⑧Caitlyn

37.3K 1.9K 131
                                    

»Verdammt nochmal! Was tut ihr da?«
Die Geräusche vor mir verstummten. Es gab kein Stöhnen mehr, das auf das Geräusch einer auf der Haut aufprallenden Hand folgte. Doch dann  hörte ich etwas, dass sich so anhörte, als würde sich jemand versuchen zu befreien. 

Ich hatte Angst um meinen Bruder, denn ich war mir ziemlich sicher, dass er mit in dem Kampf involviert war. Doch außer dumm rum stehen, konnte ich nichts machen. Selbst wenn meine Beine mir gehorcht hätten, was konnte ich schon groß ausrichten? Ich hasse mich dafür. Dafür, dass ich solch ein hilfloses Balg war. Ich konnte noch nicht mal meinen Bruder beistehen, wenn er Probleme hatte. 

Eine Hand legte sich auf meinen rechten Arm und ließ mich erschrocken zusammenzucken.
»Mir ist klar, was du vor ihm versteckst. Wenn du weiterhin nicht willst, dass er es sieht, solltest du deinen Kopf senken«, flüsterte mir eine weibliche Stimme ins Ohr. Meine Augen weiteten sich, bevor ich ihren Rat befolgte.

»Woher-«
»Hey ihr Testosteron gesteuerten Idioten! Hört sofort auf damit!« Ich kam gar nicht dazu, sie zu fragen, woher sie es wusste, denn sie hatte sich schon wieder von mir angewandt. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass vor mir wieder gerangelt wurde, doch die Frau neben mir brachte mich wieder zurück auf den Boden der Tatsachen.

»Warum sind Jungs immer so Schwanzgesteuert?«
Trotz der Situation, konnte ich mich nicht davon abhalten, zu lachen. Ich wusste zwar nicht, wer sie war, aber mir kam die äußerst sympathisch vor.
»Jetzt-« Sie unterbrach sich selber und dann  hörte ich wie sie von mir weg zu den Jungs ging. Kurz darauf verstummte die Kampfgeräusche wieder und man  hörte jemanden knurren.
»Verdammt nochmal Caitlyn! Lass mich los, oder ich schwöre dir-«
»Jaja ist schon klar. Folter, Hausarrest - hatten wir doch alles schon.« Mir stockte der Atem, als sie ihn genervt antwortete. Das war mehr als respektlos, selbst wenn sie in diesen Rudel lebte, sprach man nicht so mit dem Alpha. Das grenzte schon an Suizid.

Zu meiner Verwunderung, ließ er ihre Antwort einfach so stehen.

»Ich verstehe zwar nicht, warum du dich wie pupertäre 15 Jahre verhälst, aber es ist mir eigentlich auch egal«, fuhr Caitlyn unbeschwert weiter. »Es ist mir aber nicht egal, wenn du andere Leute ohne Grund angreifst. Ich bin diejenige, die das alles nachher Dad erklären kann, da du dich eh wieder verpisst. Also tun wir jetzt einfach alle so, als wäre nichts passiert und-«

»Nein, tun wir nicht!«, hörte ich Dan mit zusammengebissenen Zähnen sagen. »Ich will wissen, warum der ....« Er unterbrach sich selber und man konnte ihn ein- und ausatmen hären. »Ich wollte nur zu meiner Schwester und dann ist er auf mich los. Warum zum Teufel?«

»Dan, lass es gut sein. Wir sollten wieder-«

»Nein Kota!«, unterbrach er mich harsch. Von seine Ton erschrocken, zuckte ich zusammen und verzog mein Gesicht. »Es tut mir leid, aber ich will nur, dass du sicher bist. Woher sollen wir wissen, dass er nicht bei jeder Kleinigkeit so reagiert?«

Er kam auf mich zu, legte seine Hände auf meine Schultern und sprach etwas leiser.

»Ich hab verprochen, auf dich aufzupassen. Mum und Dad-«

»Ihr seid Geschwister?«, unterbrach Caitlyn ihn fröhlich. »Ist ja cool. Ihr seht gar nicht wie welche aus. Ich meine, du hast dunkle Haare und sie rote. Aber was rede ich da. Liam und ich sehen uns auch nicht ähnlich.«

»Caitlyn«, warf Liam warnend ein.

Sie waren auch Geschwister? Deswegen durfte sie bestimmt auch so mit ihm reden. Obwohl es selbst für Geschwister sehr komisch war.

»Ach, jetzt krieg dich wieder ein. Ich hab mit Dad gesprochen, es ist in Ordnung, wenn ich mit ihnen rede. Er hat nicht vor, sie wieder wegzuschicken. Er-«

»Caitlyn!« Diesmal zischte er ihren Namen beinahe schon. Sie atmete genervt aus und kam auf einmal in unsere Richtung.

»Ich hab es ja verstanden. Mr. Unahbar-Eiskalt möchte alleine sein«, zwitscherte sie gutgelaunt, man konnte jedoch trotzdem hören, dass sie verletzt war. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als ich ihre Stimme hörte, doch ich versuchte es zu verdrängen. Es ging mich nichts an, ich war nicht Teil ihres Rudels. Und das waren Rudelangelegenheiten. Aber warum hatte ich dann das Gefühl, dass es mich doch etwas anging?

»Kommt, ich führe euch ein wenig herum.« Mit diesen Worten nahm sie meine Hand und zog mich mit sich. Zuerst stolperte ich ihr nur hinterher,doch ich hatte mich schnell wieder gefangen. »Liam brauch ein wenig Zeit für sich. Anstatt dich so zu 'behandeln', hätte er mal lieber selber laufen gehen sollen. Es tut mir wirklich leid, was er getan hat. Er handelt manchmal sehr impulsiv. Das geht an euch beide. Keine Ahnung was ihn da geritten hat.« So leise, dass es sie es anscheinend nur zu sich selber sagte, fügte sie noch: »Arsch«, hinzu.

Ich hatte keinen Plan, wo sie uns hinführte, geschweige denn davon, wo wir alles vorbei kamen, doch ich war ihr sehr dankbar, dass sie meine Hand nicht losließ. Denn, sind wir mal ehrlich: Wenn Dan meine Hand nehmen würde oder ich mich an ihn klammern würde, würde das schon komisch aussehen. Doch mit ihr an meiner Seite spürte ich nur die fragenden Blicke auf mir, keine 'Was-Treiben-Die' Blicke oder 'Ihr-Seid-Hier-Nicht-Erwünscht' Blicke.

»Also, wenn ihr den Weg hier langgeht, kommt ihr zu den Familienhäusern, der andere führt zum Festplatz. Die Wächter wohnen am Rand und unser Haus, in dem ihr auch untergebracht seid, bis auf weiteres, befindet sich, den Weg hier runter und dann links.«

Ich stand neben ihr und fühlte mich überflüssig. Aber das war ein Gefühl, dass mich schon seit ich denken konnte, begleitete. Es gab für mich keine geeignete Wegbeschreibung. Ich brauche immer jemanden, der mich leitet, der mir sagt, wo ich lang laufen muss. Es gibt nur wenige Leute, denen ich so sehr vertraute, dass sie mich so durch die Welt führen dürfen. Und es war nur noch Dan übrig.

Doch komischerweise fühlte ich mich neben Caitlyn wohl, ich vertraute ihr und ich kannte sie erst geschätz fünfzehn Minuten.

»Achtung, vor dir ist eine Laterne«, flüsterte mir Dan ins Ohr und drückte mich etwas nach links. Okay, Caitlyn machte ihren Job als meine Führerin nicht ganz so gut, wie Dan, aber er hatte auch schon 20 Jahre Erfahrung darin.


Blind MateWhere stories live. Discover now