Telda und der Fiolda-Schwur

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Samstag, 21.01.2017 (nach Menschenrechnung)
berichtet von Ugin
Telda blickte auf die Versammelten vor sich. Seit Stunden waren sie am Diskutieren. Diskutieren was zu tun war. Aber diese Entscheidung fiel keinem leicht. Still bleiben und stumm von der Erde verschwinden? - Oder sich wehren und so den dritten Weltkrieg provozieren?
Telda fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. Seit fast 200 Jahren war sie die Leiterin der "no-name-Versammlung". Sie kannte die Mitglieder gut. Niemand war auf Krieg und Gewalt aus. Und trotzdem schien es unausweichlich. Ja am Horizont braute sich etwas zusammen. Eine falsche Entscheidung. Dann würden die ersten Blitze den Himmel für Sekunden in einem viel zu grellen Licht erleuchten lassen. Es herrschte Schweigen an dem großen Steintisch. Plötzlich räusperte Mikt sich.
"Wir waren vor den Menschen da, wir müssen ein Zeichen setzen!", Mikt stierte in die Runde. Die Menschenaugen in dem braunen Katzengesicht funkelten wütend. Er bekam einen Zuruf von Züji, dem Vertreter der Zwerge. Die Anderen schwiegen weiterhin, blickten gedemütigt zu Boden. Jeder wusste, was es bedeutete sich aufzulehnen. Telda stand unter Druck. Jeder erwartete eine Entscheidung. Zum ersten Mal in der Geschichte waren Risse zwischen den "no-names". Telda wusste aus Rissen konnten schnell Gräben entstehen und Gräben wurden zu Klippen in deren Abgründen sich die Leichen türmten. Immer hatten sich die Mitglieder einigen können, doch heute war alles anders. Manche waren es Leid sich vor den Menschen zu verstecken, andere wollten ihre Ruhe und zogen sich mit ihrem Volk in die abgelegensten Winkel der Erdkugel zurück. Telda tat keines von beidem.  Sie versuchte zwischen der Welt der Menschen und der Welt der "no-names" zu vermitteln. Das hatte auch ganz gut funktioniert, bis jetzt. Und nun musste sie sich für eine Seite entscheiden. Mit welcher Seite sie siegen würden wusste niemand, aber alle wussten eines: egal ob Angriff oder Rückzug, es würde Opfer geben, viele.
Telda kniff die Augen zusammen. Sie hatte Kopfschmerzen. Alle starrten sie an. Mikt und Züji murmelten etwas von der Zeit des Aufbruchs und wer sich weigerte sei ein Feigling. Die restlichen Vertreter schwiegen zwar, jedoch schienen sie empört über die Anschuldigungen und den Hetzreden des Zweges und des Katzenmenschens. Telda war klar, griff sie jetzt nicht ein würde die Situation eskalieren.
"Bitte keinen Zwergenaufstand.", seufzte Telda müde. Dann wurde ihr klar, was sie da gesagt hatte. Sie schlug die Hände vor den Mund. Ein paar der Anwesenden grinsten. Andere starrten von Mikt und Züj zu Telda und wieder zurück. 200 Jahre und nie hatte sie die Kontrolle verloren. "Muss ich sie Ihrer Position und Souverenität erinnern?!", polterte Garbow, der hier die Feen vertrat. Telda antwortete nicht auf die Frage und entschuldigte sich stattdessen nur. Dann nahm sie ihre aufrechte Haltung wieder an und ihre Miene wurde zu der starren Maske, unter der sie immer ihre Gefühle versteckte. "Ich denke nicht, dass ein Kampf die richtige Lösung ist. Noch nie, ich wiederhole, noch nie haben wir uns in die Kriege der Menschen eingemischt. Und ich erinnere Sie nur an den Ersten und den Zweiten Weltkrieg. Die Politik der Menschen geht uns nichts an. So will es der Fiolda-Schwur. Und er will auch, dass jedes Staatsoberhaupt von unserer Existenz weiß. Doch die Bevölkerung ist davon ausgeschlossen. Die Menschen denken wir existieren nur in ihren Büchern. Allein die Kleinen glauben an uns, doch sobald sie älter werden verlieren sie diesen Glauben und gehen in der Realität ihrer Menschenwelt auf. Und das ist auch gut so. Menschen sind schwach und sie wissen das, deshalb erforschen sie die Welt, denn sie glauben sie sind die Stärksten mit ihren Waffen. Aber sie wissen auch, dass diese Waffen nie die Kraft der Natur überlegen sein werden. Die Natur ist das Mächtigste was sie kennen. Aber wir sind die Natur. Das würde ihnen Angst machen.
