Go Ethan

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Ein paar Tage waren vergangen seit ich Ethan im Park zurückgelassen hatte. Glücklicherweise hatte er den Weg hinaus alleine gefunden und spielte jetzt mit seiner Mannschaft auf dem Sportplatz Football.

Zur Zeit saß ich auf der Tribüne und fieberte mit den anderen Zuschauern bei dem heutigen Spiel mit. Unser Team war am Gewinnen.

Links von mir jubelte Maya ununterbrochen und hielt das “Go Ethan“-Plakat, das sie extra für ihn gestaltet hatte, so hoch sie konnte. Sie sah unglaublich glücklich aus und hatte ein breites Lächeln im Gesicht. Wahrscheinlich freute sie sich schon riesig auf das Date, welches sie übermorgen mit Ethan haben würde.

Rechts von mir saß Michael. Keine Ahnung was ihm über die Leber gelaufen war, jedenfalls sah er nicht gerade glücklich aus. Vielleicht war ja irgendwas im Kino passiert, da er schon seit ein paar Tagen so schlecht drauf war und sonst sicherlich den Platz neben Maya beschlagnahmt hätte. Schließlich war er schon länger ihr bester Freund als ich ihre beste Freundin.

Ich saß also eingequetscht zwischen Sonne und Mond. Aber Sonne musste nicht immer zwangsläufig glücklich und Mond traurig sein. Nachdenklich griff ich ein Popcorn aus meiner Tüte und versuchte es mir in den Mund zu werfen.

Natürlich scheiterte ich und warf das Popcorn zu hoch, direkt in das Gesicht eines Typen. Verunsichert drehte ich mich um. Grüne Augen studierten jede meiner Bewegungen auf's Genaueste.

“Du.“ Fragend begegnete ich seinem Blick. “Ich?“ “Ja du. Du bist das Mädchen, das an meinem Spind rumgelungert hat.“ Wow, wer war der Typ und warum erinnerte er sich an mich, während es alle Welt nicht tat?

“Eigentlich ist dein Spind gar nicht dein Spind, sondern Eigentum der Schule.“ “Aber uneigentlich ist es mein Spind.“ Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er sich das Popcorn in den Mund warf. Natürlich traf er.

“Ich bin mir nicht mal sicher ob das Wort uneigentlich überhaupt existiert“, merkte ich an.

Überlegen lehnte er sich zurück und grinste weiter vor sich hin. Das schien ihm wirklich großen Spaß zu machen.

“Also bist du doch nicht allwissend.“ Verblüfft riss ich meine Augen auf und drehte mich weiter zu ihm um, was mir ein Grummeln von Michael einbrachte.

“Das habe ich nie behauptet.“ “Ich auch nicht. Das Wort uneigentlich findest du übrigens im Duden.“ Nervös spielte ich mit meinem Armband.

“Und das weißt du weshalb?“ Er kam mir wieder näher und beugte sich etwas zu mir herunter, sodass sich unsere Nasenspitzen fast berührten.

“Ich weiß das, weil ich den Duden gelesen habe.“ Während er das sagte, sah er mir vermutlich etwas zu lange in die Augen.

“Du hast den Duden gelesen?“ In meiner Stimme schwang Ungläubigkeit mit. “Jede einzelne Seite.“ Damit lehnte er sich wieder zurück und schlug mit seinem Kumpel ein, der unsere Unterhaltung interessiert mitverfolgt hatte, weil Ethan einen Punkt geholt hatte.

Stirnrunzelnd drehte ich mich wieder zurück, als ich bemerkte, dass Michael mir meine Tüte Popcorn geklaut hatte. Maya kreischte mir ins Ohr, während verkündet wurde, dass jetzt nur noch eine Minute Spielzeit übrig war.

Von der Lautstärke abgeschreckt rutschte ich weiter zu Michael, der mittlerweile das gesamte Popcorn aufgegessen hatte.

“Was ist an diesem Ethan-Typen so besonders?“ Mit in die Hand gestütztem Kinn blickte er grübelnd auf das Spielfeld. “Keine Ahnung, wenn du mich fragst ist er durchschnittlich.“ Wütend drehte er seinen Kopf zu mir und schaute mich aus verengten Augen an.

“Ich frag dich aber nicht. Misch dich nicht überall ein May.“ Verletzt sah ich ihn an und rutschte ein Stück von ihm ab. Ein Funken Reue blitzte in seinen Augen auf. “May, ich wollte dich nicht-“ Ich unterbrach ihn. Ich wollte seine nicht ernstgemeinte Entschuldigung nicht hören.

“Ist schon gut Michael, ich bin es gewohnt. Mach dir keine Sorgen.“ Langsam stand ich auf und bahnte mir meinen Weg, über die Tribüne, da das Spiel eh gleich enden würde.

Als ich schon etwas entfernt war, hörte ich die Jubelschreie vom Sportplatz, unser Team hatte gewonnen.

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