21.Kapitel (Phoenix)

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»Dan zieht mich auch schon die ganze Zeit auf...«, meinte Chris, als ich ihm davon erzählt hatte, dass mich Mike schon, seit er von dem Kuss wusste, damit aufzog und kaum noch in Ruhe ließ.

»Wer ist Dan?«, fragte ich und nahm meine Schwimmtasche, während Chris an der Tür stand und wartete das ich fertig wurde.

»Mein bester Freund. Bist du fertig?« Ich nickte und wir stolperten die Treppe nach unten in die Küche, wo meine Mutter gerade leise summend da stand und Kuchen backte.

»Wir gehen dann Mom«, sagte ich und sie drehte sich lächelnd zu uns um.

»Viel Spaß. Und bring Chris ruhig öfter hier her! Sonst bist du ja immer nur mit Mike und Takumi zusammen, da ist es schön zu sehen das du auch andere Freunde hast, vor allem wenn sie so gut aussehen.«

Ich verdrehte die Augen, dann schob ich Chris schnell aus dem Haus und gemeinsam liefen wir zur Bushaltestelle.

»Was meinst du würde deine Mutter dazu sagen, wenn sie wüsste das wir zusammen sind?« Ich zuckte nur mit der Schulter.

»Vermutlich wäre es egal. Meine Eltern sind zwar schon irgendwie Spießer, sie würden mir aber nie irgendetwas in dieser Richtung vorschreiben, da sie wissen es bringt nicht viel.« Mit einer ausladenden Bewegung deutete ich auf meine zerrissene, schwarze Jeans und meinen blau-schwarzen Haare. Ich sah nun wirklich nicht gerade wie der Traum eines "guten" Sohnes aus, aber meine Eltern hatten noch nie etwas zu meinem Klamottenstil gesagt, und ich glaubte kaum dass sie es bei meiner Sexualität tun würden. Deswegen gefiel es ihnen zwar trotzdem nicht wie ich mich kleidete, aber sie hatten es aufgegeben mir etwas vorzuschreiben und nahmen das alles eher als einen Aspekt meiner Persönlichkeit wahr.

»Meine Mutter würde mich umbringen, wenn ich so rum laufen würde... Oder wenn sie wüsste das ich bisexuell wäre.« Chris fuhr sich durch die Haare, dann seufzte er und starrte auf die Straße.

Gerade als ich etwas sagen wollte kam der Bus um die Ecke und wir stiegen ein, setzten uns ganz hinten hin.

»Ist deine Mutter wirklich so schlimm?«, fragte ich und er verzog das Gesicht.

»Meine Eltern sind etwas sehr stark auf Regeln und Normalität bedacht. Alles muss perfekt sein und genauso wie das aller anderen - keine Art von Abnormalität wird geduldet. Ihnen wäre es am liebsten, wenn ich als Jahrgangsbester abschließen wurde, auf eine Uni gehen würde und irgendwann ein hoch angesehener Doktor wäre. Aber so einfach ist es nicht. Ich habe keine schlechten Noten, aber in ihren Augen reicht es nicht. Und die Tatsache dass ich immer noch nicht weis was ich mal machen möchte, macht alles nur schlimmer. Ständig darf ich mir anhören, dass ich mir doch ein Beispiel an meiner Schwester nehmen soll, welche genau das verkörpert, was sie sich von mir wünschen.« Er hielt seufzend inne und ich merkte ihm an, dass er unter einem enormen Druck stand und sich dessen vermutlich selbst gar nicht so bewusst war. Seine Eltern mussten ihn die ganze Zeit nur vorhalten, er wäre nicht gut genug...

»Du hast eine Schwester?«

»Ja. Sie geht aber auf eine Uni in der Nähe und ist nur am Wochenende da... Hoffe einfach du kommst niemals in den Genuss ihrer Gesellschaft.« Obwohl seine Worte gemein klangen, vermittelte seine Stimme dass er es gar nicht so ernst meinte.

Wir stiegen bei der Schwimmhalle aus und gingen in die Umkleide. Ich versuchte ihn nicht zu offensichtlich anzustarren, aber es war unglaublich schwer. Chris hatte einen guten Körperbau, er war zwar nicht sehr muskulös und hatte einen kleinen Bauch, dennoch war er schank und wirkte nicht gerade unsportlich. Ich konnte verstehen dass die Mädchen ihn mochten und er so viele One-Night-Stands gehabt hatte.

Ich hingegen sah nicht einmal annährend so gut aus, ich war viel zu dünn und man sah sogar ein wenig meine Rippen, wenn auch nicht stark. Meine Beine und Arme wirkten wie die dürren Äste eines Baumes...

»Du siehst traurig aus, was ist?«, fragte Chris und musterte aufmerksam mein Gesicht. Irgendwie war es mir etwas unangenehm, dass er mich so anstarrte, wo ich doch gar nicht so gut aussah.

»Es ist nur... Nun ja, besonders gut sehe ich ja nicht aus.« Ich deutete auf meinen dünnen Körper und Chris lächelte.

»Du siehst gut aus, mach dir keine Sorgen.«
Ich verzog das Gesicht.

»Ich bin bestimmt nicht attraktiv...« Ich drehte mich um und spürte Chris Hand auf meiner Hüfte, dann gab er mir einen Kuss auf die Wange.

»Doch tust du... Und jetzt lass uns schwimmen gehen.« Die Stelle die er berührt hatte kribbelte noch ein wenig und ich folgte ihm nach draußen in die Halle.

Um diese Zeit waren einige da und ich atmete einmal tief ein und aus. Ich war kein sonderlich guter Schwimmer, daher hielt ich mich etwas zurück während Chris eine Runde nach der anderen schwamm.

Irgendwann schaute ich ihm nur noch zu, bis er schwer atmend neben mir auftauchte und mich mit diesem besonderen Lächeln anlächelte, dass mir gleich ganz warm wurde.

»In zwei Wochen ist mein Vater auf Geschäftsreise eine ganze Woche lang und meine Mutter besucht an dem Wochenende meine Großmutter und bleibt dort. Hättest du Lust das Wochenende bei mir zu verbringen?« Ich nickte, dann lehnte ich mich zurück und schaute mich um. Ein paar Mädchen schauten zu uns herüber, wobei ich das Gefühl hatte das sie mehr Chris anstarrten als mich, was ich nicht verübeln konnte. Er sah ja auch einfach nur unglaublich gut aus...

Und er war mein Freund, obwohl ich äußerlich nicht wirklich mithalten konnte.

Broken Mirrors (BoyxBoy/Yaoi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt