10. Kapitel

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"Das ist doch absolut lächerlich." Grollte Samantha wütend, sobald wir uns weit genug von Devoiras Höhle entfernt hatten. "Orakel hin oder her, dass ist total unsinnig. Slashy steht am Höhepunkt seines Lebens. Welchen Grund hätten wir, ein kerngesundes Sandamer, dass obendrein vor kurzem noch Vater geworden ist, grundlos zu töten?"
Espasa stieß einen Seufzer aus, wagte es aber offenbar nicht, ihrer Anführerin zu widersprechen. Jolt hingegen schon. "Ich würde "In Einen ewigen Schlaf fallen" nicht unbedingt als den Höhepunkt im Leben eines Pokemons bezeichnen. Allerdings könnte man das in der Tat als einen Grund sehen, sein Leben vorzeitig zu beenden."
Ruckartig riss Espasa ihren Kopf herum. "Und was ist mit Blair und Shrewy?" Fauchte sie und funkelte ihn so böse an, dass er die Ohren hängen ließ und schützend die Schultern nach oben zog. "Sind die dir vollkommen egal?!" "Nein..." gab Jolt kleinlaut zu. "Aber Espa, versuch mich zu verstehen. Wenn wir es nicht tun, dann wird Blair sich nur unnötige Hoffnung machen und umso härter enttäuscht werden. Und Shrewy kann mit einem schlafenden Vater auch nicht viel mehr anfangen als mit einem toten."
"Jolt, bei allem Respekt vor deinem Denkvermögen," mischte Samantha sich mit einem leisen Knurren ein. Mir fiel auf, dass ihre Stimme einen spöttischen Unterton hatte. "Ich stimme da eher Espasa zu." Ihre Augen funkelten in der Dunkelheit. "Sobald der Meister wieder unter uns weilt, wird er Slashy problemlos aufwecken können."
"Das mag stimmen." Erwiderte Jolt unnachgiebig. "Aber Samantha, selbst du musst zugeben, dass Devoira soweit ich zurückdenken kann noch nie eine falsche Vorhersage oder einen unsinnigen Rat von sich gegeben hat."
"Ich denke," mischte Espasa sich erneut ein. "dass wir Salazandora um Rat fragen sollten. Sie wird wissen, was zu tun ist."
Ein Schweigen trat ein, und als wir einen etwas breiteren Teil des Ganges erreicht hatten, blieb Samatha stehen.

"Jolt, Espasa, ich bitte um eure ungeteilte Aufmerksamkeit." Knurrte sie mit erhobener Stimme.
"Jolt, ich befehle dir, dich mit Sylv zusammenzuschließen." Wandte sie sich an das Blitza. "Sorgt dafür, dass dieses Mädchen möglichst bald gefangen wird."
"Wieso ausgerechnet mit Sylv?" Warf Espasa dazwischen. Ihre Stimme klang scharf, kalt und auch etwas lauter als sonst. Aber da war noch etwas anderes in ihrer Stimme, nicht nur Hass. Etwas, was ich nicht zuordnen konnte.
Jolt seufzte laut. "Weil Sylv die Suche nach ihr leitet." Meinte er, während er Espasa tief in ihre Augen sah.
"Genau." Samantha schien nicht sonderlich erfreut darüber, dass sie soeben unterbrochen worden war.
"Espasa, du redest mit Salazandora."
Ihr Blick wurde ernst und meine Beine begannen zu zittern, während ich sie von der Seite ansah. Die komplette Umgebung schien auf einmal sehr kalt und düster.
"Und ich hoffe, dir ist bewusst, wie wichtig diese Aufgabe ist. Ich dulde diesmal keine Fehlschläge." Ihre Stimme war genauso kühl wie ihr Blick. Espasa spannte ihre Schultern an, und wieder einmal konnte ich bestaunen, wie kräftig das Psiana war. Auch, wenn sie nach Außen hin eher zart wirkte - ich würde ihren Schlag auf den Hinterkopf, als sie mich entführt hatte, niemals vergessen. Allein beim Gedanken daran fing jeder meiner Knochen an zu schmerzen.
"Was soll ich dem Boss ausrichten?" Fragte sie.
Allem Anschein nach wagte sie es nicht, den Namen ihrer Anführerin auszusprechen. Welche Gründe sie dafür hatte, war mir unklar und ehrlich gesagt auch egal. Diese Pokemon waren absolut geisteskrank. Das war mir spätestens nach dem Wortwechsel mit Espasa klar gewesen, bevor wir auf Devoira getroffen hatten.
"Du sollst sie um Rat fragen. Ihr Urteil entscheidet. Wenn sie der Ansicht ist, dass wir auf Devoira hören sollten, dann werden wir Slashy töten."

Es war das erste Mal, dass Samantha es aussprach. Das Slashys Leben sich langsam, aber unvermeidlich seinem Ende entgegen neigte.
Das Samantha eine kaltblütig Mörderin war, das war nichts Neues für mich.
Aber diese Worte nun noch einmal auf ihrem eigenen Mund zu hören, dass traf mich irgendwo im Inneren. Es war wie eine eiskalte Gewissheit, dass gnadenlose Wissen das mir vermutlich das gleiche Schicksal bevorstand.

Mit einem wachsamen Blick auf Jolt neigte Espasa den Kopf. "Ja Samantha." Flüsterte sie gehorsam, dann sah sie zu mir. Der kritische Ausdruck in ihren Augen verhärtete sich.
"Was ist mit ihm?" Fragte sie misstrauisch.
Samantha folgte ihrem Blick, als bemerke sie erst jetzt, dass ich überhaupt noch da war.
"Kaito wird mit mir kommen." Beschloss sie, in einem Ton, als spräche sie mein Todesurteil aus. "Wir können nicht riskieren, ihn unbeaufsichtigt zu lassen."

Angel of Darkness (Pokémon FF)Where stories live. Discover now