das Vater unser

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Das Vaterunser und seine Verdunklung durch die Kirche

Jesus von Nazareth lehrte ein Gemeinschaftsgebet, das wir »Vaterunser« nennen. Dabei sollten die Menschen nicht »plappern wie die Heiden«, wie es Jesus sagte (Matthäusevangelium 6, 7). Wie sieht aber die Praxis aus, wenn der Priester rät oder dem Gläubigen als angebliche "Bußleistung" anordnet, dass mehrere Vaterunser hintereinander gebetet werden sollen? Und was ist aus den ursprünglichen Inhalten des Gebets geworden?Das Vaterunser ist wohl das bekannteste Gebet in der westlichen Welt, und selbst vielen Kirchenfernen oder Atheisten sind die Worte, die aus dem Matthäus- und dem Lukasevangelium der Bibel stammen, geläufig. »Und führe uns nicht in Versuchung!« heißt es dort zum Beispiel. Doch hat Jesus wirklich so zu Gott gebetet? An anderen Stellen der Bibel heißt es nämlich, dass der »Teufel« der Versucher ist und dass Gott von der Versuchung befreit. Oder ganz klar: »Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde.« So steht es im Jakobusbrief der Bibel (1, 13) und: Gott selbst »versucht niemand«. Deutliche und unmissverständliche Worte. Dennoch betet die Christenheit in den kirchlichen Konfessionen bis heute zu Gott »Führe uns nicht in Versuchung«. Aber warum – wenn doch Gott sowieso niemanden in Versuchung führt?

An und für sich wäre es kein Problem, wenn das Vaterunser-Gebet in christlichen Gemeinschaften mit jeweils etwas anderen Worten gebetet würde. Denn entscheidend sind nicht die Worte als solche, sondern das, was der Beter in diese Worte an Inhalten, also an Gedanken, Gefühlen und Empfindungen hinein legt. Wort für Wort vorformulierte Gebete sind deshalb oft unbeseelt und kraftlos; und zwar dann, wenn sie nicht mit dem Herzen gebetet werden, sondern allenfalls mit dem Verstand oder nur mit den Lippen. Da aber manche Menschen auch gerne ein gemeinsames Gebet laut miteinander sprechen möchten, käme es für diesem Fall darauf an, die gesprochenen Worte auch mit Leben zu erfüllen.

Unter Freien Christen haben sich dabei nachfolgende Worte eingeprägt. Sie stammen sinngemäß aus dem antiken apokryphen Evangelium Das Evangelium Jesu, das im Jahr 1902 als »Neu-Offenbarung« durch Prophetie gegeben wurde sowie aus der Erklärung dazu aus der Botschaft aus dem All Das ist Mein Wort (Verlag Das Wort, Marktheidenfeld 1991, S. 181ff.)

Vater unser, der Du bist im Himmel Geheiligt werde Dein Name Unser Reich kommt Dein Wille geschieht Wie im Himmel, so auf Erden Unser tägliches Brot gibst Du uns heute Und vergibst uns unsere Schuld Wie auch wir vergeben unseren Schuldigern Du führst uns in der Versuchung Und erlöst uns von dem Bösen Denn unser ist das Reich Und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit

Vater unser, der Du bist im Himmel, geheiligt werde Dein Name beten Urchristen heute, wobei man bei dem Wort »geheiligt« nicht an äußeren Kult und Zeremonien denkt, bei denen der Namen »Gott« möglichst feierlich ausgesprochen wird. Es geht um eine »Heiligung« durch unser Tun, durch unsere Worte, unsere Empfindungen und Gedanken. Wer also den Namen Gottes ausspricht, sollte ihn dadurch »heiligen«, dass er die Gebote Gottes, also z. B. die Zehn Gebote, hält. Oder dass er an sich arbeitet, damit ihm dies immer besser gelingt. So würde er Gott in seinem Leben die Ehre geben.

Manchmal beten Freie Christen auch Geheiligt ist Dein Name. Mit diesem Satz wird betont, dass der Gottesname "geheiligt" ist, weil auch der Namensträger, Gott, allein heilig ist, wie es auch an manchen Stellen der Bibel steht (Offenbarung 15, 3-4; 1. Samuel 2, 2). Jesus von Nazareth betete auch zum "heiligen Vater" (Johannes 17, 11), zu Seinem Vater im Himmel. Die Kirche jedoch nennt stattdessen ihren Papst "Heiliger Vater", im krassen Gegensatz zu Jesus von Nazareth, der mahnte: "Auch sollt ihr niemand auf Erden euren Vater nennen", ihm also das Wort "Vater" als eine Art "geistigen Titel" verleihen, "denn nur Einer ist euer Vater, der im Himmel." (Matthäus 23, 9)

Dein Reich komme , so die Vaterunser-Worte in den Kirchen. Doch in das Wort "Dein" wird in den Kirchen auch die scheinbare Ferne dieses Reiches hinein gelegt, der Abstand zu uns Menschen. Als gäbe es dieses Reich nur in einer fernen Welt bei einem weit entfernten Gott. Und als könnte es nicht auch bei uns Menschen auf der Erde Wirklichkeit werden. Unser Reich kommt heißt es deshalb meistens bei Urchristen. Es ist zwar »Sein«, das heißt Gottes Reich. Doch Er möchte es ja mit uns teilen. Das heißt: Es soll bevölkert sein. Und so lehrt Jesus, dass es durch Menschen, die Gottes Willen tun, auf die Erde kommt (siehe z. B. Matthäusevangelium 5, 5). Auf diese Weise wird es auch zu »unserem« Reich. Dann wird der Mensch mit seinen Mitgeschöpfen und der Natur in Frieden und Eintracht leben, wie es die Propheten Jesaja und Joel schon vor über 2500 Jahren vorausgesagt haben. (Jesaja 11, 6-9; Joel 2, 21-27) Dein Reich komme , so also die Worte in den Kirchen, die man zwar mit den gleichen Inhalten füllen könnte wie Unser Reich kommt, weswegen die Unterscheidung hier nicht unbedingt geboten ist. Doch werden sie von Theologen vielfach so gedeutet, dass es eben nicht »unser« Reich sei, sondern ausschließlich »Sein« Reich. Wir könnten nämlich angeblich nichts dazu tun, denn wir seien und blieben Sünder, und wir könnten nur hoffen, dass das Reich Gottes uns eines Tages von außerhalb, d. h. von den Himmeln her, geschenkt würde. So aber wird gezielt verfälscht und verdunkelt, was Jesus von Nazareth uns nahe brachte. Er lehrt es anders. Er sagt, dass wir uns sogar bis zu der »Vollkommenheit« entwickeln könnten (Matthäus 5, 48), wenn wir nach Seinen Geboten leben. Theologen halten dies jedoch für Utopie und widersprechen auch hier dem Mann aus Nazareth. Doch Jesus erzählt ein Gleichnis, das deutlich macht, wie das Reich Gottes auf der Erde allmählich Gestalt annimmt. »Das Reich Gottes«, so Jesus, »gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte; das ist das kleinste unter allen Samenkörnern; wenn es aber gewachsen ist, so ist es größer als alle Kräuter und wird ein Baum, so dass die Vögel unter dem Himmel kommen und wohnen in seinen Zweigen« (Matthäus 13, 32). So kann allmählich auch der einzelne Mensch seinen Charakter und sein Bewusstsein weiter entwickeln, denn das Reich Gottes ist auch »´inwendig' in euch« (Lukas 17, 21). Und hat dieses Reich in uns Wurzeln geschlagen, dann zeigt sich das auch in der Tat, so dass wir für andere da sein können bzw., mit den Worten des Gleichnisses gesprochen, "die Vögel unter dem Himmel kommen und wohnen in seinen Zweigen".

Das wahre Vater unserWhere stories live. Discover now