Kapitel 9

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Woran merkt man, dass man träumt?
Dies fragte ich Anderson Devil einige Male, um ihn zu nerven, denn er wusste die Antwort nicht.

Immer wieder antwortete er mir mit: "Ich weiß es nicht.", als wir auf den Heuballen vor der Holzkiste saßen.

"Streng dich an.", neckte ich ihn weiter, bis er wortlos begann mit seinen Fingern irgendeinen Rythmus zu schnipsen.

"Sieh dich um", konterte er gezielt und lenkte meine Aufmerksamkeit auf die vielen Funken um uns herum. Sie tanzten in der Luft umher, der Schlüssel schwinkte herum.

"Hör auf abzulenken", ich gab ihm einen leichten Stoß gegen seine Schulter, "Also, woran merkt man, dass man träumt?"

"Ich hab keine Ahnung, sag es mir."

Und dieses Mal, dachte ich, würde ich ihn leiden lassen, wie er mich leiden ließ.

Ich stellte mich vor ihm hin, schob mit meinem Fuß die Kiste weiter nach hinten. Ignorierte den Fakt, dass Anderson seinen Fokus nur auf sie gerichtet hatte. So lang, bis er mich fokussierte.

"Woran-", begann ich, "merkt man-", setzte ich fort, "dass man träumt", und hielt seine Schultern fest, um mich auf seinen Schoß zu setzen.

"Ist das dein Ernst, ich-"

Wenn er Gefühle besaß, dann müssten sie in diesem Moment durchgedreht sein.

"Beantworte meine Frage.", mahnte ich ihn und lehnte mich vor, "Vielleicht höre ich dann auf."

"Warum tust du das überhaupt?", ein Lachen entwich seinem Mund, bevor er scharf die Luft einzog, als meine Nase seine berührte.

"Wenn du mich leiden lässt, dann lasse ich dich leiden..."

"Du bist keine einsame Wölfin, Samantha Wales.", seine Stimme voller Ironie und einem Lacher.

"Woher weißt du-", stoppte ich vor ihm, sah in seine Augen und entdeckte ein loderndes Feuer in ihnen.

Er konnte doch keine Gedanken lesen, oder?

"Du hast mit 15 Jahren ständig Bilder von Wölfen gemalt, da du dich als einen einsamen Wolf angesehen hast. Du hast diese Bilder in dem Zimmer aufgehangen, im Heim, damit es dir besser gefiel."

"Ich-"

"Ich hab dich für eine lange Zeit beobachtet."

Ich sagte nichts. Ich sah ihn bloß wortlos an und beobachtete seine Augen, die mich anstarrten. Er starrte viel.

"Du bist keine Wölfin, Samantha, du bist eine Füchsin. Ein Trickster.", er schmunzelte und lachte kurz darauf. "Die Antwort auf deine Frage ist übrigens nicht schwer. Man erkennt dass man träumt, wenn man mehr Finger hat."

"Und man kann nicht-"

"Lesen", beendete er meinen Satz flüsternd, entkam meiner für ihn unangenehmen Position und lachte mich an, als ich bloß noch verwirrt auf einem der Heuballen saß und zu ihm sah.

Zu dem bereits schaukelnden Schlüssel zeichnete er viele weitere hinzu. Sie folgten alle derselben Geste, schaukelten, als gäbe es kein Ende. Als wäre die Zeit grenzenlos und ihre Macht unendlich. Als gäbe es keine Sorgen und auch keinen Kummer, sondern nur das Schaukeln, nichts anderes.

"Trickster", wiederholte ich erneut und widmete dieses Wort ihm, denn er trickste ebenso gut.

Sein Augenzwinkern verriet mir seine Gedanken. Er dachte genau wie ich. Er wusste, dass er ein guter Trickster war. Er wusste, dass ich viel von ihm hielt und er diese Erwartungen wahrscheinlich niemals erfüllen würde. Er wusste, dass das alles vielleicht nicht unendlich sein und ich ihn irgendwann hassen würde, wenn er Fehler machte. Er wusste all das, und dennoch lachte er so grenzenlos, als gäbe es nichts, das ihn einschüchtern würde.

Pact with the devil | Andre [COMPLETED]Where stories live. Discover now