So hilflos wie ein Reh

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Kapitel 37

"Ich will nur...", hauchte er und kam mir näher, wodurch unsere Lippen Millimeter voneinander entfernt waren. Tief holte ich Luft und hielt meinen Atem an. Er wollte doch nicht schon wieder...?

Ruckzuck hatte er mir nun einen Kuss auf die Wange gedrückt. "... das du bei mir bist", vollendete er seinen Satz. Verdattert blinzelte ich ihn an. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, als er von mir hinunter kletterte, weshalb ich liegen blieb. "Sollen wir ein Bad nehmen?", fragte er nun und nahm sich einige Kleider aus seinem Schrank. Irritiert bemerkte ich, wie sich Enttäuschung in mir breit machte.
"Ähm... wegen mir", murmelte ich und setzte mich auf. Warum reagierte mein Körper so empfindlich? Lag es an dem Diamanten in meiner Stirn? Seufzend schüttelte ich meinen Kopf und rutschte vom Bett hinunter. "Dieses mal ohne Handtücher!", brüllte Lukas vom Bad aus.
"Ganz bestimmt nicht! Du hast ja ein Knall", rief ich empört zurück. Daraufhin hörte ich ein raues Lachen von ihm. Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf. So ein Vollidiot!

~ ° ~

Tiefenentspannt hatte ich meine Augen geschlossen und genoss das warme Wasser um meinen Körper. Als Lukas jedoch anfing sich hin und her zu bewegen, schwappte das Wasser immer wieder gegen meine Lippen, weshalb ich genervt meine Augen öffnete.
"Könntest du so freundlich sein und endlich still sitzen bleiben?", fragte ich mürrisch. Leise nuschelte er etwas vor sich her und legte, wie letztes Mal auch, seine überkreuzten Füße neben mir ab. Zufrieden schloss ich wieder meine Augen.
"Was machen wir jetzt mit den Dorfbewohnern?", warf Lukas ernst in die Stille ein. Ergeben tauchte ich bis zu meinen Mund in dem Wasser unter und pustete in die Flüssigkeit hinein, sodass es blubberte. "Ally", drängte er auf eine Antwort.
"Den Feind fragen, was er möchte? Verhandeln?", fragte ich zögerlich, als ich wieder auftauchte. Schmunzelnd lächelte er.
"Das könnten wir machen. Aber eigentlich müssten wir sie festnehmen, da sie Räuber sind und ohne Einreiseerlaubnis in Tlensin eingedrungen sind", erläuterte er.
"Warum fragst du mich dann überhaupt, wenn du dich schon entschieden hast?", fragte ich grimmig dreinblickend. Misstrauisch beobachtete ich, wie er sich neben mich setzte.
"Du hast dich beschwert, dass ich alle Sachen ohne deine Zustimmung entscheide. Also habe ich dich jetzt gefragt", lächelte er. Positiv überrascht sah ich ihn mit großen Augen an. "Was schaust du denn jetzt so?", lachte er.
"Ich bin nur... überrascht", gab ich leise zu und lächelte ihn dankbar an. Gebannt starrte er in mein Gesicht, weshalb ich fragend meine Augenbrauen hoch zog. Daraufhin blinzelte er schnell.
"Ich habe dich noch nie richtig lächeln gesehen", flüsterte er fasziniert.
Verwundert fragte ich "Echt?" Er nickte, während sich ein sanftes Lächeln auf seinen Lippen bildete.
"Es steht dir sehr gut." Mein Herz machte einen Sprung. Das... das war ein Kompliment. Von ihm? Von Lukas???
"D-Danke", stotterte ich mit roten Wangen. Belustigt grinste er mich an.
"Massierst du dieses mal mich?" Still nickte ich und hob mich hinter mir auf die warmen Fliesen. Anschließend rutschte Lukas neben meine Beine. Konzentriert fing ich an seine Nackenmuskeln zu massieren, bis er wieder mit dem Thema Dorfbewohner anfing.
"Wir greifen am besten in der frühen Morgenstunde an. Vielleicht können wir sie so überraschen", murmelte er überlegend. Zustimmend brummte ich. "Und wenn wir sie erst mal festgenommen haben, bauen wir das Dorf auf."
Fröhlich lächelte ich und sagte "Jep. Das wäre geil." Abwesend starrte ich auf seinen Kopf. Morgen nach dem Unterricht musste ich eindeutig zu Milas Mutter gehen und schauen, wie es ihr ging. Die beiden im Unklaren zu lassen, ob sie noch lebte, wollte ich auf keinen Fall!
"Ally? Hörst du mir zu?" Verwirrt blinzelte ich.
"Was hast du gesagt?", fragte ich. Ergeben atmete er aus und rutschte auf die Seite, woraufhin ich mich wieder neben ihn nieder ließ.
"Wie lange du schon den Dorfbewohnern hilfst", wiederholte er seine Frage.
"Seit ungefähr einem halben Jahr", zuckte ich mit den Schultern, verzog gleichdarauf jedoch meine Augen misstrauisch zu Schlitzen.
Schockiert rief er "Was?" Schmunzelnd wartete ich, dass er sich von seinem Schock erholte, und musterte ihn von der Seite etwas genauer. Er sah müde aus. Seine Haut war schlaff und dunkle Augenringe zierten sein Gesicht. "Das habe ich nun wirklich nicht erwartet!", rieb er sich über seinen Mund.
"Lukas? Kann es sein, dass du in letzter Zeit viel Stress hattest?" Kritisch beäugte ich seine Mimik.
"Ja. Es standen sehr viele Konferenzen an und Yasamin wollte einfach nicht abreisen." Genervt stöhnte er auf. Mitleidig lächelte ich.
"Ist sie denn jetzt weg?", fragte ich neugierig und beugte mich etwas nach vorne, um sein Gesicht besser sehen zu können. Stolz lächelte er, was mir die Antwort gab.
"Na endlich!", stieß ich glücklich aus.

Das Geheimnis der DrachenWhere stories live. Discover now