Himmel und Hölle

768 43 0
                                    


3

Vier Monate später, habe ich es immer noch nicht über mich gebracht. Ich schaffe es einfach nicht, Jason anzurufen. Paula ist in der Zwischenzeit mit Tom nach Deutschland abgehauen. Warum, verstehe ich nicht. Vermutlich weil Brady so nicht mehr weitermachen konnte. Ich kann ihn nur zu gut verstehen. Ihm ist das alles zu viel geworden und er hat Paula einfach aufgegeben. Manchmal glaube ich sogar, er hat mich doch zu sehr gemocht. Mehr als für ihn gut war. Aber dann schüttle ich meinen Kopf und rufe mich zur Besinnung. Klar, er hat sich in mich ein klein Bisschen verliebt, aber mehr auch nicht. Wir sind gute Freunde, immer noch obwohl wir uns nur noch selten treffen. Unser Kontakt beschränkt sich zum großen Teil auf Mailverkehr. Erst vor kurzen hat er mich auf einen ausgiebigen Ausritt in die Berge eingeladen. Jason ist derzeit auf Tour und somit außerhalb meiner Reichweite. So kann ich auf der Morrowranch kommen und gehen wann ich will. Brady weiß, dass Jason mir nicht mehr über den Weg laufen möchte und respektiert das. Ab und zu aber glaube ich jedoch, dass er das nur macht, um seine eigenen Vorteile heraus schlagen zu können. Allerdings dichte ich mir zu viel in meinem kranken Kopf zusammen. Brady ist kein Intrigen-Heini. Seine Freundschaft zu Jason geht ihm über alles.

Wieder einmal in Jasons Abwesenheit fahre ich an einem sonnigen Tag auf die Morrowranch. Brady sitzt auf der Veranda und krault Dogs Fell als ich vor ihm, meinen Wagen halte. Mein Blick wandert als erstes zu den Garagen und ich halte nach Jasons Trailer Ausschau. Doch er ist wie versprochen nicht da und Enttäuschung breitet sich in mir aus. „Er ist unterwegs, das habe ich dir doch versichert", erklärt Brady grinsend. Ich lasse mich von Brady in eine Umarmung ziehen und antworte ehrlich. „Ich weiß. Aber ich habe keine Ahnung, ob ich froh darüber bin". Brady lacht leise in mein Haar und küsst dann meine Stirn. „Du kommst so nie über ihn hinweg", neckt er mich. Ich nicke zustimmend. „Vielleicht habe ich das auch gar nicht vor". Er legt seinen Arm über meine Schulter und wir gehen zum Stall. „Vielleicht wäre es aber gesünder für dich, wenn du es wenigstens versuchen würdest". Ich bleibe stehen, nehme seine Hand und schaue ihm tief in die Augen. „Ich kann nicht. Ich liebe Jason, mehr denn je und es macht mich krank, dass er es nicht erwidert". Brady zieht seine Hand zurück und tippt an meine Stirn. „Das stimmt nicht, er liebt dich auch über alles. Aber ich denke ihr beide tut euch gegenseitig nicht gut". Ich denke zurück an alte Zeiten, als wir noch nicht lange zusammen waren. Es hat einfach alles gestimmt, solange ich meine Tabletten genommen habe. Aber das konnte ich später nicht mehr, weil ich schwanger war und dann auch noch stillen wollte. Ich hätte es nicht tun sollen. Es war ja nicht mein erster Versuch ohne Medikamente. Aber das wusste Jason nicht. Ich habe es ihm verschwiegen und Brady auch. Nicht einmal meine Familie hatte eine Ahnung. Woher auch, das Geheimnis hatte ich zurück in Deutschland gelassen. Das und noch ein paar andere Dinge aus meiner Vergangenheit. „Ich möchte ihn widersehen", sage ich automatisch. „Mir geht es gut, ich nehme meine Medikamente. Ich brauche ihn und...". Brady nickt und zieht mich wieder in seine Arme. „Du weißt doch, dass ich alles für dich mache". Das weiß ich inzwischen natürlich. Brady tut immer alles, was ich möchte und das ist irgendwie unfair. Er muss immer einstecken um mich glücklich zu machen. Sein Lächeln, das er mir schenkt, ist unecht. „Wie geht es Paula", frage ich um von mir abzulenken. Ich würde mir am liebsten die Zunge abbeißen. Warum zum Teufel habe ich nach ihr gefragt. Bin ich dämlich oder bescheuert. Beides vermutlich. Ich bin ein verantwortungsloser Depp. Brady stöhnt und verdreht seine Augen. „Tom ist gestern Abend zurückgekommen Sie hat ihn nach Hause geschickt. Ich glaube meine Chancen, dass sie zu mir zurück kommt, stehen gar nicht so schlecht", witzelt er. Ich starre ihn ungläubig an. „Sie hat Tom den Laufpass gegeben". Brady nickt aber scheint darüber nicht sonderlich glücklich zu sein. „Sie sind, wie ein Waldbrand und haben die totale Zerstörung hinterlassen. Tom ist Totunglücklich. Aber er kommt darüber weg. Er ist noch so jung und ich glaube mit der Zeit wäre ihm die Verantwortung zu groß geworden. Du kannst mir glauben, wenn ich sage, dass Paula eine Riesenverantwortung ist". Ich unterrücke ein Lachen, was mir nicht gelingt. „Ich weiß, ich war mit ihr ein paar Mal Kaffeetrinken. Sie kann die Hölle sein und gleichzeitig der Himmel". Brady lacht ebenfalls und schiebt mich weiter in den Stall. „Damit triffst du den Nagel auf den Kopf. Sie ist Himmel und Hölle".

Nach dem Ausritt gehen wir noch etwas essen und Brady berichtet mir zum ersten Mal alles über Jason, was ich im vergangenen Jahr verpasst habe. Die ganze Schonungslose Wahrheit. „Das ist alles", frage ich ungläubig. „Naja, er hat sich verändert. Wenn ich sage, er hat kein Mädchen flachgelegt, dann kannst du mir das auch glauben. Warum sollte ich dich anlügen. Klar hat er mit ein paar von den Mädchen getanzt und geflirtet, aber als sie an seine Wäsche wollten, hat er die Flucht ergriffen". Mir fällt ein Stein vom Herzen. „Glaubst du, er würde es noch einmal mit mir versuchen". Brady sieht mich lange an, nimmt einen großen Schluck von seinem Wasser und sieht mich wieder an. „Ich wünschte, er würde es nicht tun. Aber es ist nicht relevant, was ich denke. Ich habe nur neben dir gekniet, als du sterbend am Boden lagst. Du hast mich ganz schön leiden lassen, das kannst du mir glauben. Es war überhaupt kein schöner Anblick und ich träume immer noch schlecht". Ein dicker Kloß bildet sich in meiner Kehle. „Es tut mir leid, aber du darfst Jason nicht die Schuld geben. Ich war krank und habe Fehler gemacht. Jason konnte das alles nicht wissen und hätte das noch vor unserer Verlobung alles erfahren müssen". Brady nickt, äußert sich aber nicht. „Versprich mir, so etwas nie mehr wieder zu tun und ich sehe, was sich bei Jason machen lässt".


Cowboy in Love Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt