2.

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Nachdem wir einen Abstecher bei Beans&Books gemacht hatten und nun beide mit einem warmen Becher Latte in der Hand Richtung Gebäude gingen, sah Theo immer wieder prüfend zu mir. Wahrscheinlich hatte er Sorge, dass er mich mit dem Gespräch über meine Mum sauer gemacht hatte. Nun ja, ich klatschte deswegen nicht vor Freude in die Hände, aber Theo konnte man einfach nicht böse sein, deswegen lächelte ich ihn beruhigend an.
Doch mein Lächeln verblasste, als ich nach vorne sah und Jackson auf uns zukam. 
Jackson war mit Abstand der schmierigste Typ im ganzen College, musste sich von mehr als 2000 Studenten unbedingt mich und Theo rauspicken und somit ging er uns nun seit Semesterbeginn auf den Geist.

"Einen wunderschönen Guten Morgen", säuselte Jackson, als er vor uns zum stehen gekommen war. "Du siehst bezaubernd aus, Savannah", fügte er hinzu und musterte mich mit seinem ekelhaft stechenden Blick. Ich musste mich zusammenreißen, um mein Gesicht nicht zu verziehen.
"Morgen", nuschelten Theo und ich gleichzeitig. Mein Blick klebte dabei dauerhaft auf dem Plastikdeckel meines Kaffeebechers, da ich seinen Anblick einfach nicht ertrug.

Als ich doch einen kleinen Blick wagte — aus Höflichkeit— erschauderte ich, zwang mich aber zu einem freundlichen Lächeln, welches aber wahrscheinlich aussah wie eine Grimasse.
Sein Haar glänzte wie ein Metallhelm, da er einer der Menschen war, die sich gleich fünf Tuben Haargel auf einmal in die Haare schmierten. Sein Gesicht war übersät mit Pickeln, sodass er einem Streuselkuchen glich. Wie jeden Tag hatte er einen braunen Pullunder und darunter ein weißes Hemd an. Die schwarze Faltenhose rettete seinen Look nicht, sie verschlimmerte ihn. Und dann diese Schuhe... Seine Füße steckten in glänzenden Lackschuhen, die bei jedem Schritt unangenehm quietschten. Da seine Hosen zu kurz waren, blitzten seine rot karierten Socken hervor. In seiner Hand hielt er ein Buch und seine Hornbrille rutschte ihm ständig runter.

"Ich habe gehört, dass du in ein paar Tagen Geburtstag hast", fing er an und ich ahnte schon das schlimmste. Vor allem wüsste ich zu gerne, wie er davon Wind bekommen konnte. Theo und ich waren hauptsächlich nur zu zweit unterwegs. Also gab es niemanden, der noch davon wusste.
"Äh...ja das stimmt", murmelte ich und schluckte leicht.
"Du feierst doch bestimmt, nicht wahr? Ich dachte, ich komme einfach mal vorbei. Wir haben zuhause noch einen exzellenten Merlot rumstehen und-"
"Nein", unterbrach ich ihn viel zu hastig, räusperte mich, um meine Panik zu überspielen und fügte etwas versöhnlicher hinzu:" Ich wollte den Tag mit meinem Dad verbringen. Selbst Theo kommt nicht", log ich und spürte das schlechte Gewissen aufkommen.

Dad hatte mir Lügen immer verboten und wenn er mich doch mal dabei erwischt hatte, nahm er mir immer mein Lieblingsbuch weg. Eine Geschichte über einen kleinen Bär der die Welt erkundete. Für einen Außenstehenden mochte es vielleicht lächerlich klingen, doch ich hatte dieses Buch als kleines Kind vergöttert. Es war mir so wichtig, dass ich es immer unter mein Kopfkissen gelegt hatte, es mit zum Essen nahm und auch mit in den Kindergarten. Aus diesem Grund traute ich mich noch nicht mal das Wort 'Lüge' in den Mund zu nehmen. Denn er wusste, dass ich das zerfledderte alte Buch immer noch besaß und ich wusste, dass er es mir immer noch wegnehmen würde.
"Oh, Schade. Ich wäre gerne vorbeigekommen", sagte er enttäuscht und zog seine picklige Stirn kraus. Ich ertappte mich dabei, wie ich ihn anstarrte und dabei wahrscheinlich kein angemessenes Gesicht machte. Also räusperte ich mich erneut, blickte angestrengt auf meine Armbanduhr und sah dann wieder in sein Gesicht.

"Unser Seminar fängt gleich an. Entschuldige", quetschte ich hervor, schnappte mir Theos Hand und lief mit ihm an Jackson vorbei. Dabei wurden wir von seinem zu starken Aftershave eingenebelt und ich hielt instinktiv die Luft an.
"Was würde Henry wohl denken, wenn er wüsste das du gelogen hast?", spekulierte Theo, nachdem wir eine gewisse Distanz zu Jackson aufgebaut hatten, grinste dabei aber frech, da er mich eh nur aufziehen wollte.
"Er wird gar nichts denken, weil er es niemals erfahren wird. Außerdem war es eine Notlüge", verteidigte ich mich und verzog die Lippen dann zu einem Lächeln. "Oder willst du etwa das Jackson unsere Traditionen zunichte macht?"
"Nein, auf gar keinen Fall", versicherte er mir und nippte an seinem Kaffee.

J A X X || gxg || Leseprobe Where stories live. Discover now