Das sind die Medikamente

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Airre riss sich zusammen.
Das sind die Medikamente.

Zuck. Zuck.

Sie stand langsam auf. Ihr war schwindelig, tausend kleine Hämmerchen wummerten gegen ihre Schädeldecke - so fühlte es sich jedenfalls an.
Auf wackeligen Beinen machte sie einige Schritte auf das spärliche Mobiliar, neben dem Bett, zu.
Ein niedriger Tisch auf dem ein weißer Blumenstrauß plaziert war. Ein Stuhl am Fenster und eine Kommode mit blau angestrichenen Füßen und Schubladengriffen.
Auf der Kommode lagen, grob zusammengefaltet, ihre Kleider.
Blau leuchteten sie ihr entgegen.
Wie in einem Traum bewegte sich Airre auf sie zu und griff wie ferngesteuert in die Rocktasche des Kleides.
Tatsächlich ertastete sie das kleine, feste Medallion.
Sie ließ es mit einer schnellen Bewegung in ihre Hand gleiten.
Zu kraftlos um den Weg zum Bett anzutreten, ließ sie sich auf den Stuhl fallen.

Blinzel.

Sie nahm das Medallion zwischen ihre Hände, sog jedes Detail in sich hinein, als sei es das letzte, dass sie in ihrem Leben sehen würde.
Die Farbe. Ein mattes Edelgold.
Vereinzelt ein paar Abnutzungen. Winzige Flecken.
Die Gravur in der Mitte. Ein Adler mit langen prächtigen Schwingen.
Dort wo einmal ein blauer Edelstein, als Auge des Raubtieres, geprankt hatte befand sich nun eine kleine leere Kuhle.

Zuck. Blinzel. Blinzel.

Das Medallion war kantig, mehr oder weniger schwer, ein perfektes Gewicht.
Es roch ein wenig metallisch. Und merkwürdigerweise nach...

Blinzel. Zuck.

Waschmittel.
Sicher sind das auch die Mediakamente.
Airre's bleiches Gesich verzog sich zu einem amüsuertem Lächeln.
Oder ich bin tatsächlich verrückt.
Die schneeweißen Finger legten den kleinen Mechanismus um, der das Medallion aufspringen ließ.
Andächtig betrachtete sie den sich darin befindenden Papierfetzen.
Es war eine ungelenke Zeichnung.
Cray.
Eine glühende Sonne hinter einem hohen Berg von dem Felsen hinab rollten.
Ein Himmel der in ein tiefes Orangerot getaucht wurde.

Doch das war nicht, was Airre so aufwühlte.

Die Rückseite des Papiers war von dunkelblauen Linien durchzogen.
Cray's Schrift.
Sie würde die Schrift ihres Bruders immer und überall erkennen.
Es war als könnte sie die Worte bereits auswendig, ehe sie sie laß.
Airre, Schwesterherz, ich kehre Nidran den Rücken zu.
Ich werde deine Aufgabe bei den Desertern und der achten Allianz übernehmen. Eight wird schon sehen.
Folge mir nicht.
In Liebe, Cray.

Ich soll dir nicht folgen?!, wütend klappte Airre das Medallion zu.
Eine schwarze Locke fiel ihr ins Gesicht. Sie schob sie fort.
Nein, Cray. Nimm mir nicht beides - Dich UND meine Aufgabe.
Niemals hast du dich für die Wüste interessiert.
Nicht für die Deserter.
Nicht für die achte Allianz.
Airre raufte sich die ungekämmten Haare.
Du bist nicht einmal dafür ausgebildet!

War es nicht schlimm genug, dass sie ihn verlor? Warum war er so grausam und nahm ihr auch noch das, wofür sie ausgewählt worden war?

Sie ließ das goldene Abschiedsgeschenk sinken.

Mehr oder minder freiwillig würde sie Cray ohnehin folgen.

Ihr Training würde in den nächsten Tagen unter neuer Leitung beginnen.

Gerade, als sie das dachte, übermannte sie die Erschöpfung.
Auf einmal war sie nicht fähig einen einzigen Muskel zu bewegen.
Ihre Augen fielen einfach zu.

Später wusste sie nicht mehr, wie sie zum Bett zurück gelangt war.
Sie fand sich hustend unter der warmen Decke wieder.

Etwas heißes rann über ihr Gesicht, in ihre Hand, färbte den hell weißen Stoff rot.

Sie hustete Blut.

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⏰ Last updated: May 24, 2016 ⏰

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