Kapitel 25:

826 47 71
                                    

Langsam ging ich zu beiden, lief in kleinen Schritten, obwohl dies nur alles verzögerte. Ich musste so oder so seine Hand schütteln und sein abscheuliches Männerparfum einatmen. Als ich vor Kyle stand und seine dreckige Hand ergriff, war es, als würden mich elektrische Ströme fassen. Augenblicklich fing ich leicht an zu zittern und biss meine Zähne hart aufeinander.

„Mr. Lancester”, knirschte ich leise  und blickte nur kurz in seine Augen, denn sonst würde ich die jetzige Situation  nicht überleben. Das perfekte Lächeln, das ich über Jahre einstudiert hatte, hatte ich wieder nutzen müssen, um meine Angst und Unsicherheit verstecken zu können. Doch es glich nicht dem der Brunette. Nein, ich hatte dieses Lächeln meinem echten gleichsetzen wollen, sodass man den minimalen Unterschied nicht erkennen konnte, denn einflussreiche Familien achteten besonders auf die Mimik.

„Setzen Sie sich doch”, sagte der Mistkerl und ich hatte tatsächlich keine andere Wahl, als mich neben Kyle zu setzen. Wayne hatte uns beobachtet, doch ich konnte aus seinem Blick nicht entziffern, was er dachte. Er schaute kurz zu meinem Umschlag, den ich zu verstecken versuchte. Vielleicht war der Zeitpunkt nicht der richtige. Ich setzte mich hin und auch Kyle setzte sich hin. Sein Geruch drang in meine Nase und ich musste blinzeln, um meine Tränen wegkämpfen zu können. Auch Wayne hatte inzwischen seinen Platz eingenommen und verschränkte seine Hände ineinander.

„Mr. Lancester und ich haben gerade über sie geredet..."

Ein Schauder fuhr meinen Rücken entlang und ich hielt mich mit der linken Hand an der Stuhllehne fest, ließ ich mit meiner rechten meinen Umschlag in meiner Tasche verschwinden. Das musste warten.

„Sie hatten vor einigen Wochen ein Projekt erwähnt, das sie gerne umsetzen wollten und Mr. Lancester würde sie gerne dabei unterstützen!"

Hatte ich schon einmal erwähnt, dass meine Welt untergehen würde? Denn das übertraf gerade alles. Ich blinzelte und mein Herz klopfte heftigst. Nein...

„Ich dachte nur hier wäre es etwas unangemessen, das ganz Programm zu besprechen, weswegen wir alles bei einem Dinner besprechen können, das ich Ihnen ohnehin schon schulde. "

Abermals überlege ich mir die Flucht zu ergreifen, denn die Lage schien mir in keinster Weise angenehm. Kyle warf Wayne nun einen finsteren Blick zu, den meinem Chef gar nicht zu kümmern scheint,  den dieser schaut mich ernst an. Ich lächelte erneut gekünstelt und blickte auf meine Hände, die ich aufeinander gefaltet hatte.

„Gute Idee”, presste ich aus und blickte in die wunderschönen Augen meines gegenübers. Er lächelte, doch seine Augen lachten nicht. Es war, als wüsste er, dass ich seine Idee nicht mochte.  Doch ihm scheint es nicht wichtig zu sein, was sich anhand seiner nächsten Worte bestätigte.

„Ich werde ihnen den Termin zukommen lassen, Mrs. Harvey.”

Ich nickte leicht und erhob mich, schaute unsicher von meinem Chef zu Kyle. Wayne griff nach dem Telefon und legte den Hörer an sein Ohr.

„Bringen sie bitte zwei Gläser und einen besonderen Whisky.”

Ich hielt in meiner Bewegung inne und blickte meinen Chef an, der lächelnd auflegte und mich wie Luft behandelte, denn sein Blick lag nun auf Kyle.

„Erzähle mir wie es in Australien war!”

Ich blinzlelte. Kyle und Wayne waren befreundet? Mehr als nur gut befreundet! Kyle, dessen Mundwinkel leicht zuckten, wandte seinen Kopf kurz zu mir. Schnellen Schrittes verließ ich sein Büro und ging hektisch in den Aufzug. Als sich die Aufzugstüren schlossen, griff ich nach dem Umschlag und presste meine Lippen aufeinander. Egal wenn ich auch nur kündigte, Kyle würde nach mir suchen. Er hasste es, wenn er keine Kontrolle besaß und mir wurde erst jetzt wirklich klar, dass er seine Gründe hatte, dass er nicht ohne Grund gekommen war. Ich schloss meine Augen, denn allein schon der Gedanke, an ihn, machte mich fertig. Egal was für ein Schwächling ich war, ich konnte keineswegs so schnell wie er rennen und ich würde es auch niemals können. Ich zitterte und lehnte mich an die Metallwand. Mein Lippe zitterte heftigst. Es viel mir schwer zu atmen. Was hatte ich getan, dass ich so ein Schicksal verdiente? Warum? Warum ich? Gut, ich würde dies niemanden wünschen, denn das war die persönliche Hölle. Es war mein persönliches Leid, das ich jeden Tag mit Mark und Knochen spürte. Doch wieso? Wieso bloß?!

„Weil du nichts bist.”

„Nicht mehr, nicht weniger”, wisperte ich mir selbst zu und merkte, dass niemand hätte tiefer sinken können. Denn ich war hoffnungslos. Mein Leben war hoffnungslos.

Beim Büro angekommen, musterte ich Kate, die grimmig auf der Tastatur hämmerte. Sie war schon die letzten Tag mies drauf. Ich runzelte die Stirn.  Es kam mir so, als würde sich eine Gewitter über ihrem Kopf befinden.

„Dir wurde ein Brief da gelassen, mit einem Korb”, murmelte mein schlecht gelaunte beste Freundin.

„Ist...w-”

„Männer sind alle Arschlöcher”, fügte sie murmelnd hinzu und stand auf, um sich wahrscheinlich einen Kaffee zu machen. Ich blinzelte und ging langsam auf meinem Arbeitsplatz zu. Was war bloß mit ihr los? Vielleicht würde ihr eine Tasse heiße Schokolade wieder Freude bereiten. Ich lächelte. Ja, vielleicht konnte ich sie dazu überreden.

Ich blickte auf den Korb, indem sich lauter teure Pralinen befanden. Pralinen, die ich vergötterte. Ich schluckte, als ich den goldenen Umschlag öffnete, auf dem nichts verfasst war. Meine Augen wurden groß, als ich links oben den Absender ablas.

Mrs. Harvey,

da ich ihr Verschwinden, bei meiner Ankunft im Büro, nicht deuten konnte, wünsche ich Ihnen dennoch einen guten Start in unserer neuen Gemeinschaft. Ich habe mir zuvor ihre Unterlagen angesehen und war begeistert. Sie zeigen viel Begeisterung, die ich anhand ihrer  zahlreichen und dazu auch sauberen bearbeiten Dokumenten sehen kann.

Ich hoffe auf mehr Zusammenarbeit und wenn sie sich weiter voller Motivation in unsere Arbeit setzen, könnten wir über einen anderen geeigneten Platz in dieser Firma mit Ihnen reden!

Ihr Abteilungsleiter
Mr. Lancester

Ich schluckte und hob den Korb hoch. Es waren tatsächlich meine Lieblingspralinen. Am liebsten hätte ich auf diesen schön gepackten Korb gespuckt, doch bei dem Publikum, das ich gerade hatte, wollte ich diese unhöfliche Geste nicht wagen.  So schritt ich in langsamen und eleganten Schritten an den Arbeitsplätzen vorbei  und blieb vor dem grünen Mülleimer stehen. Wie von alleine ließ meine Hand los, so, als hätte sie es nicht abwarten können.  Vielleicht war ich schwach und naiv, doch auf diese Masche würde ich nicht reinfallen. Das laute Geräusch ließ mich lächeln und Kate angrinsen,  die mich mit dem Kaffee in der hand ungläubig musterte.

Der arme Mülleimer. Nicht einmal der hätte das Gecshenk einer solchen abscheulichen Person verdient.

Unforgettable Where stories live. Discover now