20. Kapitel

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Da Espasa nicht mehr da war, um mich aufzuhalten, war es eine sehr leichte Aufgabe, ihre Höhle zu verlassen. Durch die dunklen Gänge schleichend versuchte ich, mich an einen ganz bestimmten Geruch zu erinnern. Einen lieblichen, süßen Geruch, der mich an die Wiesen meiner Kindheit erinnerte. 

Hoffnungsvoll hob ich den Kopf und schnupperte. Keine Spur. Ich würde weitergehen müssen. 

Nach einer Zeitspanne, die sich wie eine Ewigkeit anfühlte, stieg mir endlich der gesuchte Geruch in die Nase. Mit neuem Mut stürmte ich los, stets dem lieblichen Duft hinterher. Erst, als ich den Rankenvorhang, der Devoiras Höhle von dem düsteren Gang abgrenzte, durch die Dunkelheit erkennen konnte, wurde ich langsamer und blieb schließlich stehen. 

Was jetzt? Konnte ich einfach so hereinspazieren und Devoira um einen Gefallen bitten? Eine andere Wahl hatte ich ja kaum.


Devoiras Höhle sah immer noch genau so aus wie damals, als ich in Begleitung von Samantha, Espasa, Jolt und Slashy dort gewesen war. Selbst Devoira saß noch an der gleichen Stelle, den Blick vom Eingang abgewandt, die Augen scheinbar geschlossen und ihre Hand auf ihr Herz gelegt. Als ich durch den Vorhang trat, zuckte sie einmal kurz zusammen, zeigte aber ansonsten keine Reaktion und sagte kein Wort. 

"Ähm...", fing ich an und trat zögerlich an sie heran, "...Devoira?"

Keine Antwort. Sie rutschte lediglich auf ihren Sitzplatz ein wenig umher und ließ ihre Hand sinken.

"Devoira?", versuchte ich es noch einmal. Verunsichert, ob ich mir ihren Namen richtig gemerkt hatte, sie mich nicht hörte oder ein ähnliches Problem. 

"Shhhh."

Devoira hob die Hand wieder, wie als wolle sie mich damit zum Schweigen bringen und strich danach die weißen Bänder, die ihr Kleid bildeten, glatt nach unten.

"Das Orakel spricht zu mir." Sie nickte ein paar Mal kurz mit dem Kopf. Ich musste schlucken, beschloss aber, ihr zu gehorchen und nichts zu sagen. Wenn ich wollte, dass Devoira mir half, durfte ich sie nicht verärgern. 

Ich hatte aufgehört, meine Herzschläge zu zählen, als Devoira endlich die Augen aufschlug und den Kopf über ihre Schulter zu mir drehte.

"Kaito", begrüßte sie mich, sichtlich erfreut, "Aus welchen Grund führt dein Weg dich zu mir?"

"Ich....", verunsichert sah ich zur Seite, "Ich wollte dich etwas fragen. Über meine Zukunft."

"Du willst etwas hören, dass dir die Angst vor Selbiger nimmt?", schlug Devoira vor, "Dies gab ich dir bereits zu hören. Du wirst nicht sterben, mein Lieber, reicht dir das nicht als Sicherheit?"

Ich atmete ein paar Mal tief durch. Devoira hatte ihren Kopf wieder abgewandt und starrte an die Wand, die dem Eingang der Höhle und somit auch mir gegenüber lag. "Ja", stimmte ich ihr schließlich zu, "Aber...für mich sieht es so aus: Ich werde benötigt, um ein bestimmtes Ritual zu vollenden, und dafür soll ich in einen unendlichen Schlaf geschickt werden. Das ist nicht sterben." Mein Herzschlag beschleunigte sich vor Angst, als ich erstmals aussprach, was mir für ein Schicksal bevorstand. Kleine Tränen sammelten sich in meinen Augenwinkeln. 

Devoira schwieg einen Moment. Dann stieß sie ein leises Kichern aus.

"Kaito, Kaito, was weißt du schon vom Leben und von dem, was danach kommt?", säuselte sie, während sie sich langsam erhob, umdrehte und zu mir stolzierte, so anmutig, dass es fast wie Schweben aussah. "Woher denkst du zu wissen, das dieses Schicksal dir bevorsteht?"

"Weil es wohl eine Art Prophezeiung gibt", erklärte ich unnachgiebig. Was auch immer gerade in Devoiras Kopf vor sich ging, sie schien mich nicht zu verstehen. "Licht hat das Siegel erschaffen, Dunkelheit wird es brechen, oder so ähnlich."

"Licht hat das Siegel erschaffen, Dunkelheit wird es brechen", wiederholte Devoira, andächtig und fast schon schwärmend, "Licht ist seit jeher ein Symbol für die Hoffnung, Liebling", sie ging leicht in die Knie, streckte ihren Arm aus und legte ihn auf meine Stirn, ihre Finger fuhren meinen hellen Ring nach, "während Dunkelheit schon immer für das Verderben steht. Man kann reale Finsternis aber nicht mit der der Nacht gleichsetzte." Sie schloss die Augen. "Reale Finsternis kann man nicht sehen, Kaito, man kann sie erahnen und erkennen, aber man kann nicht mit Bestimmtheit darauf zeigen. Weil sie nicht wirklich da ist. Verstehst du?"

"Nein", antwortete ich wahrheitsgemäß und schüttelte verwirrt den Kopf. "Was meinst du mit realer Finsternis?"

"Dunkelheit, die wirklich da ist", erklärte Devoira, ohne lange überlegen zu müssen, "Dunkelheit, die wirklich bedrohlich werden kann." Sie nahm ihre Hand von meiner Stirn und richtete sich wieder auf. "Aber für sie gilt das gleiche, was auch für die Schatten der Nacht gilt - man erkennt sie erst, wenn das Licht verschwunden ist." Devoira schritt zurück zu ihrem Sitzplatz, strich ihre Bänder glatt und ließ sich wieder auf ihrem Kristallsockel nieder. "Nun geh, Kaito, mein Junge", meinte sie ohne mich anzusehen, "Gehe und folgte der Bestimmung, die das Schicksal für dich vorgesehen hat."

Sie schloss die Augen, legte ihre Hand auf ihr Herz und senkte den Kopf. Sie verschloss sich. Sie hatte nichts mehr zu sagen. Mit mehr Fragen als Antworten drehte ich mich herum und verließ ihre Höhle.


Die Gänge kamen mir unglaublich leise und verlassen vor, als ich planlos durch die Höhle schlich, auf der Suche nach Espasa Höhle. Ich brauchte dringend Schlaf, um mich zu erholen, über Devoiras Worte nachzudenken und vielleicht doch noch eine Antwort aus ihrem verwirrenden Aussage herausfiltern zu können. Ich brauchte jeden Hoffnungsschimmer, an den ich mich klammern konnte. 

Erst leise, tappende Schritte, die hinter mir zu sein schienen, ließen mich innehalten und stehen bleiben. Die Schritte hielten ebenfalls an.

Wie der Blitz wirbelte ich herum und suchte mit meinen Augen die Dunkelheit ab. Flackend strahlten meine Ringe auf, ich war stolz, dass ich mittlerweile eine gute Kontrolle über dieses Licht hatte. Doch ich konnte niemanden ausmachen. Wer auch immer gerade hinter mir her war, er versteckte sich gut in der Dunkelheit. Ich verfluchte den Bau der Höhle, denn in diesem Gang gab es keine leuchtenden Kristalle und ich war vor wenigen Schritten um eine Kurze gebogen. Man konnte mir leicht folgen, ohne gesehen zu werden.

"Wer ist da?", fauchte ich in die Leere hinein, ohne einen wirkliche Antwort zu erwarten. Eigentlich wollte ich meinem Verfolger nur mitteilen, dass ich ihn bemerkt hatte. Doch überraschenderweise erhielt ich eine Antwort.

Zunächst nur ein leises Lachen. Kein amüsiertes, eher ein hinterlistiges und siegessicheres. 

"Ein Verräter", kam es dann, genauso leise und im gleichen Tonfall. 

Es war wie ein Schlag in den Magen. Direkt. Mit Krallen und viel Wucht. 

Ich kannte diese Stimme. Sehr gut sogar. Ich hörte sie fast jeden Tag, nur nicht so bösartig, eher fröhlich, amüsiert, verspielt und manchmal auch ein bisschen niedergeschlagen. Ich kannte diese Stimme in allen Tonlagen, aber nicht in dieser.

Die Schritte setzten wieder ein, hallten von den Wänden wieder, dann trat mein Verfolger um die Ecke und in das Licht meiner Ringe. 

Es konnte nicht das Pokemon sein, dass mich neulich verfolgt, beziehungsweise fast nach draußen geführt hatte, denn er hatte weder braue Pfoten, noch große Ohren, noch einen auffallend breiten Schweif.

Stattdessen besaß er einen schlanken Körper, kräftige Hinterbeine, große, leere Augen, einen anmutig geformten Schweif und einen flossenartigen Kragen um den Hals, sein Körper war größtenteils in ein helles Blau getaucht.

"Guten Abend, Shine", begrüßte Vapo mich mit einem breiten Grinsen.





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Ich habe mir fest vorgenommen, Angel of Darkness noch in diesem Jahr fertig zu bekommen. Ob mir das gelingt, das weiß niemand^^" ich hoffe, ihr habt weiterhin Spaß mit der Story und...habt allgemein Spaß :D genießt eure Ferien (Habt ihr Ferien? ich habe Ferien^^)

Angel of Darkness (Pokémon FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt