Enttäuschung

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Sarah

Der Montagmorgen  schien grau und trüb zu werden. Während sich Sarah aus ihrem Bett wälzte und sich in Zeitlupentempo für die Schule fertig machte, herrschte in der Wohnung eine angenehme Stille. Lustlos zog sie ihre Jacke an und starrte in den Spiegel. „Das war eindeutig zu spät gestern Abend",  dachte sie.

Nachdem sie am vorherigen Abend nach Hause gekommen war, hatte sie es sich nicht nehmen lassen mit Buddy noch eine Runde spazieren zu gehen – ihr Vater war noch auf Montage. Aus der vorgesehenen kleinen, ergab sich eine große Runde mit Buddy, weil es sie  - zugegeben - auch interessierte wo der Junge, den Rebecca ganz gut fand, wohnte. Ohne Erfolg, war sie erst nach Mitternacht schlafen gegangen.

Mit einem Mal wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Irgendjemand klingelte ununterbrochen an der Haustür. Rebecca! Immer noch verschlafen öffnete Sarah die Haustür.

„Guten Morgen Sarah, bist du fertig? Können wir los?!", Rebecca trat ungeduldig von einem Bein auf das andere. „Ich...", begann Sarah. Doch da rannte  Rebecca schon wieder nach draußen zu ihrem Rad. „...bin gleich da", kopfschüttelnd folgte Sarah ihr gemächlich zu den Fahrradständern. „Ich hoffe wir sehen ihn heute", meinte Rebecca und schaute sich permanent um - was ihr aber nicht aufzufallen schien. „Mag sein.", entgegnete Sarah ein wenig desinteressiert. „Das wäre ja so cool!", begann Rebecca und bekam einen ganz verträumten Gesichtsausdruck. „Vielleicht muss er auch in dieselbe Richtung wie wir. Dann kann ich mich mit ihm mal unterhalten – falls ich überhaupt ein Wort herausbekomme". Sarah lachte: „Darüber mache ich mir keine Sorgen" Rebecca und sie schoben die Fahrräder auf den Radweg.

Nachdem sie ungefähr die Hälfte ihres Schulweges hinter sich hatten, trat Sarah kräftiger in die Pedalen: „Komm, wir müssen uns etwas beeilen"

Als sie jedoch am C.S. Lewis Gymnasium vorbeifuhren drückte Rebecca demonstrativ die Bremse. Sarah drehte sich irritiert im Fahren um, ehe auch sie anhielt. „Schau mal!", Rebecca zeigte auf eine Gruppe von Mädchen und Jungen. Sarah ging zu ihr. „Das scheint er zu sein", stimmt sie ihr zu. Freude strahlend starrte Rebecca zu der Gruppe.

Zwei Mädchen bemerkten es, tuschelten und stupsten grinsend die anderen an. Gelangweilt schauten ein paar der Jugendlichen herüber. Auch ein dunkelhaariger Junge hob seinen Kopf, erstarrte einen Moment und schaute schnell wieder weg.

Aus den Augenwinkeln beobachtete Sarah das Geschehen und seufzte. Irritiert drehte Rebecca sich zu ihr um. „Was... wieso...? Ich dachte er würde vielleicht lächeln wenn er mich sieht" Mit gesenktem Kopf saß sie auf und fuhr mit Sarah zu ihrer Schule weiter. „Meinst du das sah zu aufdringlich aus?", verunsichert schaute sie Sarah an. „Naja...", wie gern hätte Sarah ihr jetzt die Wahrheit gesagt: „Ja, ich schätze, dass es etwas aufdringlich herüber kam. Weißt du, Jungs denken da meist anders als Mädchen. Vielleicht hält er dich für einen Stalker - eine Klette. Das bist du nicht! Nur, naja Jungs - also bei einigen ist das so - sind interessierter an Mädchen, die sie nicht beachten." Aber das würde Rebecca nur noch mehr verletzen.

„Bestimmt hält er mich für einen Stalker", mit trauriger Miene stieg Rebecca vor dem Schultor zu ihrer Schule ab. „Nein, das wird er nicht", beteuerte Sarah und suchte nach den passenden Worten. „Weißt du Rebecca, Jungs benehmen sich meist in ihrer Clique ganz anders, als wenn sie allein sind" Erleichtert das Richtige gesagt zu haben, schloss Sarah ihr Fahrrad ab. „Wirklich?" Rebeccas Miene hellte sich wieder auf. „Ja", bestätigte Emilia die unbemerkt dazu gekommen war. „Das ist bei Tommy nicht anders. Von welchem Jungen sprechen wir jetzt überhaupt?", fuhr sie fort. Fragend sah Sarah Rebecca an, diese nickte stumm. „Von dem, der mit dir vorgestern fast zusammen gestoßen wäre", antwortete Sarah. „Von diesem Maulwurf", Emilia lachte plötzlich auf. „Rebecca, wenn dieser Typ nicht sieht wie toll du bist, sollte er sich echt mal eine Brille zu legen"

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Unterdessen auf dem Schulhof des C.S. Lewis Gymnasium

„Hast du die beiden Mädels gesehen?", einer aus der Gruppe deutete mit einem Nicken in Richtung Straße. „Die eine strahlte wie ein Honigkuchenpferd". Die zwei Mädchen kicherten und nickten. Mika war die Situation mehr als unangenehm, meinte er doch zu erahnen warum das vermeintliche „Honigkuchenpferd" so gestrahlt hatte. „Und ich habe weggesehen", dachte er und fühlte sich auf einmal noch unwohler als ohnehin schon. „Hey Mika, hast du die gar nicht gesehen?", wurde er von Finn gefragt. „Wen?", log Mika und bemühte sich unbeteiligt zu klingen. „Na die beiden...", setzte Lara, eines der Mädchen, an, doch Finn winkte ab. „Ist doch nicht mehr wichtig!", meinte dieser. Erleichtert atmete Mika aus.

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Rebecca

Sarah und Emilia versuchten ihr Möglichstes, um Rebecca klar zu machen, dass ihr Schwarm, es mit diesem Auftritt, nicht mehr wert war auch nur noch an ihn zu denken. Rebecca hingegen tat sich schwer damit, nicht mehr von ihm zu träumen und versuchte sich und ihren Freundinnen einzureden, dass „ihr" Junge sie gar nicht wahrgenommen hatte und sein Wegsehen somit nicht die Folge ihres - zugegeben - hypnotisierten Starrens war. „Außerdem kann ich nicht einfach so aufhören an vorhin zudenken...", protestierte Rebecca. „ ...zumal der Dunkelhaarige, gut aussehende,... smarte...", sie geriet ins Träumen. „...und völlig blinde und gefühlskalte Typ dich nicht verdient hat!", schloss Sarah. Das irritierte Rebecca - war es doch sonst eher Emilia, die zu solch harten und unbeschönigten Worten griff. „Wieso gefühlskalt?", Rebecca schaute leicht verunsichert drein. „Weil er weggesehen hat, als er dich erkannt hat", erwiderte Sarah nun mitfühlend. Diese Aussage brachte Rebecca endgültig wieder auf den Boden. Vorbei war es mit ihrer Illusion, der besagte Junge könnte sie vielleicht nicht widererkannt haben „Aua, das tut weh", dachte Rebecca und verzog durch den plötzlich aufkeimenden Liebeskummer ihr Gesicht. „Wie schön, dass ich zwei super tolle Freundinnen habe, denen ich vertrauen kann und die ehrlich zu mir sind", bei diesem Gedanken fühlte sie eine Art Frieden, der in ihrem Innersten hervor schien.

Die drei Freundinnen gelangten nun zum Klassenraum und begaben sich zu ihren Plätzen.

The gift - Das Geschenk, das sich zu entdecken lohntWhere stories live. Discover now