Die letzte Wahl

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Erneut gehe ich fieberhaft alle sich mir bietenden Möglichkeiten durch, komme jedoch immer wieder zum selben Ergebnis: Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, wie der Großteil von uns das hier überleben kann. Diese Möglichkeit gefällt weder mir noch wird sie Felicity gefallen, aber ich habe hier schon viel zu viel verbockt. Ich hätte von Anfang ehrlich zu Tim sein müssen, hätte ihm von Anfang an von meinen Sorgen, die kleine Flynt betreffend erzählen müssen. Ich schließe noch einmal kurz die Augen, denke noch einmal nach, ob es nicht auch einen andern Weg gibt, dann gehe ich zu Jan hinüber. Ethan und Lucas sind praktischerweise ganz in der Nähe, so dass ich die drei Jungs zu mir rufen kann, ohne viel Aufsehen zu erregen. Als sie alle in einem Umkreis um mich herum sind, in dem ich in normaler Lautstärke mit ihnen reden kann erkläre ich ihnen:

„Okay Jungs, hört zu. Es wird ernst und es ist mehr als wahrscheinlich, dass wir in näherer Zukunft, will sagen vielleicht zwanzig Minuten, ernsthafte Probleme bekommen. Wenn wir das alle überleben wollen müssen wir jetzt gemeinsam an einem Strang ziehen. Klappt das?"

Allgemeines Nicken aus drei Richtungen.

„Gut. Dann packt ihr jetzt bitte eure Rucksäcke so um, dass ihr euer Zeugs auf zwei verteilt. Einer von euch muss den Rücken frei bekommen. Ich erkläre euch gleich warum."

Damit wende ich mich Mike zu und überreiche ihm einmal mehr Karte und Kompass und zeige ihm, wo wir im Moment sind.

„Du weißt was du zu tun hast. Denk dran. Das Funktelefon von liegt in Tims Handschuhfach. Sieh zu, dass ihr so schnell wie irgendwie möglich da rankommt und mach denen von der Polizei ordentlich Druck. Es geht möglicherweise um Sekunden. Ist das Gewehr geladen?"

Ein zögerliches Nicken.

„Gut. Im Zweifel schießt du bitte lieber einmal mehr auf mich, als einen von unseren Verfolgern nicht zu erschießen."

„Aber ich kann doch nicht einfach schießen, wenn du das sein könntest!"

Ich sehe ihn scharf an.

„Du musst."

Meine Stimme ist eindringlich, duldet keinen Widerspruch. Damit lasse ich auch Mike wieder hinter mir und wende mich Steffi zu.

„Da du ja öfter mal in Kanada angeln warst, gehe ich mal davon aus, dass du schießen kannst?"

„Ja... Warum?"

Ich lächele unwillkürlich, als ich den hochgradig aufmerksamen Ausdruck in ihren Augen sehe. Sie ahnt, dass es um etwas Wichtiges geht und spürt wie angespannt ich bin. Trotzdem bleibt mir jetzt keine Zeit für lange Erklärungen.

„Wie gut schießt du?"

Sie wirkt etwas unsicher.

„Ich treffe auf 70 Meter eine Cola-Dose sicher, wenn ich die Waffe halbwegs kenne, aber ich habe noch ziemlich Probleme mit sich bewegenden Zielen."

„Okay. Ich hätte auf mehr gehofft, aber das ist nicht weiter schlimm."

Mit diesen Worten drücke ich ihr das zweite Gewehr in die Hand, das ich gestern ergattert habe.

„Du schießt nur, wenn Mike verhindert ist. Wenn er seine Waffe lehr geschossen hat, gibst du ihm die hier und lädst seine nach."

Mit diesen Worten reiche ich ihr auch noch die entsprechenden Patronen, die bis eben ich bei mir getragen habe. Sie sieht mich zunächst nur etwas ängstlich aus großen blauen Augen an, nickt dann aber. Ich lächele ihr noch einmal beruhigend zu.

„Wird schon schiefgehen. Du schaffst das Steffi."

Damit wende ich mich wieder von ihr ab und kehre zu Jan, Ethan und Lucas zurück. Diese Knüllen gerade Lucas Rucksack in Ethans, so dass Lucas den Rücken frei hat.

Into the WoodsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt