Anhängsel

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In der Pause verschanzte ich mich ausnahmsweise mal nicht auf meiner Lieblingsbank auf dem Schulhof. Stattdessen ging ich in die Bibliothek, die sich neben der Schule befand. In eine der hintersten Ecken versteckte ich mich. Hauptsache die Chancen, dass Jongin mich finden könnte, sanken. Ich hatte mir auch ein Buch geschnappt, damit ich die Pause etwas zu tun hatte. Ich schlug das Buch auf und begann zu lesen, doch weiter als die ersten vier Sätze kam ich nicht. "Ist hier noch platz?", fragte mich eine nur zu bekannte Stimme. Genervt wendete ich meinen Blick von meinem Buch ab und sah zu Jongin hoch. "Wenn da keiner sitzt, würde ich mal sagen, dass dort frei ist." Ohne weiter zu zögern setzte er sich hin. Ich hatte mich währenddessen dem Buch vor mir auf dem Tisch wieder gewidmet. Doch ich konnte nicht weiter lesen, da der liebe Jongin mir mein Buch weg nahm. "Gib das wieder her!", beschwerte ich mich lauthals. Daraufhin beschwerten sich die wenigen Besucher der Bibliothek, dass ich doch bitte leiser seien soll. Jongin blätterte desinteressiert in dem Buch. "Wie doof, das ist voll klein geschrieben und es hat auch keine Bilder." Ich seufzte. War klar, dass sowas kommen würde. "Sowas nennt man Roman." Jongin rollte mit den Augen. "So schlau war ich auch schon", gab er sich. "Was willst du eigentlich von mir?", fragte ich ihn daraufhin. "Mit dir meine Pause verbringen." Sofort erhellten sich seine Augen. "Wenn du schon nicht zu mir kommst, komme ich eben zu dir." Etwas perplex sah ich ihn an. Genervt atmete ich aus. Das Wort penetrant beschreibt ihn gerade ganz gut. "Wie hast du es eigentlich geschafft mich-" Er unterbrach mich und meinte, dass er mir einfach unauffällig gefolgt sein und hat mich hier drinnen verloren. Innerlich breitete sich ein komisches Gefühl in meinem Magen aus. Mich schien die Tatsache zu freuen, dass er es anscheinend ernst meinte, dass er seine Pause mit mir verbringen will. Aber wieso? Vorher hatte es weder ihn noch mich interessiert was der jeweils andere in den Pausen machte. Es war schon verwunderlich, dass er gemerkt hatte, dass ich meine Pausen immer alleine verbrachte. Was er machte, wusste ich zwar, doch interessieren tat es mich wie gesagt nie. Um so mehr war ich also verwundert, dass er nun seine Freunde versetzte für mich. "Warum willst du denn so urplötzlich mit mir die Pausen verbringen? Vorher hat es dich doch nicht interessiert." Er zuckte mit den Schultern. "Ehrlich gesagt, hast du mich auch nie zuvor interessiert. Doch seit dem Fototermin bei uns hat sich meine Meinung geändert. Du wirktest ganz nett und es tat mir auf einmal leid, dass du immer so alleine warst. Also versuche ich das nun ändern." Verwundert über seine Erklärung sah ich ihn an. Mit so einer Ehrlichkeit hätte ich echt nicht gerechnet. Das war auch der Grund dafür, dass ich nun nicht wusste, was ich sagen sollte. "Hat dir das etwa die Sprache verschlagen?" Er fand die Sache anscheinend sehr amüsant. Ich zuckte jedoch mit den Schultern, stand auf, schulterte meinen Rucksack und ging. "Ey Kyungsoo, jetzt sei doch nicht beleidigt. Das war doch nur Spaß!", rief mir Jongin hinterher und folgte mir. Ich zeigte mit meinem Zeigefinger jedoch wortlos auf meine Armbanduhr, um ihm zu zeigen, dass der Unterricht bald wieder beginnen würde. Er seufzte genervt. "Immer so wenig Zeit", brummte er vor sich hin. Ich setzte ohne ein weiteres Wort meinen Weg fort. Tja, miese Brise würde ich mal sagen, Jongin.

Die Woche kam ich gut damit klar, Jongin soweit aus dem Weg zu gehen. Meine Pausen verbrachte ich aus dem Grund auch immer irgendwo anders. Doch mit jedem Tag, der mehr verging, rückte der Termin mit Baekhyun und Chanyeol näher. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass der Termin mich nicht nervös machte. Ich meine, ich weiß nicht wie ich mich verhalten soll, ohne dass es peinlich wird. Denn das könnte mir vielleicht zum Verhängnis werden.

Samstags wachte ich früh auf. Dabei war ich doch letzte Nacht extra spät ins Bett gegangen, damit heute so lange schlafen konnte. Doch nun war ich ungefähr neun Stunden vor dem Termin. Mein versuch vielleicht doch noch einmal einzuschlagen scheiterte ebenfalls. Ich war einfach zu aufgeregt. Verzweifelt stand ich also auf. Obwohl ich gestern schon geduscht hatte dusche ich einfach jetzt nochmal. Irgendwie musste ich mir die Zeit vertreiben. Anschließend machte ich mir ein aufwendiges Frühstück. Als ich jedoch auch damit fertig war war es erst halb zehn. Noch fünfeinhalb Stunden. Da ich ja noch Zähne putzen musste, erledigte ich auch das eben. Zwanzig vor zehn. Was soll ich denn machen? Weil mir nichts besseres als Fernsehen oder Hausaufgaben machen einfiel, beschloss mich einfach mal an die Hausaufgaben zu setzte. Viertel nach elf. Genervt schlug ich mit dem Kopf auf meinen Schreibtisch auf. Wieso vergeht die Zeit nicht? Ich machte mich auf den Weg ins Wohnzimmer, schnappte mir die Fernbedienung und schaltete durch die Sender. Natürlich lief nichts Gescheites. Warte, meine meine Mutter hatte uns doch vor kurzem Netflix gemacht. Schnell machte ich den Fernseher wieder an und suchte auf Netflix nach einer Serie oder einem Film, den ich gucken könnte. Letzten Endes entschied ich mich einfach für Hunger Games. Der Film würde etwas dauern und hoffentlich genug Zeit in Anspruch nehmen. Um viertel vor eins war aber auch der Film vorbei. Ich hätte jetzt noch ungefähr eineinhalb Stunden, bis ich los müsste. Auf der Startseite von Netflix lächelte mir gerade The Big Bang Theory entgegen, weshalb ich mich dazu entschied einfach davon noch ein paar folgen zu schauen.

Um viertel nach zwei machte ich dann auch endlich auf den Weg, damit ich so um halb drei im Studio sein würde. Yoongi war immer noch krank, weswegen er uns auch nicht stören würde. Pünktlich um halb drei war ich im Studio und fing an alles vorzubereiten. Ich war gerade dabei noch die Lampen ordentlich einzustellen, als ich die Glocke von der Tür hörte. Ich warf einen kurzen Blick auf meine Armbanduhr. Die sind eine viertel Stunde zu früh. Weiter stören ließ ich mich nicht davon und stellte die Lampe ein. Die können auch eben warten. "Kann ich dir helfen?" Erschrocken durch die plötzlich auftauchende Stimme hinter mir, zuckte ich zusammen und verlor das Gleichgewicht. Ich drohte von dem Hocker zu fallen, auf dem ich stand und auch gleich die Lampe mit mir zu reißen, doch zwei Arme stemmten sich von hinten gegen meinen Rücken. Ich stand wieder sicher auf dem Hocker, doch sprang schnell herunter. Nicht dass ich noch einmal das Gleichgewicht verliere. "Alles okay?" Jetzt hatte ich auch die Chance zu der Person zu sehen, der ich das zu verdanken hatte. "Ja", antwortete ich Jongin knapp. "Es tut mir wirklich leid. Ich wollte dir echt nicht so einen Schrecken einjagen." Ich nickte und winkte mit meiner Hand ab, als Zeichen, dass alles okay war. "Was machst du eigentlich hier?", fragte ich ihn, wobei ich das du besonders betonte. "Darf ich nicht meine beiden Freunde heute zu gucken?" Innerlich schlug ich mir gerade gegen meine Stirn. Wieso war ich so dumm? Klar war wegen ihnen hier. "Also darf ich nicht?", fragte er mich, wobei ich meine einen neckenden Unterton in seiner Stimme gehört zu haben. "Natürlich darfst du das." Ein zufriedenes Lächeln zierte nun seine Lippen. Ich wendete mich meiner Arbeit wieder zu. Das Stativ mit Kamera musste noch aufgebaut werden. Ich ging kurz nach neben an und holte es mit der Kamera zusammen. Die Kamera stellte ich zunächst auf die Theke an der Kasse und widmete mich dem Stativ. Während ich mit dem Ding kämpfte, spürte ich auf einmal einen warmen Atem an meinem Ohr. "Aber ehrlich gesagt bin ich eigentlich eher wegen dir hier." Mein Atem stockte. Mein Herz schlug schneller. Mein Magen zog sich angenehm zusammen. Verwirrt drehte ich mein Gesicht zu ihm. Er grinste jedoch nur selbstgefällig und setzte sich auf eine der Stühle, oder für die Kunden gedacht waren. "Übrigens sieht du echt putzig aus, wenn du rote Wagen hast", neckte er mich weiter. Ich versuchte mich jedoch nicht beirren zu lassen und konzentrierte mich auch meine Arbeit, zumindest versuchte ich es.

Fotograf (Kaisoo FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt