Kapitel 24

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Kellys Sicht:

Rastlos tippte ich mit meinen Turnschuhen abwechselnd auf das morsche Holz unter mir. Wie lange sollte ich noch warten? War ihm etwa etwas zugestoßen?

Der Baumstumpf unter mir machte hohle Geräusche. Wie alt der wohl schon war?

"Er wird nicht kommen", sagte eine tiefe Stimme neben mir. Ich schaute zur Seite. Ein älterer Mann schlug sich durch die Büsche. Er stammte offensichtlich von Abeys Stamm ab.

"Warum?", fragte ich verwirrt und stand auf. "Ein Boot ist für dich da. Du hast wohl gewonne." Ich starrte ihn kurz perplex an. Er nickte mir zu und drehte sich um. Ich machte ein paar Schritte nach vorne und wollte ihm folgen, doch er war bereits verschwunden. Vik? Viktor war tot? Wie konnte das sein? Wie war das passiert?

Eine Träne bahnte sich den Weg über meine Wange und landete auf dem kühlen Waldboden. "Nein", hauchte ich. "Nein!" Ich schluckte und rannte los. Ich hatte keine Ahnung wohin, doch ich rannte. Es fühlte sich gut an. Den Wind in meinen Haaren zu spüren und das Zwitschern der Vögel zu hören, doch das alles ließ mich keine Sekunde zur Ruhe kommen. Tränen flossen in Strömen an mir herab und druchnässten mein T-shirt. Wo war er? Wo? Ich musste ihn sehen! Ich musste wissen ob er es wirklich war. Tot.

"Kelly!", rief jemand hinter mir. Ich blieb stehen und drehte mich um. Meine Sicht war durch die Tränen verschwommen. "Er ist hier" Die Stimme klang bedrückt und traurig. Sie gehörte zweifellos Manuel. Da die Stimme sonst nichts sagte, folgte ich der verschwommenen Person durch den Wald. Ich strich mir meine Haare aus dem Gesicht und rieb mir über die Augen. Wie gerne würde ich jetzt in Viktors Armen liegen. In den Armen des lebendigen Viktors.

Wir kamen auf eine kleine Lichtung. Ich schniefte leise und trat näher. Viktor lag regungslos am Boden. Seine Augen starrten leer in den blauen Himmel.

Das Wegwischen der Tränen hatte nichts gebracht, denn sie waren gerade durch neue ersetzt worden. Alles schien so unwirklich. Wie ein Traum. Doch es war keiner, das wusste ich genau.

Ich sank auf meine Knie und kreischte kurz los. "Viktor!" Die Tränen flossen ohne Halt über mein Gesicht. Meine Hände suchten sein Gesicht. Ich legte sie an seine Wangen. "Viktor!", flüsterte ich leise. "Alles wird gut! Wach auf! Sprich mit mir!" Ich rüttelte kurz an ihm. "Bitte!", sagte ich hilflos und verzweifelt und ließ meinen Kopf auf seine Brust sinken. "Viktor", flüsterte ich. Ich vergrub mein Gesicht in seinem T-shirt.

Ich hob meinen Kopf wieder. "Viktor", flüsterte ich ein letztes Mal. "Tu doch nicht so. Eigentlich bist du froh, dass du hier weg kannst!", fuhr Max mich an, der an einem Baum lehnte. Ich hob ungläubig und wütend meinen Kopf. "Max, es reicht!", rief Abey und setzte sich neben mich. Ich stieß ihre Hand weg und sprang auf. "Nein, es reicht nicht! Willst du mir damit sagen, dass du ihn umgebracht hast?!", schrie ich ihn an und ging langsam näher. Meine Trauer und Wut saß zu tief.

"Und wenn ja? Es ändert doch nichts!" "Doch! Es ändert alles du mieses Arschloch!" Ich beschleunigte meine Schritte und lief auf ihn zu. Im Rennen wurde ich von Manuel gestoppt. "Kelly, er war es nicht" "Ach, nein! Dann soll er mir das ins Gesicht sagen!", schrie ich. Mein Blick war weiter auf Max gerichtet. Auch Manuel drehte den Kopf zu seinem Freund. Dieser schwieg bloß und schaute mir fest in die Augen. "Max? Sag es", murmelte Manuel mit zitternder Stimme. Auch er hatte offensichtlich seine Zweifel.

Immernoch kam keine Antwort. Ich riss mich von Manuel los, was nicht besonders schwer ging, und stürzte auf ihn zu. Ich war zu schwach und fertig, als dass ich ihm wirklich schaden könnte. Er fasste mir bloß an meine Oberarme und hielt sie fest. "Denk nochmal genau darüber nach was du tust. Ich habe ihn umgebracht, warum sollte ich es dann nicht auch mit dir tun?" Ich starrte ihn entgeistert an. Max starrte bloß zurück und stieß mich von sich. Ich konnte gerade noch so mein Gleichgewicht halten, so dass ich nicht auf den harten Boden fiel. Ich verfolgte Max mit meinem Blick, wie er quer über die Lichtung ging und in den Bäumen verschwinden wollte. "Max!", rief Manuel. Max blieb stehen, drehte sich aber nicht um. "Warum? Wir haben doch so viel miteinander durch gemacht... Und jetzt? Jetzt bringst du einen Menschen um und gehst dafür ins Gefängnis? Was nutzt es dir wieder auf Festland zu kommen, wenn du doch sofort wieder eingesperrt wirst?" Max schwieg kurz. Anscheinend hatte er nicht über die Folgen, die dieser Mord mit sich bringen würde, nachgedacht.

"Es ist kompliziert" "Gut, dann erkläre es mir. Du weißt genau, dass wir beide fast gleich denken", rief Manuel. Ich glaubte zu sehen, dass auch aus seinen Augen ein paar Tränen liefen. "Nein, weißt du was? Eigentlich ist es ganz einfach! Man muss sich nur gut genug verstecken" Mit diesen Worten betrat er den Wald.

Abey kam zu mir und legte tröstend einen Arm um mich. Ich drehte mich in ihm, so dass ich in ihren Pulli weinen konnte. Manuel stand nur weiter verlassen da und starrte an den Punkt, an dem Max verschwunden war.

Wir beide hatten einen Menschen verloren. Doch nur ich hatte ihn für immer verloren.

(So. Die FF ist vorbei. Wie ihr euch vielleicht denken könnt, schreit dieses Ende nach einer Fortsetzung. Und die wird auch kommen, aber damit will ich mir Zeit lassen. Denn mit dieser FF hat das regelmäßig Uploaden ja nicht besonders gut geklappt... Aber trotzdem schäme ich mich nicht, für dass was ich erschaffen habe. Auch wenn ich das alles schon ewig nicht mehr gelesen habe. Ja, was soll ich noch sagen? Mir hat es Spaß gemacht das hier zu schreiben und wirklich richtig gezwungen etwas hochzuladen, habe ich mich auch nie.

Zum Schluss möchte ich mich noch bedanken, dass ihr bis hier her gelesen habt und nicht bei den teilweise schlechten Kapiteln aufgehört habt. Das hier ist meine dritte fertige FF und ich werde sie mit Stolz beenden😋 ja okay ich höre schon auf. Danke an jeden einzelnen da draußen! Danke für die unfassbaren 737 Reads (inzwischen bald 5k)! Da schaut man einmal nicht hin... Danke! Danke! Danke!)

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