"Ich liebe dich!"

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Als ich aufwachte war es dunkel. Nur ein kleines Nachtlicht ließ mich erkennen wo ich mich befand. Langsam setzte ich mich auf. Ich war in einem gemütlich eingerichteten Zimmer. Ikea-Schränke und ein Fernseher standen auf der gegenüber liegenden Seite des Zimmers, ein Glasschrank mit Chips und Süßigkeiten gefüllt stand daneben in der Ecke. Rechts auf einem roten Sofa unter einem Fenster lag Niall, sein leises Schnarchen war das einzige Geräusch was ich hören konnte. Ich selbst lag auf einem breiten, weiche  Bett. Sehr bequem bemerkte ich und kuschelte mich tiefer in ein dickes Kissen. Doch nicht nur an den Kissen lag es, dass es so bequem war.

Denn neben mir lag Liam, so nah dass ich sein Gesicht fast berührte. Seine Stirn war gerunzelt im Schlaf. Vorsichtig kuschelte ich mich an ihn und legte seinen Arm um meine Schultern. Als ich zu ihm hochblickte sah ich, dass er jetzt angefangen hatte zu lächeln. War er wach? Ich betrachtete ihn genau. Seine Nase, seine langen Wimpern, sein kurzes Haar... er sah so perfekt aus. Wenn wir jemals hier rauskommen würden, würde er mich überhaupt noch beachten? Ich wünschte es mir so sehr. Er gehörte zu mir. Mit ihm hatte ich meinen ersten Kuss gehabt, noch nie war ein Junge mir so nah gewesen. Mit ihm konnte ich lachen, er beschützte mich, er war mutig und stark. Und er ließ mein Herz jedesmal, wenn ich ihn sah, losbummern und meinen Atem schneller gehen. Nur wegen ihm musste ich nicht die ganze Zeit an unsere Entführer denken. Ich liebte ihn. Noch nie hatte ich es ihm gesagt. Aber ich wusste das es stimmte.

Leise beugte ich mich vor, küsste seine Wange und flüsterte ihm ins Ohr: "Ich liebe dich!" Es hörte sich so gut an, dass zu sagen. Ohne lange zu überlegen sagte ich es nochmal. "Ich liebe dich Liam. Ich liebe dich so sehr!" Mit einem Finger strich ich vorsichtig über seine Wange bis zu seinem Hals und sah, wie er eine Gänsehaut bekam. Ich musste schlucken. War er wach? Aber Liam atmete gleichmäßig weiter. Erleichtert atmete ich auf. Ob er mir auch einmal sagen würde, dass er mich liebte? Liebte er mich? Konnte er mich überhaupt lieben? Ich hatte mich seit Wochen nicht mehr im Spiegel gesehen und auch schon seit Wochen seinen gammeligen Pulli an. Geduscht hatten wir auch nur ein paar mal. Mist. Schnell wollte ich aufspringen, aber eine Hand hielt mich fest. Ich blickte zum Bett und sah wie Liams Blick sich schon wieder verdunkelt hatte. Seine Hand hielt meine fest umklammert. Ich grinste. Obwohl er schlief wollte er mich nicht gehen lassen? Mein Herz wurde warm umd schmolz dahin wie Schokolade auf einem Ofen. Vorsichtig versuchte ich ihm meine Hand zu entziehen, aber Liam ließ mich immer noch nicht los. Seufzend beugte ich mich zu ihm und küsste langsam seinen Hals. Liam seufzte im Schlaf und ich musste mich echt beherrschen, den Mix aus Lachen und "Wie süüß!" nicht laut heraus zu schreien. Meine Lippen fanden seine und küssten sie sanft. Langsam aber sicher lockerte Liam seinen Griff. Nach einem weiteren Kuss brummelte er irgendetwas und ich konnte meine Hand endlich befreien. Meine nackten Füße liefen auf dem kalten Boden entlang, ich war darauf bedacht, kein Geräusch zu machen. Leise ging ich im Zimmer entlang. Was ich noch garnicht gesehen hatte, war eine halb geöffnete Tür von einem kleinen Raum innerhalb des Zimmers.

Ich tastete mich durch den Türrahmen nach dem Lichtschalter. Das Licht flackerte kurz und erhellte dann den Raum: Es war ein Badezimmer. Ein Stein fiel mir vom Herzen und ich ließ mich erleichtert mit dem Rücken an der Wand zu Boden sinken. Ein Badezimmer! Ich seufzte einmal kurz glücklich und sprang dann sofort wieder auf, um die Tür zu schließen. Einen Schlüssel gab es nicht, aber ich hoffte einfach dass die Jungs nicht reinkamen. Schnell schlüpfte ich aus meinem Pullover und meiner Unterwäsche. Dann stellte ich mich unter die kleine Dusche, stellte das warme Wasser an und fing fast an zu jubeln. Wärme umhüllte meinen ganzen Körper und ich fühlte mich, als ob der ganze Schmutz und Schmerz von mir abgewaschen würde. Feuchter Nebel waberte durch das ganze Badezimmer. Meine Augen waren geschlossen und mit meinen Fingern tastete ich nach einem Duschgel. Als ich eines gefunden hatte nahm ich eine ganze Hand voll und seifte mich von oben bis unten ein. Es roch gut, nach Minze und noch irgendetwas anderen. Genauso hatte Niall gerochen. Stimmt, ich war ja in seinem Zimmer, dann war das hier offensichtlich sein Shampoo. Ich weiß nicht, wie lange ich duschte, aber ich konnte einfach nicht aufhören. Als ich dann doch endlich das Wasser abstellte und aus der Dusche trat, fühlte ich mich wie neugeboren. Alle Ängste waren mit dem Shampoo in den Abfluss gespült worden. Glücksgefühle durchströmten mich. Wie sehr ich eine vernünftige Dusche vermisst hatte! Mit einem Handtuch, das über der Dusche gehangen hatte, rubbelte ich mich ab. Dann blickte ich seit Wochen in den Spiegel. Und erschrak. Mein ganzes Gesicht war schmaler und blasser geworden und unter meinen müde blickenden Augen lagen Schatten. Erschrocken fuhr ich mir durch meine Haare, die nass und strubbelig auf meinen Schultern lagen. Dabei rutschte mein Handtuch ein Stück nach unten und ich merkte, dass ich dringend etwas zum anziehen brauchte. Mein Blick fiel auf einen Schrank neben dem Spiegel. Ich öffnete ihn und zog einen weichen Pulli und eine schwarze Leggins und einen weißen BH hervor. Der gehörte bestimmt nicht Niall... Ich musste grinsen, zog aber trotzdem schnell die Sachen an und fühlte mich zum ersten Mal seit langem komplett. Meine Haare föhnte und kämmte ich, sodass sie mir weich und locker auf den Rücken fielen.

Völlig erleichtert und losgelöst schloss ich die Badezimmertür und krabbelte wieder zu Liam ins Bett. Ich war nur noch müde und erschöpft. Also kuschelte ich mich dicht an Liams Brust und schloss die Augen. Langsam aber sicher döste ich ein. Aber mein Gehirn war schlagartig wieder hellwach als Liam sich neben mir bewegte. Er brummelte irgendetwas. Auf einmal spürte ich eine raue Hand an meiner Wange und unterdrückte ein Zusammenzucken. "Manu?" flüsterte Liam, aber ich war zu müde um zu antworten. Stattdessen seufzte ich nur. Ich hörte ihn leise lachen. "Warum lachst du?" murmelte ich, ohne die Augen zu öffnen. "Egal, ich..." Er stockte als seine Finger durch meine Haare fuhren. "Hast du geduscht?" fragte er erstaunt. "Hmm..." erwiderte ich nur und lächelte. Mit einem Ruck fasste Liam unter meinen Rücken und drehte mich um, so dass mein Gesicht zu ihm gewandt war. Ich unterdrückte ein Kreischen. Er drückte mich fest an sich und vergrub sein Gesicht in meinen Haaren. "Die sind so weich!" murmelte er in mein Haar hinein. Seine Hand strich mir ein paar Strähnen aus dem Gesicht. Ich wusste, mit jedem Satz den er sagte, verliebte ich mich ein Stück mehr in ihn. Vorsichtig befreite ich mich aus seiner Umarmung und setzte mich auf seinen Bauch. Liam schaute mich genau an. In seinen Augen lag fast schon etwas.... bewunderndes. "Du siehst so schön aus!" flüsterte er erstaunt. Meine Wangen färbten sich rot. Anstatt einer Antwort beugte ich mich zu ihm und küsste ihn. Mit all meiner Liebe.

EntführtWhere stories live. Discover now