48# - Erkenntnis

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Nach mehreren Stunden, in dem Precious und Jolene mich fertig gemacht haben, ist Precious auf der Couch eingeschlafen. Der kleine liegt neben ihr und ist ebenfalls eingeschlafen, nachdem meine Schöne ihn gefüttert hat. Der kleine hat sie gut abgelenkt.

Ihr Kopf liegt auf meinem Schoß. Ich streichle ihr immer wieder durch die Haare und gebe ihr ab und zu einen Kuss auf die Stirn, wenn ich nicht anders kann. Sie hat rote, verheulte Augen und dunkle Augenringe. Vom ganzen weinen ist sie sehr müde geworden und hat es sich auf meinem Schoß bequem gemacht. Ich muss lächeln, als ich sehe, wie sie sogar im Schlaf die Stirn runzelt.

,,Schläft sie?", flüstert Jolene und setzt sich mir gegenüber. Ich nicke.
,,Das arme Ding. Sie muss ihn wirklich geliebt haben.", sagt sie. Jetzt runzle ich wütend die Stirn.

,,Ach was.", sage ich und fahre mit meinen Fingerkuppen über ihre zarte Wange.
,,Es war nur eine Gewohnheit, keine Liebe.", sage ich ganz leise. Ich will sie ja nicht wecken.

,,Das glaube ich nicht. Du möchtest es dir zwar nicht eingestehen mein Junge, aber ich weiß was sie durchmacht. Ihre kleine Welt ist mit einem mal zusammengebrochen. Ihre Wünsche, ihre Träume auf eine gemeinsame Zukunft. Das alles ist nicht so einfach wie du glaubst.", erklärt Jolene.

,,Dann werde ich ihre Welt wieder aufbauen, und noch schöner machen.", sage ich schulterzuckend. Jolene lacht.

,,Du bist ein guter Junge. Zwar stur, aber gut.", sagt sie lächelnd. Neben ihr fühle ich mich immer wie ein Kleinkind. Sie ist wie eine Art Mutter für mich, auch wenn sie 63 Jahre alt ist. Sie und Sebastian sind in den letzten Jahren zu meiner Familie geworden. Was aber etwas creepy ist, ist, dass sie aufeinander stehen...

Aber hey, auch alte Leute lieben. Schließlich will niemand alleine sterben.

Jolene steht auf und nimmt das Tablett mit dem leeren Teller vom Tisch. Celeste hat die Suppe schon fast verschlungen.

,,Ich gehe und räume dann mal die Küche auf.", sagt sie.

,,Jenna, geh' und hilf ihr.", sage ich, woraufhin sie nickt und ihr in die Küche folgt. Sebastian ist im Anwesen und kümmert sich um andere Dinge, während ich hier wohne. Hier sind nur ich, Jolene und Jenna. Mehr Personal nimmt das Haus nicht auf. Ich verstehe nicht, wie man in solchen Bungalows leben kann. Wie hat es Mum damals in diesem Karton mit mir ausgehalten?

Ich stehe vorsichtig auf und trage Precious auf den Armen in mein Zimmer dann gehe ich runter und trage den kleinen ebenfalls nach oben. Ich ziehe mich bis auf meine Boxer aus und lege mich neben sie. Den kleinen habe ich in seinen Korb gelegt.

Ich lege meine Arme um sie und schlafe mit ihrem wunderbaren Duft ein.

*****

Ich wache gähnend auf. Hm...?

Das ist gar nicht mein Zimmer.

Ich erinnere mich an gestern und verziehe angeekelt das Gesicht. Dieses ekelhafte Video hat sich in mein Gehirn gebrannt...

Ich höre ein leises atmen. Darrow liegt neben mir. Das ist also sein Zimmer...

Ich lege mich wieder hin und spüre wie meine Augen noch brennen. Ich habe gestern stundenlang wegen diesen Arsch geweint. Er und meine 'Schwester' sind für mich gestorben, das steht fest. Ab jetzt wird nicht mehr geweint!

Ich sehe den Idioten neben mir an. Er hat mir die Augen geöffnet, dafür muss ich ihm danken. Wer weiß, wie weit das alles noch gegangen wäre, wäre er nicht da gewesen.

Ich sehe in sein schlafendes Gesicht. Er sieht so ernst aus, wenn er schläft. Keine Spur von dem hoffnungslosen Romantiker.

Bei dem Gedanken muss ich lächeln.

PrisonerWhere stories live. Discover now