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[Mario]

Pünktlich um Acht saßen wir also alle beim Nobel-Italiener am Tisch. Sky hatte mich etwas verunsichert angesehen, als wir das Restaurant betraten, welches zwar nicht sonderlich pompös, aber doch sehr edel wirkte. Unterstützend drückte ich ihren Arm und hauchte ein leises: "Alles gut, mach dir keine Gedanken" in ihr Ohr. Es war erstaunlich, wie ich mich innerhalb weniger Wochen an solche Etablissements gewöhnt hatte, aber ich wusste allzu gut, wie Syklar sich in diesem Moment fühlte - denn mir war es genauso ergangen. Sie lächelte mich dankbar an und nahm schließlich an dem großen, weiß gedeckten Tisch, direkt neben mir Platz.

Adam und Benjamin waren glücklicherweise recht umgänglich und durchaus interessiert an Skylar und ihrem Leben, weshalb die leicht angespannte Stimmung, die zu Beginn geherrscht hatte, relativ zügig verflogen war. Wenig überraschend beteiligte sich Marco nicht an den Gesprächen. Entweder saß er nur schweigend da und starrte auf seine Hände oder beobachtete meine beste Freundin und mich mit abfälligen Blicken. Zudem hatte er ganz zu Thomas' Missfallen schon vor der Vorspeise zwei Bier getrunken. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis sein Vater ein privates Wörtchen mit Marco wechseln würde. Ich hingegen war bestens gelaunt und hatte mir fest vorgenommen, dass mir an diesem Abend nichts und niemand meine Stimmung ruinieren würde.

Ich war froh, dass meine Mutter und mein Stiefvater Sky wirklich zu mögen schienen, auch wenn es mich nicht sonderlich überraschte. Meine beste Freundin war ein sehr aufgeschlossenes und lebhaftes Mädchen, das man unheimlich gern in seiner Nähe wusste. Auch wenn ich sie vor Marco gewarnt hatte, nahm sie kein Blatt vor den Mund und ignorierte die Tatsache, dass er bisher noch kein einziges Wort gesagt hatte - abgesehen von "noch ein Bier". "Marco, was machst du eigentlich beruflich?" fragte sie ihn aufrichtig. Die Frage überraschte mich etwas, da ich ihr schon immer alles ausführlichst erzählt hatte, aber wahrscheinlich wollte sie einfach nur ein Gesprächsthema finden. Der Blondschopf fixierte mich mit seinen grünbraunen Augen, die schon jetzt etwas glasig waren, aber dennoch erregt funkelnden. "Ich bin Fußballer", entgegnete er, ohne seinen Blick von mir abzuwenden. "Ach ja? Mit Mario zusammen?" hakte das junge Mädchen nach. Marco befeuchtete sich die Lippen, nahm ein Schluck von seinem Bier und bestellte ein weiteres, ehe er mit dem Kopf schüttelte. "Nein. Bei den Amateuren", grummelte er und starrte nun wieder auf seine Hände. "Hm. Ich meinte mich eigentlich zu erinnern, dass Mario mal erwähnt hatte, dass du sehr ambitioniert und talentiert bist. Warum spielst du dann nicht bei den Profis?" Ich verschluckte mich an meinem Champagner und fing heftig an zu husten. Sky hatte eben nicht nur preisgegeben, dass sie schon längst wusste, was Marco beruflich machte, sondern ihn im gleichen Atemzug auch noch provoziert. Und zwar an seiner empfindlichsten Stelle.

Am ganzen Tisch war Ruhe eingekehrt und alle beobachteten gespannt die Situation. Mahnend griff ich unter dem Tisch nach Skylars Oberschenkel und drückte diesen, um zu signalisieren, dass sie eine Grenze überschritten hatte. Für einen kurzen Augenblick sah sie mich an und man konnte in ihren besorgten, blauen Augen erkennen, dass sie ihre Frage schon jetzt bereute. Zu spät. Marco räusperte sich. Immer wieder biss er die Zähne aufeinander, sein Kiefermuskel zuckte daher und seine Augen waren geweitet vor Zorn. Ich kannte diesen Gesichtsausdruck nur allzu gut, weshalb ich meine beste Freundin irgendwie vor dem, was sie jetzt erwartete, beschützen wollte. Instinktiv trat ich dem Blondschopf also einmal fest gegen das Schienbein. "Au, spinnst du!" brüllte er mich sofort an und erhob sich. "Marco, Mario, Contenance!" zischte Astrid und Thomas erhob sich ebenfalls. "Ich bin zu undiszipliniert, zu schlecht, zu unaufmerksam, such's dir aus", knurrte Marco und knallte seine Serviette auf den Tisch, ehe er nach draußen stürmte. Sein Vater folgte ihm und in der Runde herrschte nun betretene Stille.

"Ich muss mich für ihn entschuldigen", flüsterte Astrid in der Hoffnung, die Situation etwas zu besänftigen. Innerhalb weniger Sekunden hatten sich Tränen in Skylars Augen angesammelt, die ihr jetzt unermüdlich über die geröteten Wangen rannen. "Es, e-s tut mir so leid", schluchzte sie. "Ich hätte ihn einfach in Ruhe lassen sollen." Ich nahm sie in den Arm und gab ihr einen Kuss auf die Schläfe. "Pssht... Es ist nicht deine Schuld, Sky. Marco ist ein Arschloch, da kannst du nichts dafür", murmelte ich leise. Skylar zitterte am gesamten Körper und noch immer kullerten ihr dicke Tränen aus den blassblauen Augen. "Doch, ich, i-ch hätte einfach die Klappe halten sollen", murmelte sie kaum hörbar. Astrid hatte sich derweil ebenfalls erhoben und flüsterte dem Kellner etwas zu - vermutlich, dass er mit dem Hauptgang noch eine Weile warten solle.

Gewitterwolken | GötzeusNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