{1} - Der erste Augenblick

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Tom.

Er musste zugeben das ihm das aufgesetzte Lächeln an diesem Tag besonders schwer fiel. Nicht das es an anderen Tagen besonders leicht für ihn war, nur schien er es sonst besser unter Kontrolle zu haben. Seine gesamte Anstrengung lag in diesem Augenblick darin, seine perfekt aufgebaute Fassade nicht bröckeln oder gar einstürzen zu lassen.

Es war nicht so, dass es besonders schwer für ihn war, seine Maske perfekt zu formen, so das alle zu ihm aufsahen. Er war charmant, konnte Leuten Honig um den Mund schmieren, ohne das es schleimig klang.

Er hatte keinerlei Übung dafür gebraucht. Es war ein Talent gewesen, was ihm schon von Geburt an geschenkt wurde. Ein Talent, welches er wusste in den passendsten Momenten einzusetzen und da diese Momente generell eigentlich immer waren, hatte er diese Maske, dieses charmante und freundliche, niemals abgelegt, auch wenn ihm bewusst war, dass es in seinem Inneren ganz anders aussah.

Tom konnte sich in jeder erdenklichen Sekunde so benehmen, wie es zu seinem Vorteil war. Er konnte sich bei generell jedem beliebt machen, einfach deshalb weil er etwas unglaublich faszinierendes an sich hatte. So sehr, das man es nicht einmal in betracht zog, ansatzweise neidisch auf ihn zu sein oder zu glauben das er so, wie er war, eigentlich nicht echt war. Er hatte eine Art die Menschen in seinem Umfeld zu begeistern und ihr Fehler war es, Tom so unfassbar schnell und Blind zu vertrauen.

Er war ein äußerst guter Schauspieler und all die anderen waren sein Publikum, seine Fans, die keinerlei verdacht schöpften. Eben deshalb, weil er so verdammt gut darin war sich selbst vor anderen zu verstellen. Er konnte sich so formen, wie es für den Moment angebracht war. Er war perfekt, in allem was er tat.

Heute jedoch schien alles, was er bisher so mühevoll verborgen hatte, an die Oberfläche zu wollen. Nicht das er es jemals zugegeben hätte. Diese Tatsache hätte nur schwach gewirkt und er war wohl der Letzte, welcher schwach war.

Elegant schritt er durch den vollen Speisesaal, wobei er wusste, dass alle Schüler, egal welchen Hauses zu ihm herüber sahen. Seine Mundwinkel zuckten leicht, er musste sich zusammenreißen.

Vielleicht fiel es ihm deshalb so schwer, nicht weil er so viel Aufmerksamkeit bekam - Oh nein, gewiss nicht deshalb -, sondern eher, weil er so lange schon vor ihnen gespielt hatte. Er hatte stets den freundlichen, charmanten Vertrauensschüler gegeben. So lange schon hatte er sein wahres Ich vor all diesen Menschen versteckt. Er musste es tun, er brauchte Vertraute, Anhänger und deshalb mussten sie ihm alle erst einmal vertrauen. Sie sogar ein klein wenig von sich abhängig machen, bevor er sich so zeigen konnte, wie er wirklich war.

Insgeheim -es war recht seltsam, dass er sich dies zu diesem Zeitpunk selbsteingestand - wusste er jedoch, dass er es nicht mehr lange durchhalten würde. Zu lange hatte er seine Wut, seine Dunkelheit, seinen Hass verborgen. Er hoffte nur das, wenn es passierte, niemand davon mitbekam. Er musste aufpassen, dies wusste er. In solchen Zeiten durften die Anderen keine Angst vor ihm haben, zumindest...jetzt noch nicht.

"Du kommst spät" Sprach ihn ein blonder Junge an, welcher gerade den leeren Teller von sich schob und aufmerksam zu ihm aufblickte.

James Avery war einer von vielen, welcher sich als Tom Riddles Freund ansah, aber nur einer von wenigen, welchen dieser, mehr oder weniger, auch als diesen anerkannte.

Es war nur klar, dass Tom an sich keine Freunde hatte, nicht weil er es nicht wollte oder konnte, sondern weil er sie an sich nicht brauchte. Er brauchte keine Freunde, er brauchte nur Menschen die ihm loyal waren, zu ihm aufsahen und hinter ihm standen. Freunde waren gleichgestellt und er wollte sicherlich nicht mit jemanden wie Avery oder den anderen gleichgestellt werden.

Tom nickte auf Avery Feststellung hin und verbarg dabei die Wut über die leichte Unverschämtheit des Jungen.

"Ich hatte noch etwas zu erledigen" Antwortete er deshalb nur knapp und setzte sich zwischen ihm und einem schwarzhaarigen lockenköpfigen Jungen, welcher dem kurzen Gespräch aufmerksam gefolgt war.

Riddle {Tom Riddle}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt