Like I'm made of glass

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Kapitel 24 - Like I'm made of glass



"Augen zu!"
Artig gehorchte ich und schloss meine Augen.
Rika, die Stylistin-Schrägstrich-Make-Up-Artistin rannte schon fast zehn Minuten um mich herum.
Es war Tag des Viertel Finales, wir mussten heute Abend zu vier Liedern tanzen. Einmal zu 'Oath', das Melina singen würde, zu 'Love me again' gesungen von Jimmy, zu einem Lied, von dem ich ständig den Namen vergaß von einem Mann gesungen, den ich bis jetzt nur einmal gesehen hatte. Und zu guter Letzt zu 'Beneath your Beauty' gesungen von Lana Bosquier. Das war das Mädchen, das gestern bei den anderen gesessen hatte, als Zayn und ich zurückgekommen waren.
Die anderen hatten uns Großteils 'gratuliert', bis auf Léa, die sich nur die blonden Haare über eine Schulter gelegt hatte und mit Nicole, die einen Augenblick nach uns gekommen war, verschwand.
Mir konnte es ja egal sein, solange Zayn ihr nicht hinterherglotzte.
Am Abend hatten Sam und Florence unbedingt alle Details wissen wollen, also war ich nun entsprechend müde. Es war eine lange Nacht gewesen, vor allem, weil dann auch noch Camille mit einem Anruf auf meine SMS geantwortet hatte und wir ein Vierer-Gespräch angefangen hatten, sie dabei über den Lautsprecher meines Handys, auch wenn sie die anderen nicht kannte.
"Augen wieder auf!", meinte Rika und malte mir dann irgendwelche Sachen auf.
Wir hatten ihr in großem Vertrauen erzählt, wieso wir Masken tragen wollten, was sie glücklicherweise respektiert hatte.
"So, setz dich bitte mit zu den anderen, eure Masken bringe ich euch gleich", lächelte die Stylistin und rauschte dann weiter zu Sam, deren Haare gerade von einer von Rikas Assistenten kunstvoll und mit viel Haarspray hochgedreht und -gesteckt wurden. So sahen auch die Haare der anderen aus, bis auf meine. Zuerst würden wir Lana mit 'Beneath your Beauty' begleiten, wo ich vorne in der Mitte tanzen musste.
Ich war ziemlich aufgeregt, immerhin war es mein erster Auftritt im Fernsehen, dazu auch noch Live und vor tausenden von Zuschauern.
Natürlich standen wir Tänzer nicht im Mittelpunkt, aber jeder Schritt von uns musste passen, sonst würde die Performance nur noch halb so gut aussehen.
Als ich mich neben Zayn niederließ legte er mir einen Arm um. "Du siehst super aus, Kleine!"
Ich lächelte ihn an. Er selbst hatte ebenfalls kunstvolle Bemalung quer übers Gesicht.
"Danke"
"Ihr fangt jetzt aber nicht an schnulzig zu werden, oder? Das halte ich sonst nicht aus!", meinte Bastian, der auf Zayns anderer Seite saß.
Ich musste lachen. "Wir doch nicht!"
Bastian seufzte theatralisch auf. "Herr, steh mir bei!"
"Spinner!", rief Sam durch den halben Raum, worauf sie schmunzelnd von Rika ermahnt wurde, still zu sitzen.
Ich musste grinsen. Typisch Sam...
Kurze Zeit später kam Rika mit einer Kiste auf dem Arm zu uns zurück.
Sam war mittlerweile auch fertig.
"Ok, alle Tänzer bitte mal herkommen! Ich habe hier eure Masken."
Im gleichen Moment rief Jo Le Mason, der zu der halben Organisation auch noch die Moderation der Show übernahm alle acht Teilnehmer zusammen.
Heute Abend würden es nur noch sechs sein, nächste Woche würden wieder zwei rausfliegen, damit im Finale noch vier waren.
„Masken?", fragte Léa und zog eine perfekt gezupfte Augenbraue hoch.
„Ja", antwortete Rika ruhig. „Ihr tanzt mit Masken.
Léas zweite Augenbraue schoss ebenfalls nach oben. „Wir sind doch hier nicht im Kindergarten", gab sie von sich, doch Rika überhörte sie.
„Ich hab für euch drei,", sie deutete auf Sam, Sarah und mich. „ganz besondere ausgesucht. Der Rest nimmt sich bitte je hier eine heraus, wir werden euch beim Festmachen helfen."
Während sich alle anderen je eine Maske aus der Kiste nahmen, reichte Rika Sam, Sarah und mir je eine.
Sie ging bis kurz über die Nase, war weiß mir roten Verzierungen. Am Rand klebten kleine goldene Steinchen, neben roten Federn und schwarzen Stoffrosen.
Farblich waren das genau die Farben, die auch mein Outfit hatte. Schwarz und rot.
Da der erste Tanz hauptsächlich Ballett und etwas Jazz war, war mein Können stark in Anspruch genommen worden.
Als ich die Maske aufsetzte, lag der kühle Kunststoff mysteriös auf meiner Haut auf.
Ich fühlte mich, wie in alte Zeiten zurück versetzt, als meine Mutter mir vor jeder Aufführung die Haare gemacht hatte und meine Schminke auf die Masken und Outfits abstimmte, die ich trug.
„Wow", flüsterte Sam, als sie uns durch den großen Spiegel vor uns ansah.
Ich setzte gerade an, um ihr beizupflichten -es sah ziemlich elegant aus- da trat Léa hinter Sam, Sarah und mich.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Ganz ehrlich? Ihr seht ziemlich lächerlich aus!"
„Nach deiner Meinung hat niemand gefragt, Léa.", erwiderte Sarah in ruhigem Ton und mir fiel fast die Kinnlade herunter.
Vom Aussehen und Verhalten her, hätten die beiden beste Freundinnen sein können, jedoch schien Léa sogar Sarah auf die Nerven zu gehen und um ehrlich zu sein war Sarah gar nicht so übel, wenn sie nicht irgendwelche -etwas- niveaulosen Kommentare abgab, oder einen zickigen Ton drauf hatte.
Anfangs dachte ich noch, sie würde mich hassen. Sie war Zayns Ex, immerhin. Doch anscheinend verbündete uns die Abneigung gegenüber Léa.
Es war nicht so, dass ich sie hasste, nur wäre Léa nicht in mein Leben geplatzt, hätte ich wohl auch nichts verpasst.
„Also mir gefallen sie!", meinte Zayn, der mit einer eigenen, eher unspektakulären Maske in den Händen zu uns herüber kam.
„Siehst du, Léa?" Sam drehte schnippisch ihren Kopf hin und her und begutachtete ihr Spiegelbild.
„Aber, sorry Ladys, Chloé steht sie am besten!" Zayn grinste breit und zwinkerte mir zu.
„Oh, du Schleimer!", rief Sam lachend und schlug ihn leicht gegen die Schulter, während ich unter seinem Blick rot anlief.
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Léa ihr Kinn in die Höhe reckte und von dannen lief, hinüber zu Nicole, die sich mit Patrique unterhielt.
„Ich sag nur die Wahrheit.", verteidigte Zayn sich grinsend und hob mich überraschend hoch, um selbst auf dem Hocker Platz zu nehmen, auf dem ich bis vor ein paar Augenblicken auch noch gesessen hatte, und mich dann auf seinen Schoß zu ziehen.
„Schleimer", wiederholte ich Sams Worte leise und er piekste mir in die Seite. „Da muss jemand lernen mit Komplimenten umzugehen!"
Ich streckte ihm die Zunge raus, als Rika unsere Aufmerksamkeit auf sich zog.
„Ok, ihr Lieben! Alle herhören!"
In den nächsten fünf Minuten bekamen wir genaue Anweisungen.
Die Show würde in einer halben Stunde beginnen, meine Nervosität stieg, sowie sie es immer tat, wenn ich auf die Bühne musste.

Flashback
Meine Knie waren weich wie Gummi und zitterten nur noch mehr, als ich unauffällig hinter dem dicken, roten Vorhang hervor linste.
Mein Blick fiel auf einen beinahe rappelvoll gefüllten Raum. Überall tuschelnde Menschen, die auf den Beginn der bevorstehenden Vorführung der Junior-Ballett-Gruppe warteten.
„Mädchen, kommt alle bitte her!" Monsieur Chirac klatschte in die Hände und ich gesellte mich mit schwitzigen Handflächen zu den anderen.
An der Tür zum Bühnenbereich lehnte meine Maman, wie ich erleichtert feststellte.
Sie wusste ganz genau, dass ich schnell nervös wurde.
Nachdem Monsieur Chirac die letzten Dinge mit uns besprochen hatte, lief ich schnell zu ihr und ließ mich von ihr fest in den Arm nehmen.
„Du musst nicht aufgeregt sein, ma petite fille!", sagte sie zuversichtlich und kniete sich vor mich hin, damit wir auf gleicher Augenhöhe waren. „Ich weiß, du schaffst das. Du bist die beste hier von allen!"
Ich lächelte und entblößte damit meine vorderste Zahnlücke, die ich erst seit einer Woche hatte.
„Papa und ich sitzen gleich in der ersten Reihe, wenn du aufgeregt bist, dann sieh einfach zu uns ja?"
„Ja, Maman", sagte ich und sie gab mir einen Kuss auf die Stirn. Sie stand auf und gab mir noch eine letzte Umarmung, bevor Monsieur Chirac uns dazu aufrief, auf unsere Plätze zu gehen.
„Viel Glück!", rief Maman mir nach, als sie schon beinahe zur Tür heraus trat und -ich könnte schwören- sie stand im einen Moment noch in der Tür, und im nächsten Moment, als der Vorhang aufging, saß sie schon neben Papa und drückte lächelnd seine Hand.
Mütter konnten einfach überall sein, zu jeder Zeit...
Und als dann die Musik einsetzte, und es an mir war, den Tanz zu beginnen, sah ich nur sie an und all die Nervosität fiel von mir.
Ja, so etwas konnte sie bewirken. Meine Maman.

„Chloé?" Ich sah etwas überrascht auf.
Zayn lächelte und hielt mir die Hand hin. „Kommst du?"
Ich ergriff sie nickend und folgte ihm hinter den anderen her hinter die Bühne.
Heute Morgen bei der Generalprobe hatten wir sogar genau besprochen, wie wir einlaufen mussten.
Immerhin gab es hier keinen Vorhang, der zur Seite ging, sondern nur ein Licht, das gedämmt wurde, während wir und Lana Bosquier, die die Show begann, Stellung bezogen.
Zayn, der in der Anfangsposition noch neben mir stand, drückte meine leicht zitternde Hand, bevor das Licht anging und beugte sich dann blitzschnell zu mir herunter, um mir einen Kuss auf die Lippen zu drücken.
„Wir packen das, viel Glück!", flüsterte er leise, dann begann der Schlagzeuger seine Stöcke vier Mal aufeinander zu schlagen, um den Takt anzugeben, darauf folgte das Einsetzten des Klaviers.
Als Lana den ersten Ton sang, glitt ich vollkommen in die Welt der Musik ab und gab mich dem Tanzen hin, den Bewegungen, die ich schon fast im Schlaf konnte.

***

„Die letzte Performance für diesen Abend, Lea Engels mit..." Le Mason machte eine mysteriöse Pause. „... Skyscraper!"
Als tosender Applaus die Halle erfüllte, sprangen Sam und ich auf und ab, wie die anderen auch.
Da es das letzte Lied vor der Entscheidung war, hatten wir uns schon umziehen können und standen nun mit den anderen im Publikum.
Als tausende kleine Kerzen am Rand der Bühne aufflackerten und Lea in warmes Licht hüllten, lief mir ein Prickeln über die Haut.
Zayn legte mir von hinten die Arme um und ließ sein Kinn auf meiner Schulter ruhen.
Als Lea das Mikrofon an ihre Lippen hob und das Lied erklang, wiegte er mich sachte im Takt hin... und her.

"Skies are crying, I am watching,
catching teardrops on my hands.
Only silence, as it's ending,
like we never had a chance..."

Feel like dancing (Zayn Malik)Where stories live. Discover now