, ging zufrieden zu dem Pferd hinüber, schnappte mir die Kiste auf die ich steigen sollte und schwang mein Bein schneller als das Pferd 'shit' schnauben kann, über jenes Pferd. Wow! Ich saß im Sattel! Leider hatte ich kaum Zeit diesen kurzen Satz zu brüllen, obwohl ich es natürlich trotzdem tat, bevor das 'gaaaaaaaaanz ruhige Pferdchen' sich aufbäumte und los galoppierte. Ich hörte hinter mir ein kurzes Husten, dann ein: "Es wäre zwar die perfekte Rache, aber wenn du hierbei drauf gehst kriege ich den Ärger. Also zieh so fest du kannst an Storms Mähne" -Ach genau, Storm hieß er... ein englishes Pferd also... "Und zieh links, damit er zu mir läuft. Ich halte ihn auf! Aber mach!!!!!"
Inzwischen war die Stimme schon ziemlich leise geworden und ich ein wenig hysterisch. Ich zog an der Mähne des Tiers, aber nicht auf der linken Seite, da ich nur halb auf dem Rücken des Pferdes saß. Um genau zu sein, saß ich ungefähr in Höhe seiner Rippen auf
f der rechten Seite, und konnte genauestens mit vervolgen, wie schnell sich die Hufe und Beine des Tiers bewegten. Ich sag' nur 'abnormal schnell'. Ohne zu wissen was ich da tue, zog ich mich aus eigener Kraft etwas höher, um auf Storms Rücken zu gelangen, hielt mich mit einer Hand fest, mit der anderen streichle ich ihn und begann auf ihn einzureden. Das Tier verlangsamte seine Schritte je ruhiger ich sprach und stoppte schließlich ganz. Er wirft den Kopf in den Nacken, schnaubt und tänzelt von einem Bein auf 's andere, bis ich mit sanfter Stimme "hooooh", schmeichle, wie es auch die Leute im Fernseher immer machten um ihre Tiere zum stehen zu bewegen. Es hatte den gewünschten Effekt... Ich lockerte meinen Griff in der Mähne des Tiers und befehle ihm zu laufen. Langsam setzt er sich in Bewegung und verfällt schließlich in einen angenehmen Trab, bis ich Storm genau vor der Nase Joels halt machen lasse. Hah! Der Ausdruck auf dessen Gesichts ist einfach zu phantastisch. Überraschung und entsetzen spiegeln sich in seinem Blick und angespannt mustert er sein Pferd. Jetzt schnaubt er regelrecht wie jenes Tier und sieht mich aus zusammengekniffenen Augen an. Ich lächle zurück, löse erst einen Fuß aus den Gurten, dann den Anderen und lasse mich von Storms Rücken hinab gleiten. Das Pferd steht noch immer ruhig da und atmet gelassen ein und aus. Im Gegensatz zu seinem Besitzer. Ich lache und klopfe Joel, der noch immer stocksteif da steht, auf die Schulter. "Tolles Tier habt ihr da" grinse ich. "Hmmmmm, sieht so aus..." seine Erwiderung machte mich irgendwie stutzig, irgendwas war hier faul, aber mächtig faul...
Sein Tonfall war zu überrascht, als dass er schon länger von dieser Aussage überzeugt wäre... Aber ich meine, ich bin im Jahre achtzehn-hundert-irgendwas und komme aus dem 22 Jahrhundert, was ist daran schon nicht unnormal?!

Der Gegenwartsdieb - Jagd auf die vergangenheitWhere stories live. Discover now