Kapitel 31

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Ich folge Cara vor Marcus Haustür. Die Luft draußen riecht nach Holz, Schmutz und gekochtem Essen. Die Sonne sickert in blutroten Streifen den Himmel hinab. Für einen kurzen Moment schließe ich die Augen und lasse mich fallen, in dieses komische Gefühl, nicht zu wissen, ob das ganze nicht doch ein verrückter Traum gewesen ist. 

Als ich sie wieder öffne und schon fast erwarte es sei tatsächlich der Fall, blicke ich einem Mann und einer Frau entgegen, die sich beide im militärischen Grün vor uns aufgebaut haben. Beide strahlen eine stählerne Härte aus. Dass sie Geschwister, wenn nicht sogar Zwillinge sind, steht außer Frage. Zu sehr ähneln sich ihre grob, athletischen Körper und steifen Gesichter mit dem zurückgekämmten schwarzen Haar.

„Cara." sagt die Frau, mit kühler Stimme. „Was machst du hier?"

Cara sieht mit einem mal befangen aus. „Wir haben gegessen" sagt sie.

„Mit der... " der Mann wirft mir einen langen Blick zu."...dem Gast?" seine Worte beunruhigen mich, als hätte er eigentlich etwas anderes sagen wollen.

„Ja."Cara reckt ihr Kinn. „Gibt es ein Problem?"

„Überhaupt nicht." die Frau legt ihren Kopf schief und schaut mich aus ihren schiefergrauen Augen an. „Es würde mich nur interessieren, was deine Mutter dazu sagen wird, wenn sie erfährt, dass du das Mädchen nicht unverzüglich zu ihr gebracht hast."

„Ich kann das erklären, ich..."

„Sch..."unterbricht der Mann sie und legt sich einen schwarz behandschuhten Finger an die Lippen. „Es interessiert uns nicht warum ihr zu spät seid, nur dass ihr zu spät seid. Und jetzt keine Wiederworte. Ihr kommt jetzt mit.Eddarain wartet schon." mit diesen Worten dreht er sich um und stellt sich hinter uns, nachdem sich die Frau, wie bei einer Eskorte, vor uns positioniert hat.

„Wer sind diese Leute?" zische ich Cara ins Ohr, während wir uns beeilen mit der Frau Schritt zu halten.

„Sie sind Teil der Garde."flüstertsie zurück. „Sorgen hier für Sicherheit uns so. Das ist jedenfalls ihre offizielle Aufgabe. Innoffiziell sind sie Angestellte meiner Mutter. Halten sich für was Besseres. Keine Ahnung weshalb Emmett da mitmachen will. Meiner Meinung nach sind die nicht ganz koscher."

Sie steckt ihre Hände in die braune Stoffhose und hält ihren Kopf wieder gerade aus. Schweigend betrachte ich sie von der Seite. Genauso wie ihren Bruder, kenne ich auch sie eigentlich nicht.

Auch wenn ich schon längst den Überblick von all den Straßen, Dächern und Plätzen verloren habe, weiß ich dennoch, dass wir dieses mal einen anderen Weg gehen, als der von dem kleinen Haus, in dem ich aufgewacht bin, zu Markus. Jetzt erkenne ich auch, dass sich die Häuser wie bei einem Berg, Richtung Spitze auftürmen, immer weniger und imposanter werden. Trotz des vielen Schlafes und des Essens,spüre ich noch immer diese gnadenlose Erschöpfung, als wir vor einer eisenbeschlagenen Tür haltmachen, die dem größten Gebäude, an dem wir bis jetzt vorbeigelaufen sind, gehört.

Der Mann, der hinter uns gelaufen ist, als wollte er uns bewachen, stellt sich wieder neben die Frau und legt seine Hand auf ein kleines Feld in der Nähe der Klinke. Kaum dass er das getan hat, öffnet sie sich, wie ein vorbei rückender Spielstein. Erschrocken ziehe ich die Luft ein.

„Was passiert jetzt?" frage ich mit lautem Herzklopfen. Dabei sollte ich doch jetzt überhaupt keine Angst haben, oder? Schließlich war es doch das was ich wollte: Antworten. Und wenn sie mir Eddarain geben kann, dann habe ich doch alles erreicht was ich wollte. Doch wieso nur, macht sich dieses widersprüchliche Gefühl von Angst in mir breit, als habe ich eine Schüssel Würmer gegessen, die sich nun tückisch in meinem Magen winden.

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