Die richtige Entscheidung

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Alice Sicht:

Dad ließ mich die nächsten Tage nicht aus den Augen, zu groß war seine Angst, dass ich wieder zusammenbrechen könnte. Doch das passierte nicht. Mit ging es wieder gut, ein großer Teil des Stresses war weg nämlich der Unterricht und dadurch war es mir gar nicht möglich meinen Körper zu überfordern. Das Wochenende verbrachte ich noch fast komplett in Dads Wohnung, ich wollte mich nicht den Fragen und Blicken der anderen stellen. Und zudem war ein Wochenende nur mit Dad, und Draco natürlich, auch wieder eine will komme Abwechslung. Die beiden umsorgten mich, wobei mir das tatsächlich auf die Nerven ging, aber nachdem ich ihnen solche Sorgen bereitet hatte, ließ ich es kommentarlos über mich geschehen. Sonntag Abend hieß es dann auf in die Große Halle. Dad, Draco und ich machten uns vom den Kerkern aus auf dem Weg. Man schien mir meine Anspannung wirklich anzusehen, denn Draco nahm meine Hand, drückte sie fest und meinte: "Keine Angst Prinzessin! Es werden sich alle einfach freuen, dass es dir wieder besser geht. Und zudem passen Onkel Sev und ich auf dich auf!" Ich liebe Draco! In seiner Gegenwart habe ich immer das Gefühl, dass mir die Welt nichts anhaben kann. "Danke", flüstere ich nur und lehne mich ein bisschen an ihn. Essenszeit, es war wirklich nicht zu überhören. Ich war kurz davor wieder umzudrehen, es war mir einfach zu laut, aber diese Möglichkeit gab es nicht. Und so betraten wir die Große Halle. Man merkte, dass unsere bzw. meine Ankunft nicht unbemerkt blieb, denn es wurde augenblicklich ein bisschen leiser. Dad schien dies gar nicht zu interessieren, denn er ging einfach weiter vor zu seinem Platz. Draco und ich blieben kurz stehen, Draco gab mir einen Kuss auf die Stirn und versuchte mir noch ein besseres Gefühl mit den Worten "Das schaffst du, es wird nichts schlimmes passieren!", ehe er dann zum Slytherintisch ging und ich an der Gryffindor zu Hermine und Ginny.
"Ist bei euch noch ein Platz frei?", fragte ich, als ich bei ihnen an kam. "Aber natürlich! Oh Alice, wir haben uns solche Sorgen gemacht! Geht es dir auch wieder gut? Als ich dich im Krankenflügel besucht habe, sahst du gar nicht gut aus. Es ist so schön, dich wieder zu sehen! ..", begann Hermine auch schon mit einem Wasserfall an Worten, während sie aufsprang und mich in die Arme schloss. Bevor ich irgendetwas sagen kam mir Ginny dazwischen: "Hermine, lass Alice sich doch hinsetzen! Und zerdrück sie nicht, sonst müssen wir sie ja wieder im Krankenflügel besuchen." Aber auch Ginny war aufgestanden und umarmte mich, nachdem Hermine mich losgelassen hatte. "Danke ihr zwei", war mein einziger Kommentar, während wir uns hinsetzten. Das Essen verlief ruhig, nachdem ich zu Hermine und Ginny meinte: "Können wir bitte die ganzen Fragen auf nach dem Essen verschieben?" Dennoch spürte ich die Blick der beiden auf mir ruhen.

Oben im Turm versuchte ich so schnell wie möglich in den Schlafsaal zu kommen. Ich wusste, dass ich mich den Fragen von meinen beiden Freundinnen nicht entziehen konnte, doch ich wollte zumindest nicht von den gesamten Gryffindors ausgefragt werden. Hermine und Ginny folgten mir und zusammen ließen wir uns auf meinem Bett nieder. "Also jetzt erzähl was ist passiert?", drängte Ginny. Einmal tief Luft holen und dann fing ich an zu erzählen: "Eigentlich ist gar nichts schlimmes passiert. Ich habe meinen Körper nur überanstrengt und bin nicht zur Ruhe gekommen." "Aber warum? Klar müssen wir viele Hausaufgaben machen, aber so viel ist das doch auch nicht", meinte Hermine. Nein, für euch nicht, aber ich bin blind. Das war die Erklärung und wenn ich es aussprechen würde, dann würden sie es auch verstehen, aber ich war mir nicht sicher, ob ich das wirklich wollte. Andererseits warum sollte ich ihnen nicht die Wahrheit sagen, schließlich zählte ich die beiden zu meinen Freundinnen. Was kann schon passieren, die beiden werden es nicht in der ganzen Schule verbreiten, wenn ich sie darum bitte und verurteilen oder so würden sie mich auch nicht. Also atmete ich nochmal tief ein und aus und versuchte dann auf eine vorsichtige Art und Weise ihnen von meiner Behinderung zu erzählen: "Nein, viel ist es an sich wirklich nicht. Aber da ich nie im Unterricht war, ist diese Situation für mich sehr anstrengend. Zuhören und verstehen ist nicht das Problem, aber mitschreiben, das Lesen der einzelnen Kapitel und dann noch die Aufsätze als Hausaufgaben beanspruchen sehr viel Konzentration für mich. Es ist nämlich so, dass ich durch ... dass es einen ..", ich brach ab, ich wusste einfach nicht, wie ich meine Blindheit erwähnen sollte. "Alice, was ist los?", ich hörte die Besorgnis in Hermines Stimme. "Nichts, es ist nur .. ich bin krank", okay das war das falsche Wort. Hermine zog die Luft ein und von Ginny kam ein erschrockenes "Krank?" "Ja, seit meiner Geburt bin ich blind", ich hatte es ausgesprochen, "aber bitte ich möchte nicht, dass es alle hier erfahren." Es war still und mir kam es vor wie eine Ewigkeit. Ich stellte mir die beiden vor, wie sie mich mit offenen Mündern entgeistert anstarrten und versuchten zu verstehen, was ich gerade gesagt habe. Hermine fasst sie als erste wieder: "Blind?! Warum hast du denn nichts gesagt? Wir hätten dir doch geholfen!" Es klang  nach einem Vorwurf, doch ich wusste, sie meinte es nicht so. "Ich hab gelernt alleine damit klar zu kommen, ich kann mich auch ohne zu sehen gut bewegen und sobald ich einen Ort kenne ist es gar kein Problem mehr. Ich wollte einfach nicht die Neue sein, auf die jeder Rücksicht nimmt nur, weil sie blind ist." Ginny sagte gar nichts, ich spürte nur wie sie näher kam und mich dann in den Arm nahm. "Mir geht es gut Ginny, ich lebe damit und ich liebe mein Leben", zumindest meistens fügte ich in Gedanken hinzu. "Aber das muss doch so hart sein. Nicht sehen zu können, ich kann mir gar nicht vorstellen, was du alles durchgemacht haben musst", Ginny hatte einen bemitleidenden Ton und ich musste mich zusammen reißen um sie nicht anzuschreien, dass ich es nicht nötig hatte bemitleidet zu werden. Denn das war der Grund warum ich normalerweise niemanden davon erzählte. Doch ich wusste sie meinte es nur gut und so versuchte ich ihr es zu erklären: "Ginny, es ist nicht so schlimm wie du es dir vorstellst. Ich konnte nie sehen, daher kann ich es auch nicht vermissen. Ich weiß nicht was es heißt zu sehen und auch wenn die ewige Dunkelheit manchmal einengend ist, gibt es doch so viele schöne Dinge im Leben. Mein Gehör und mein Geruchssinn sind zum Beispiel viel ausgeprägter und so sehe ich. Das einzige worum ich euch beneide sind Farben. Farben scheinen etwas wunderschönes zu sein und eine Farbe kann man nicht erklären. Aber damit hab ich mich abgefunden. Du brauchst mich also nicht zu bemitleiden."

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