So halten wir uns an den Fiolda-Schwur und  an den daraus folgenden Friedenspakt - so wie wir es schon immer getan haben. Und die Menschen werden sich auch an den Vertrag halten. Daran wird sich nichts ändern, da bin ich mir sicher!", emotionslos ließ Telda ihren Blick auf den Tisch wandern. Während ihrer Rede hatte sie jedem Einzelnen ins Gesicht gesehen, in der Hoffnung dass sich alle angesorochen fühlten. 
"Pah", Mikt schnaubte abfällig.
"Telda, in letzter Zeit verschwinden immer mehr Menschen und sie werden nie mehr gesehen und erstaunlich viele "no-names" werden in China und in den USA zum Tode verurteilt, in der Türkei werden unserein ihrer Kräfte beraubt und dann weggesperrt. Wegen Morden, die es nicht mal gibt.", meldete sich White Skin vorsichtig zu Wort. Er war der Vertreter der Einhörner und mit seinen 782 Jahren einer der Ältesten in der Versammlung. Die Einhörner sagten nie viel, doch was sie sagten war jedesmal wie wie ein Urteil. Einhörner konnten nicht lügen, sie konnten nicht spaßen und vorallem konnten sie ihre Stimme nicht verändern sie sprachen ernst und langsam mit einem Unterton, bei dem man eine Gänsehaut bekam. Alle Blicke waren auf White Skin gerichtet und doch sah ihm niemand in die Augen. Einzig Telda hatte ihren Kopf  in den Nacken gelegt um dem zwei Meter großen, pferdeähnlichem Geschöpf in die Augen zu schauen.
"Hast du deswegen nicht auch um ein Treffen mit Trump gebeten?", knurren war von allen Seiten zu hören. Der Name war wie Gift. "Und was ist passiert? Du wurdest abgewiesen. Mit der Begründung, dass keine Mörder ins Weiße Haus kommen. Ich bin nicht für Krieg, aber was bleibt uns noch anderes übrig?", seine grauen Augen blickten voller Trauer in die Gesichter der Versammelten. "Früher, da haben wir mit den Menschen gelebt, bis zu dem schrecklichen Krieg in dem man uns fast gänzlich ausgelöscht hat und seitdem wurden wir nur noch geduldet. Aber jetzt soll auch das der Vergangenheit angehören? Nein, einmal müssen wir uns wehren. Wir sind stärker als die Menschen!". Telda erwiederte lange Zeit nichts. White Skin war ein guter Freund ihres Vaters und dessen Freunde lagen nie falsch. Sie starrte auf Fiolda. Das Schwert lag in der Mitte eines runden Tisches, an dem die "no-name- Versammlungen" stattfanden. Auf der Klinge lag der Kaharzi-Stein und beides funkelte purpurrot. Die Farbe, die zeigte, dass die Götter wütend waren.
Telda lief durch den Raum, der einst als ein Kirchenschiff gedient hatte. Heute hatten sich Pflanzen und Bäche einen Weg durch das Gemäuer gebahnt. Telda griff ins Wasser des Flusses Quolge und zog eine Weltkarte hervor. Diese konnte aufgrund eines Zaubers nie zerstört werden. Dann breitete sie die Karte neben Schwert und Stein aus. "Zeit für einen Schlachtplan!"

The no-name-revoluotionWhere stories live. Discover now