Sieh was ich dir zu sagen hab

-4- Wattebäusche ~K

Kentaro

Mit dem Bus war ich zum Skatepark gefahren, um dort auf Markus zu warten. Aus einem Versteck zwischen den Büschen, die rund um den Park wuchsen, zog ich mein Ersatzskateboard, für den Fall, dass meine Mum meines konfiszierte. Ich rollte zu unserem Stammplatz, der Ecke, in der die ausrangierten Rampen und dergleichen aufbewahrt wurden und lehnte mich gegen das Geländer, das sie umzäunte.

Ich legte den Kopf in den Nacken und beobachtete die weißgrauen Wolken, die träge über mich zogen. Wie riesige Wattebäusche sahen sie aus, Wattebäusche, die sich eng aneinander drängten, weil sie sonst keinen Platz am Himmel hätten.

Erst als einer der Wattebäusche sich wie eine Kuh formte, riss ich mich von ihrem Anblick los. Markus stand vor mir. Ich war so in die Wolken vertieft gewesen, dass ich ihn gar nicht bemerkt hatte. Langsam senkte ich den Kopf, um ihn anzusehen.

Markus war etwas kleiner als ich, was echt schwer war, da ich wirklich nicht der größte war. Das hieß, natürlich war ich der Größte, zumindest was meinen Charakter anbelangte. Mein Charme war unwiderstehlich. Nur was meine Körpergröße betrifft gehörte ich eher zur kleineren Fraktion.

Markus hatte etwas zu viel auf den Rippen, doch er gehörte zu den wenigen Menschen, denen das stand. Er war zwar etwas übergewichtig, doch man sah ihm an, dass er Muskeln hatte. Genau wie ich war er von den vielen Stunden, die wir draußen verbrachten gebräunt.

Ich nickte ihm zur Begrüßung zu.

„Hey", beschwerte er sich. „bekomme ich nicht mal mehr ein einfaches Hallo?"

Ich grinste. „Hallo."

„Na also." Er setze sich neben mich und das Geländer gab bedenklich unter seinem Gewicht nach.

„Vielleicht solltest du erst abnehmen, bevor du dich nochmal hier raufsetzt", stichelte ich.

Er schnitt eine Grimasse. „Scheiß drauf. Hast du heute schon was vor?"

Ich schüttelte den Kopf. „Nur das Übliche." Sprich: Mit der Clique hier auf dem Rampenabstellplatz abhängen um zu quatschen und zu skaten.

„Gut." Er gähnte. „Ich auch." Nachdenklich sah auch er in die Wolken. „Heute ist ein Scheißtag. Würde mich nicht wundern, wenn jetzt die Welt unterginge."

Ja, das war mein bester Freund. Immer schön positiv. Schließlich erzählte ich ihm von dem Kuhglockenvorfall. Als ich fertig war begann er zu lachen. Er konnte sich kaum noch auf dem Geländer halten. Ich sah ihn böse an. Natürlich war er schadenfroh, dass ich ausgerechnet von einem Mädchen geschlagen worden war.

Normalerweise lagen sie mir zu Füßen und schmolzen in meinen blauen Augen dahin. Übrigens passierte das nicht nur Mädchen.

„Anscheinend funktioniert der Kenta-Zauber bei Kühen nicht", grinste er, als er sich wieder halbwegs beruhigt hatte. Er holte sein Handy aus der Hosentasche und begann eine SMS zu schreiben. Wahrscheinlich schrieb er gerade der ganzen Clique, dass ich von einer Kuh niedergetrampelt worden war.

Sollte er doch machen. Normalerweise hätte ich ihn daran gehindert, doch heute war ich zu ausgelaugt, um mich mehr als nötig zu bewegen. Dabei war es erst neun Uhr.

Langsam lugte die Sonne durch die schweren Wattebäusche hindurch und wir legten uns ins Gras um noch eine Runde zu schlafen.

Die anderen würden erst frühestens um Zwei eintreffen, also hatten wir genug Zeit um ein wenig Energie zu tanken. Die würden wir brauchen, wenn wir bis zum Abend durchhalten wollten. Unsere Freunde waren zwar alle schwer in Ordnung aber auch extrem anstrengend, wobei ich wohl zu den Anstrengendsten zählte.

Ich grinste in mich hinein. Als Markus mich komisch von der Seite ansah, rammte ich ihm meinen Ellbogen in den Arm und drehte mich weg. Ich schloss die Augen und war kurz darauf eingeschlafen.

Und als wäre der Tag nicht schon schlimm genug, träumte ich auch noch von Kühen. Na toll. Montagmorgen, ich hasse dich.

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