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Henry schob mir einen Zettel zu:
"Du hast eine total schöne Stimme. Übrigens bin ich 16 Jahre alt." Ich flüstreste ihm ein "Danke!" zu, dann war er an der Reihe. Es sang das Lied "80 Millionen" von Max Giesinger und begleitete sich mit dem Klavier. Seine Stimme war für einen Jungen relativ hoch und sehr weich. Es kam mir vor, als würde er nur für mich singen.

Nachdem alle 18 Jugendlichen gesungen hatten, ergriff Florentina wieder das Wort: "Ihr habt alle wirklich gut gesungen. Die Stunde ist fast vorbei. Nächste Woche fangen wir mit Duetten an, aber ich möchte die Pärchen jetzt schon einteilen. Dieses Mal dürft ihr eure Partner noch selbst aussuchen, nächstes Mal mache ich das. Also, Zweiergruppen, am besten immer ein Junge und ein Mädchen." Henry sah mich an. "Wir zwei?", fragte er und ich nickte. Da stolzierte Emy in unsere Richtung. An Henry gewand sagte sie: "Du singst wirklich super, unsere Stimmer passen perfekt zusammen. Ich muss wohl nicht fragen, ob wir zu zweit singen." Sie klimperte mit den Augen und zog ihr rosanes Top noch ein bisschen weiter nach unten, sodass ihr Ausschnitt noch größer wurde. Doch das schien Henry nicht weiter zu interessieren. Seelenruhig antwortete er: "Nein, sorry, ich hab schon eine Partnerin." Dann nahm er meine Hand und wir gingen aus dem Gesangsraum.
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Jetzt hatten wir Pause. Henry und ich gingen, immernoch Hand in Hand, in den Hinterhof, wo wir Cassandra trafen. Sie textete mich damit zu, wie toll den ihr Tubaunterricht gewesen war. Sie stockte, als sie unsere Hände sah und blickte mich fragend an. Ich schüttelte kaum merklich den Kopf. Nein, wir waren nicht zusammen. Noch nicht. Jemand tippte mich an der Schulter an. "Kann ich bitte mal kurz mit dir reden?", fragte Emy mit einem zuckersüßen Lächeln aus dem Gesicht. "Klar", antwortete ich knapp und folgte ihr in das Gebäude hinein.
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"Was gibt's?", fragte ich in so sachlichen Ton, dass man mich wirklich gut kennen musste, um zu merken, dass ich sie nicht leiden konnte. "Was es gibt? Gar nicht. Dir sollte nur klar sein, dass es sich nicht gehört, sich an Jungs ran zu machen, die schon vergeben sind." "Falls du von Henry redest, er hat eine Freundin?" Das überraschte mich wirklich. Ich hatte ihn nicht für die Art Jungen gehalten, die mit anderen Mädchen flirten, obwohl sie eine Freundin haben. "Hör mal zu, Kleine. Henrys Mutter ist die beste Freundin von meiner Mum. Es ist praktisch vorherbestimmt, dass wir zusammen kommen." Ich musste ein Lachen unterdrücken. "Ich würde sagen, das entscheidet Henry selbst. Wenn du mich entschuldigen würdest." Mit diesen Worten ging ich.

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