Mein Coming-Out und Tipps

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„Ein Coming-Out hört niemals auf"
Ich gebe diesem Zitat so recht. Dauernd lernt man neue Menschen kennen, denen man sich öffnet.
Ich begann mein erstes Coming-Out ganz ungeplant. Ich war mit einer Freundin auf dem Heimweg, als mir ein Junge hinterherrief, dass er mich liebte. Ob es nur Spaß war oder nicht, weiß ich nicht. Meine Freundin regte sich darüber auf, wie nervig Jungs waren, und das sie gefälligst nicht rumzuschreien hatten wen sie liebten und wen nicht. Wir redeten eine Weile darüber und irgendwann platzte dieser Satz aus mir raus:„Willst du wissen in wen ich verliebt bin?". Ich hasste mich in dem Moment für den Satz, doch heute liebe ich mich dafür, weil es das richtige war. Meine Freundin bejahte die Frage und ich drückte hervor:„In ein Mädchen.". Stille. „Naja, das ist ja auch nicht schlimm, aber das dieser blöde Junge [...].", sie redete einfach weiter, so als wäre nichts gewesen. Verwirrt, aber auch irgendwie glücklich taumelte ich in mein Haus. Obwohl es nicht die beste Reaktion gewesen war, hatte es mich gestärkt.
Am Wochenende danach ging ich mit meiner Mutter ins Kino in den Film „Chick". In diesem Film outete sich ein Junge ganz plötzlich und unerwartet als schwul. Ich sank in meinem Sitz zusammen. Mir wurde bewusst, dass sich mir durch diesen Film eine gute Chance bot, mich meiner Mutter zu outen. Nach dem Film war ich wackelig auf den Beinen und schwitzte vor Angst. Ich fragte meine Mutter, ob sie erwartet hätte, dass er schwul ist. Sie sagte nein, und begründete dies mit lauter Vorurteilen der Homosexualität, die nicht auf diesen Jungen zutrafen. Sie meinte, man würde es merken, wenn Menschen homosexuell sind. Ich fragte sie den Tränen nahe, ob sie es bei mir auch gemerkt hätte. [Ab hier ist es wie ausgelöscht. Alles was ich weiß, ist das sie insgesamt gut reagiert hat]
Ich outete mich immer mehr Leuten. Meist war es unspektakulär, weswegen ich euch einen Teil erspare, und nur das wichtigste erzähle.
Es kam der Tag, an dem ich mich bereit fühlte, mich Meike zu outen. Ich erhoffte mir davon, dass sie auch homosexuell wäre und mir ihre Liebe gestehen würde. Kurz gesagt: Ich erhoffte mir von einem Hetero das unmögliche. Bisher hatten alle gut reagiert, wie würde sie reagieren? Würden meine Träume wahr werden? Nein. Nein. Einfach nein. Sie reagierte so, dass es mir das Herz brach. Sie reagierte nichtmals schlecht, aber auch nicht gut. Sie sagte einfach nur „Ok", und ging wieder. Sie redete nicht mit mir. Lange nicht. Eine Ewigkeit nicht. Eine Woche lang nicht. Ihr werdet jetzt vielleicht lachen, und sagen „Eine Woche? Das ist ja gar nichts!", aber es tut verdammt weh von einer Person die man liebt nicht zu wissen was sie über einen denkt. Nach dieser unglaublich langen Woche, redete sie endlich wieder mit mir, zwar weniger als vorher, aber immerhin.
Ein paar Monate später outete ich mich einer anderen Freundin mit einem Video von Ally Hills (englische lesbische Youtuberin) in dem sie einen Coming-Out Song sang. Meine Freundin antwortete mir mit einem rührenden Video, das sie selber zusammengeschnitten hatte. Ich habe geweint vor Glück akzeptiert zu werden.
Ein wenig später outete ich mich einer damaligen Freundin. Es verlief solide. Ein paar Tage später, sprach mich ein Mädchen an, dem ich mich nicht geoutet hatte. Sie fragte, ob es stimmt, das ich lesbisch sei. In dem Moment schoss mir viel durch den Kopf. „Hat es jemand weitergesagt? Wer hat es weitergesagt? Es kommen nur wenige in Frage... War es... Meike?!". Ich riss mich zusammen und hielt meine Tränen zurück. „Wer hat dir das gesagt?", flüsterte ich. „Kann ich dir nicht sagen, aber ich finde das lesbisch sein nicht schlimm. Ehrlich!". „Wer hat dir das gesagt?", wiederholte ich lauter. Am Ende kam heraus, dass es Gott sei Dank nicht Meike war, sondern eine andere damalige Freundin. Mit
ihr bin ich nicht mehr befreundet, falls ich es je war.

An alle, die ihr Coming noch vor sich haben, hier ein paar Tipps:
-Sucht euch einen ruhigen entspannten Moment aus, in dem ihr mit der Person, der ihr es sagen wollt alleine seit. ODER lasse es nebenbei in ein Gespräch einfließen.
-Lasst euch nicht einreden ihr wärt krank-die,die euch das einreden sind krank.
-Wenn der ein oder andere Freund/Freundin schlecht reagiert, lasst ihnen Zeit! Ihr habt auch Zeit gebraucht um euch zu akzeptieren.
-Wenn eure ELTERN schlecht reagieren, wendet euch an Freunde oder an z.B. „die Nummer gegen Kummer", oder andere Beratungshotlines.
VIEL GLÜCK!

Homosexualität-Mein Weg zur Akzeptanz Where stories live. Discover now