sechzehnte Wiederbegegnung (1)

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Ich reckte meinen Kopf der Sonne entgegen, versuchte die letzten paar Sonnenstrahlen dieses Jahres einzusaugen um ein bisschen Energie und Glückseligkeit zu sammeln.

Obwohl das wahrscheinlich eh nichts werden würde. In mir drinnen war eine Walze, die alles nieder machte, das hell und fröhlich war.

Dazu kam, dass Emma sich gerade buchstäblich vor der Sonne stellte und mir somit die letzte Gelegenheit raubte ein bisschen Kraft zu tanken.

Ich seufzte.

„Überaschung!" Sie strahlte mir entgegen, hielt mir einen Becher entgegen aus dem es kräftig dampfte. „Heiße Schokolade für dich und dein gebrochenes Herz."

„Oh. Wow. Danke." Dass ich nicht gerade begeistert klag, ignorierte Emma gekonnt, setzte sich stattdessen neben mich auf die Bank und drückte mir den Becher in meine widerwilligen Hände.

„Und? Geht es dir schon besser?" Sie musterte mich erwartungsvoll.

Ich rollte mit den Augen. „Emma, mir geht es immer noch beschissen wie vor 15 Minuten, als du einfach losgestürmt bist um mir das da." Ich hielt die heiße Schokolade hoch. „zu holen."

Emma zwinkerte mir zu. „Das soll gegen Liebeskummer helfen, weißt du."

Ich nahm demonstrativ einen Schluck, lächelte gekünstelt. „Oh mein Gott, du hast recht. Ich fühle mich echt wie wiedergeboren." Der Satz triefte nur so vor Sarkasmus.

Aber Emma grinste immer noch breit und ließ sich von mir nicht die Laune verderben. Obwohl das wahrscheinlich sowieso nicht möglich war. Nicht bei Emma. Strahlemann in Person.

„Du kannst echt unausstehlich sein, wenn du Liebeskummer hast.", meinte sie nur.

„Unausstehlich bin ich nur weil du mich den ganzen Tag durch die Stadt geschleppt hast." Ich schoß meinen Killerblick Emma rüber. Leider war sie meine Stimmungsschwankungen gewöhnt, weshalb sie nicht mal ansatzweise eingeschüchtert war.

„Shoppen heilt die Seele."

„Ich kotz gleich. Du bist mir zu positiv."

Emma lachte. „Trink noch einen Schluck deiner heißen Schokolade, sonst habe ich Angst, dass du mir an die Gurgel gehst."

Ich verdrehte meine Augen, nippte aber trotzdem an dem Getränk. Auch wenn ich gerade noch gejammert hatte, war ich Emma wirklich dankbar, dass sie sich den ganzen Tag für mich reserviert hatte um mich abzulenken. Sie hatte Ben sogar verboten mitzukommen, nur weil er ein Kerl war und Emma Angst hatte, seine Anwesenheit könnte mich traurig stimmen.

Aus mir purzelte ein unbeabsichtigter lauter, verzweifelter Seufzer. „Warum gibt es keinen Pacey Witter im realen Leben oder einen Nathan Scott? Die würden nicht ständig auf meinem armen Herz herumtramplen."

Dieses mal verdrehte Emma  die Augen. „Beide Charaktere sind absolute Wunschvorstellungen. Kein Mensch, besonders Männer, kann perfekt und fürsorglich sein wie dein Pacey Witter."

Ich schnaubte entrüstet. „Das sagt genau die Richtige. Du hast doch den perfekten Freund, Emma."

Emma blinzelte wie ertappt und ein leichtes schiefes Grinsen, das mir für eine kleine Sekunde nicht ehrlich vorkam, bildete sich auf ihre Lippen. „Ja, stimmt. Du hast recht."

Vielleicht hätte ich da weiter bohren sollen. Dieses Lächeln war verräterisch, verloren und falsch. Es passte nicht zu ihr.

Ich hätte wirklich nachfragen sollen.

Aber mein Herz war gebrochen, mein Kopf nicht klar, alles war schwabbrig und ich war ein egoistisches Miststück, welches nicht verdient hatte den Titel 'beste Freundin' zu tragen.

„Hast du eigentlich schon mit Jimin darüber geredet?", lenkte Emma erfolgreich ab.

Wieder ein Seufzen meinerseits. Dieses mal noch gequälter. „Ich habe vor die restliche Zeit meines Lebens nicht mehr mit ihm zu reden!"

Emma hob vorwurfsvoll die Augenbraue.

„Was? Guck nicht so. Immerhin ist Jimin Schuld daran, dass Danny mit mir Schluss gemacht hat."

„Du weißt ganz genau, dass das nicht stimmt. Er ist nicht der wirkliche Grund."

„Willst du jetzt damit sagen, dass ich der Hauptgrund bin?" Ich blickte sie schokiert an.

Emma lachte, versuchte die Stimmung wieder aufzulockern. „Naja, Danny hat doch nie wirklich gesagt, dass Jimin der Grund ist warum er entschieden hat, dass es nicht mehr passt zwischen euch. Eher meinte er, dass du noch nicht wirklich bereit bist eine neue Beziehung einzugehen. Dass da vielleicht noch ein Stückchen Jimin in deinem Herzen ist."

Ich starrte sie fassungslos an. Stellte sie sich jetzt auf die Seite Jimins? Ich hätte ihr einfach gar nichts von dem Gespräch erzählen sollen. Denn sie hatte unrecht. Jimin war für mich der Übeltäter. Derjenige der mal wieder mein Leben zum Absturz gebracht hatte. Der Grund weshalb mein Leben die letzten Wochen auf den Kopf stand.

Vor dem Schaukelgespräch war noch alles heile gewesen. Danny war für mich da gewesen. Ich war für ihn da gewesen. Es hatte keinerlei Probleme gegeben.

Ich hätte einfach nicht zu Jimin gehen sollen. Dann hätte Danny vielleicht nicht gesagt, dass wir reden müssten. Dann hätte Danny vielleicht nicht am nächsten Tag seine Sachen gepackt. Dann wäre er vielleicht nicht gegangen.

Ich stand hastig von der Bank auf und sagte ohne nochmal auf das Thema einzugehen: „Ich will jetzt nach Hause."

Emma nickte schwach, seufzte nur und quälte sich ebenfalls hoch.

Den Rest des Heimwegs verbrachten wir schweigend. Emmas Gesicht wirkte käsig und ihre Hände waren dauerhaft zu Fäusten geballt. Jeden Meter der wir uns meiner Wohnung näherten, die Wohnung die ich jetzt ganz alleine beanspruchte, wurde mein Herz schwerer. Und als wir endgültig vor der Haustür standen, realisierte ich, dass ich kein Recht hatte auf Emma sauer zu sein.

Sie war immer noch meine beste Freundin, die nur versucht hatte die Wahrheit zu sagen, mir zu helfen.

Ich blinzelte die Tränen weg, die sich versucht hatten in meinen Augen zu bilden und räusperte mich peinlich berührt. „Es tut mir leid. Ich bin ein Miststück." Ich lachte. „Bitte erinner dich immer daran, dass du und Ben meine besten Freunde seid und ich euch unglaublich dankbar bin, dass ihr meinen unerträglichen Arsch aushaltet."

Auch Emma kamen die Tränen, nur das sie sie einfach auf die Wangen tropfen ließ und sie nicht versuchte aufzuhalten. Sie zog mich in eine Umarmung, schluchzte laut auf. „Es tut mir leid."

Ich klopfte ihr mitfühlend auf die Schultern. „Hey, du darfst nicht heulen. Ich soll doch diejenige sein, die sich die Seele aus dem Leib heult." Ich grinste.

Emma löste sich von mir, wischte sich die Tränen weg, lächelte unter wässrigen Augen. „Es tut mir leid. Es ist nur ... ." Sie schnappte nach Luft. Ein neuer Schwall Tränen brach aus ihr heraus. „Es tut mir nur so leid. Alles."

Ich rollte lächelnd mit den Augen. „Ganz ruhig, Emma." Ich klopfte ihr abermals auf den Rücken. „Du brauchst dir um mich keine Sorgen zu machen. Ich werde irgendwann mal okay sein. Das werde ich immer. Und jetzt hör bitte auf zu heulen sonst wird es noch peinlich."

Emma lachte ergeben auf. „Ok, ich habe verstanden. Ich geh ja schon."

Sie drückte mich ein letztes mal in eine Armung. „Bitte versprich mir, dass du nochmal mit Jimin redest, okay.", wisperte sie in mein Ohr.

Dann drehte sie sich um und ging.

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Es waren nichtmal fünfzehn Minuten vergangen und schon klingelte es an der Tür. Ich hatte mich erst grad auf die Couch gekuschelt, hatte an meiner Schokolade geknabbert und  erst eine Folge von One Tree Hill angefangen. Für einen Moment dachte ich darüber nach einfach liegen zu bleiben, aber ich stand schließlich doch gequält auf. Bestimmt war das Emma. Wahrscheinlich war sie auf die dumme Idee gekommen mich weiter abzulenken, mich weiter durch die Stadt zu schleppen.

Ich zog energisch die Tür auf, eine vorbereitete ziemlich genervte Grimasse im Gesicht.

Aber vor mir stand nicht Emma.

Es war Jimin.

Repeat. -Park JiminWhere stories live. Discover now