K A P I T E L 22

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,,Wie konntest du das tun?'', fragte mich Luca zum gefühlten hundertsten Mal und alles was ich tat war, meine Augen zu rollen und ihn ein weiteres Mal zu ignorieren. Wir drei saßen im Auto, auf dem Weg zurück in die Stadt und ich fuhr so schnell wie es nur ging, damit ich Joana wiedersehen konnte und schauen konnte, ob es ihr gut ging und was mein Vater ihr getan hatte.
,,Fahr langsamer, gleich bringst du uns noch alle um!'', schrie Jonas von hinten und schlug mir auf die Schulter. ,,Dann müsste ich das alles hier wenigstens nicht ertragen'', murmelte ich, die Jungs seufzten darauf nur. ,,Alessio, ich kann mir vorstellen, wie es dir grad geht, ok? Aber wir beide haben dir etwas versprochen und das war, dass Joana nichts passieren wird! Die ganze Aktion ist natürlich scheiße gelaufen, aber lass deinen Frust nicht an uns raus, denn wir können nichts dafür, dass dieser Pilot, den du ja unbedingt erschießen musstest, deinen Vater informiert hat!'' Jonas hatte Recht, die beiden konnten nichts dafür. Sie sind meine besten Freunde, meine Cousins und waren bisher immer für mich da. Und alles was ich tue ist, sie zu ignorieren und meine Wut an ihnen rauszulassen. ,,Es tut mir leid, ich bin einfach nur so..'', ich konnte meinen Satz nicht beenden, die Tränen stiegen mir wieder in die Augen und ich sah alles verschwommen. Ich konnte nichts riskieren, also hielt ich am Straßenrand. ,,Kann jemand von euch fahren? Sonst töte ich uns wirklich'', flüsterte ich. Luca, der neben mir auf dem Beifahrersitz saß, nickte schnell und stieg aus. Ich tat es ihm gleich und wir wechselten unsere Plätze. ,,Es wird alles gut gehen. Wir werden Joana holen.''

Nach einer zweistündigen Fahrt waren wir endlich vor unserer Villa angekommen und ich stieg schnell aus und betrat sie, um meinen Vater zu finden. ,,Vater?'', schrie ich durch das Wohnzimmer. ,,Ich bin im Büro, Alessio'', hörte ich ihn sagen und ging mit schnellen Schritten auf die Tür zu.
,,Wo hast du sie hingebracht?'', fragte ich sofort und wurde gleich wieder wütend. ,,Setz dich erstmal und erklär mir alles, ich verstehe noch immer nicht so ganz, was los ist'', meinte er und deutete auf den Sessel vor ihm. Schnell setzte ich mich und atmete tief ein und aus. ,,Ich bin wegen dieser Mission dorthin geflogen, und habe sie kennengelernt. Sie wusste nichts von der Mafia, überhaupt nichts, bis ihr Vater es ihr vor ein paar Wochen erzählt hat. Sie fand es schrecklich, was ihr Vater für Dinge tat. Trotzdem ist es ihre Familie und sie hat begonnen, alle kennenzulernen und diese Mafia zu lieben. Genau so hat sie auch angefangen mich zu lieben und ich..'' ,,-Du hast dich ebenfalls in sie verliebt'', beendete mein Vater meinen Satz und ich nickte, starrte auf den Boden, weil es mir unangenehm war, mit meinem Vater über Liebe zu sprechen. ,,Ich hab jahrelang auf den Moment gewartet, dass endlich ein Mädchen in dein Leben tritt und du somit in festen Händen bist und aufhörst andauernd irgendwelche Mädchen hier hin zu bringen, die kleine Lina kriegt bestimmt Nachts schon Albträume von all den halbnackten Frauen'', erzählte er und begann zu lachen. Ein leichtes Lächeln schlich sich ebenfalls auf meine Lippen. Lina war die Tochter meines Bruders Manuel, der ermordet wurde. ,,Aber sie ist unsere Feindin, Alessio. I-Ich..hätte ich gewusst, dass es so kommt, hätte ich dich niemals nach Portugal geschickt, keinen von euch drein'', murmelte er und ich betrachtete ihn. Er wirkte so mächtig, gleichzeitig gerade aber auch ziemlich zerbrechlich und nachdenklich. ,,Ich hätte es eigentlich ahnen müssen. Deine Mutter hätte sich gefreut, dass du jemanden hast. Es wäre ihr egal gewesen, wer dieses Mädchen ist und aus welcher Familie sie kommt'', erklärte er und seine Augen wirkten glasig. ,,Was heißt das für mich?'', fragte ich ihn vorsichtig. ,,Ich würde deiner Mutter jeden Wunsch erfüllen, auch wenn sie nicht mehr bei uns ist'', meinte er und lächelte mich sanft an. ,,Und dieser Wunsch wäre?'', fragte ich ein weiteres Mal vorsichtig. ,,Dich mit ihr zusammen zu lassen. Sodass niemand sich zwischen euch stellt.'' Aus meinem kleinen Lächeln wurde nun ein breites Grinsen. ,,Aber Alessio, hör mir zu. Ich werde sie nicht einfach gehen lassen. Sie kann bei dir bleiben, wo auch immer du willst, so lange sie das Land nicht verlässt. Ich kann nicht riskieren, dass wir wieder nichts gegen ihre Familie in der Hand haben. Wir müssen ihnen Angst machen, sonst gibt es bald das nächste Opfer. Und nach deinem Bruder möchte ich nicht wissen, wer dieses Opfer ist'', sagte er und ich nickte. ,,Verstehe. Sagst du mir wo sie ist?''

Sie hielten Joana im Haus gegenüber versteckt. Sie blieb in der dritten Etage. Eine ganze Wohnung wurde ihr bereitgestellt, die einzige Bedingung war, dass total viele Männer vor ihrer Wohnung standen, damit sie nicht abhauen konnte.
Ich betrat die Wohnung langsam und schaute mich nach ihr um. Ich fand sie auf dem Sofa. Sie hatte ihre Knie an ihre Brust gezogen und still liefen ihr die Tränen die Wangen herunter. Als sie mich sah, erkannte ich für den Bruchteil einer Sekunde etwas Hoffnung und Erleichterung, dies verschwand aber genau so schnell, wie es gekommen war und sie starrte mich abschätzig und wütend an. ,,Geh weg'', murmelte sie, doch ich ging weiter auf sie zu. ,,Du sollst gehen, verstehst du das nicht? Ich will dich nicht sehen!'', schrie sie plötzlich laut, als ich nur einen Schritt von ihr entfernt war. Sowas schüchterte mich jedoch nicht ein und ich zog sie auf die Beine und schlang meine Arme um ihren Körper. Eine kurze Zeit ließ sie es zu, wehrte sich dann aber jedoch dagegen und schubste mich weg. ,,Alessio. Ich will mich nicht wiederholen, verzieh dich einfach nur!'', schrie sie wieder. Ich schüttelte nur den Kopf. ,,Ich werd dich nicht alleine lassen'', sagte ich nun und sie grinste breit. ,,Nicht alleine lassen? Wann, nenn mir nur einen Zeitpunkt, an dem ich nicht alleine war, auch wenn du neben mir warst!'' ,,Du warst nie alleine, ich war immer bei dir und das wird sich auch nicht ändern'', sagte ich ruhig. ,,Du hast alles vorgespielt, Alessio! Verstehst du das denn nicht? Verstehst du nicht, das alles gelogen war, alles was zwischen uns war, war eine riesige Lüge! Und du erzählst mir nun, dass du mich nicht alleine lassen wirst?!'' ,,Das stimmt nicht. Es war nicht alles gelogen, verdammt. Du verstehst das nicht! Ich liebe dich Joana, geht das in dein stures Hirn? Ich liebe dich, ich habe dich immer geliebt und ich werde dich auch noch weiter lieben!'' Auch ich wurde langsam
wütend und meine Stimme wurde etwas lauter. ,,Du lügst! Du spielst dieses Spiel immer noch weiter, reicht das nicht, mich so zu sehen?! Du hast mich von meiner Familie getrennt, was wollt ihr denn von mir? Wollt ihr mich genau so umbringen, so wie ihr meine Mutter umgebracht habt?!'', schrie sie verzweifelt und weinte weiter. Ich schüttelte wütend meinen Kopf. ,,Jetzt lass das doch mal mit der Vergangenheit, Joana! Ihr habt auch meine Mutter getötet, und? Möchte ich dich jetzt umbringen? Und dich verletzen? Man Joana, wenn du mir mal zuhören würdest, könnte ich dir alles erklären, ich habe für alles eine Erklärung. Ich habe Gefühle für dich, ich liebe dich, hörst du? Es ist keine Lüge. Ich wollte nicht, dass es so kommt, ich wollte dich nicht sofort in alles reinziehen. I-Ich, ich würde Menschen töten für dich, die dich verletzen, Gott, Joana ich habe vor drei Stunden diesen scheiß Piloten umgebracht, und wieso? Weil er Schuld ist, das alles so gekommen ist, wie es eben gekommen ist!'' Joanas Augen wurden groß und sie sagte nichts, hielt sich die Hand vor den Mund und rannte aus dem Wohnzimmer. Ich ging ihr nach und hörte sie nur im Bad, wie sie sich übergab. Die Tür stand offen und sie spülte schnell ab, als sie wahrnahm, dass ich hinter ihr stand. Schnell schloss sie den Klodeckel und legte ihre Wange darauf. ,,Ist alles in Ordnung?'', fragte ich vorsichtig und strich ihr die Haare aus dem Gesicht. ,,Bitte, Alessio. Ich brauche etwas Ruhe und Zeit für mich'', flüsterte sie und ich gab nach. Leicht nickte ich. ,,Ich bin in der Wohnung gleich unter dir. Wenn du etwas brauchst, sag mir Bescheid'', sagte ich und gab ihr einen kurzen Kuss auf die Stirn und verließ somit ihre Wohnung.

Mission IncompleteWhere stories live. Discover now