35. Das, in dem die Briefe ankamen

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Die Beerdigung der Hogwartsschüler, die an diesem Wochenende gestorben waren, war das Trostloseste, was Claire je gesehen hatte. Sie wusste nicht, was schlimmer war: Die schluchzenden Geräusche der Eltern, die ihre Kinder zu Grabe tragen mussten oder die verdammten Gesichter der Lehrer, die ihre Schüler überlebt hatten. Es war so unglaublich deprimierend und trostlos, dass Claire übel wurde, als die verschiedene und zu zahlreichen Särge in die Erde gelassen wurden. Einige der Eltern wollten ihre Kinder selber begraben und selber eine Zeremonie für sie abhalten, deswegen, dass wusste sie, war es auf dem Friedhof auch noch leerer. Obwohl beinahe alle Hogwartsschüler -und lehrer anwesend waren, klafften in ihren Reihen Löcher.

Einige der Toten hatte sie gekannt, sie waren mit ihr in einer Klassenstufe gewesen oder sie hatte sich während des Essens mal mit ihnen unterhalten, aber trotzdem... Claire konnte für diese Menschen keine richtige Traurigkeit empfinden. Beinahe so, als würde sie zur Beerdigung eines namenlosen Fremden gehen. Es bedeutete ihr nichts, weil dieser Mensch bei ihr keinen Eindruck hinterlassen hatte.

Einfach nur aus Solidarität war sie hier. Sie würde ihre Zeit viel lieber damit verwenden, um nach ihrer immer noch verschwundenen besten Freundin zu suchen. Es war beinahe eine Woche vergangen und Erin war noch nicht zurückgekehrt. Natürlich war das den Lehrern ebenfalls aufgefallen und Claire hatte das ein oder andere Gespräch mit einen von ihnen über sich ergehen lassen müssen.

„Wissen Sie, wo sich Miss O'Braiden aufhält?"

„Können Sie mir sagen, warum ihre Klassenkameradin nicht da ist?"

„Meine Liebe, denken Sie, dass Miss O'Braiden vielleicht etwas angestellt hat?"

Alle diese Fragen musste sie beantworten, während die Lehrer ihr bedeutungsvolle Blicke zuwarfen oder sich etwas notierten. Es war schrecklich gewesen. Dumbledore hatte das Ministerium zwar kontaktiert und sie hatten auch zugestimmt, dass man nach Erin suchen würde, aber bisher gab es keine Ergebnisse. Beinahe so, als... als wäre sie auch tot.

Wütend wischte sich Claire über die Augen und richtete ihren Blick wieder nach vorne. Das letzte, verbleibende Grab wurde gerade mit Erde gefüllt und eine füllige Frau wurde von ihrem Mann in den Arm genommen, als sie wie ein angeschossener Hund aufheulte.

Dann trat Professor Dumbledore aus der Menge hervor und stellte sich nach vorne. Es war ein ungewöhnlicher Anblick den Schulleiter so zu sehen. Er trug keine seiner farbenfrohen Roben mit Bestickungen sondern einen einfache, schwarzen Umhang, der seine schwarzen Stiefel verdeckte. In seinen silbernen Bart hatte er eine kleine, dunkle Schleife gebunden und es schien, als wäre jegliche Freude aus seinen Augen verschwunden.

„Hätte ich die Macht, die Vergangenheit zu ändern, ich würde sie nun nutzen, um diese Leben zurückzuholen", fing er leise an. „Diese jungen Menschen, die nun ihre letzte Reise antreten werden, haben mehr verdient. Sie sollten noch nicht mit dem Tod mitgehen und auch noch nicht ihre Augen für immer schließen. Ich, als ihr Schulleiter, weiß, dass diesen Menschen ein strahlendes Leben vorherbestimmt war, ehe sie aus ebenjenem gerissen wurden. Ich werde nicht verleugnen, dass das, was passiert ist, einen grausame Tat war. Doch so mächtig unsere Magie auch sein kann, in die Naturgesetze können wir uns nach wie vor nicht einmischen. Ich glaube, dass es irgendwo noch etwas Höheres als die Magie gibt. Etwas, dass sich Schicksal nennt. Etwas, dass die Leben der Menschen lenkt und sie bestimmt. Dieses Etwas scheint nun wieder einen anderen Weg eingegangen zu sein."

Angestrengt versuchte Claire den Worten des Professors zu lauschen, doch je mehr Dumbledore redete, desto mehr schien ihre Konzentration nachzulassen. Stattdessen beobachtete sie die Menschen um sich herum. Da waren die kleinen Erstklässler, die sich sicherlich nicht vorgestellt hatten, in ihrem ersten Jahr gleich einer Beerdigung beiwohnen zu müssen. Dann waren da die etwas älteren Schüler, die in kleinen Gruppen beisammen standen und versuchten die Löcher, die aus ihnen gerissen wurden, mit Nähe zu schließen, während ihre Tränen unaufhaltsam den trockenen Boden benetzten. Und die Lehrer waren auch noch da, die sich allesamt zusammenrissen und versuchten, professionell zu wirken.

Burning gold ~ Claire (Harry Potter|Rumtreiberzeit|FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt