⚜️Kapitel 6⚜️

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Ian

Man, Amelie ist echt unsportlich. Eine Zeit lang trug ich sie, doch sie wollte unbedingt runter gelassen werden und das nur, um nach ca. 5 Minuten wieder eine Verschnaufpause machen zu dürfen. Mir blieb nichts anderes übrig als ihr die Pause zu gewähren. Wir standen vor einer Eiche und sahen uns erwartungsvoll um. Amelie stützte ihre Arme auf die Knie ab und versuchte ihren Atem zu beruhigen. "Ich hasse Sport. Sport ist Mist" nuschelte sie vor sich hin. "Wir sind gleich da, dann können wir uns umziehen und in einem Wagen verschwinden." Sie hob den Kopf und verzog ihren Mund zu einem schiefen Lächeln "ist dir klar, dass es wesentlich einfacher ist ein Parkplatz vor dem Haus zu haben, als irgendo im Nirgendwo? Oder sollte das eine Prüfung werden, wieviel Kilometer ich schaffe, bevor ich krapiere?" Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und lächelte sie an "bist du immer so?" Amelie schüttelte den Kopf und sah mich ernst an "nein, Tagsüber bin ich weich und plüschig, doch Nachts verwandle ich mich in einen Vielfraß und plündere den Kühlschrank. Was hast du erwartet?" Sie holte tief Luft und keuchte müde. Diesmal hatte sie es geschafft, ich musste lachen und das tat echt gut. Ihr dreckiger Humor der immer einen Hauch Ehrlichkeit enthielt, war erfrischend und sprach mich an. "Ich habe gar nichts erwartet, bis vor einem Tag wusste ich nicht mal das es dich gibt, dabei kenne ich Jonas bereits gefühlt eine Ewigkeit." Der Gesichtsausdruck der jungen Frau vor mir änderte sich, sie winkte ab und streckte das Gesicht der Sonne entgegen "na dann bin ich froh. Mach dir nichts draus, wie es aussieht, hast du jetzt das Privileg mich kennen zu lernen". Ich nickte Richtung Wiese "komm, es sind nur noch ein paar Meter."

Für jemanden der noch nie hier gewesen war, war der Ausblick vor uns einfach grandios. Die Bäume auf der kleinen Wiese waren immer noch leicht mit Schnee bedeckt, sie umarmten regelrecht den versteckten Berg und ließen den Wasserfall, der sich von diesem besagten Berg runter schlengelte, schon fast wie im Märchen mysteriös wirken. Das Wasser was sich unten sammelte, bildete eine Art Teich. Die Strömung wiederum, fand ihren Weg unterirdisch und mündete schließlich irgendwann in einen Fluss. Die Sonnenstrahlen ließen den Schnee wie abertausende, kleine silberne Sterne leuchten. Das Moos, das sich die Berge hoch schlängelte, sah schon fast fehl am Platz aus und doch verstand man erst wieso das so ist, wenn man das Innere des Berges betrat. Nur zwei Leute auf diese Welt wussten darüber bescheid, der einer war ich, der anderer Milan.

Amelie war sprachlos. Mit offenem Mund sah sie sich die zauberhafte Gegend an.
"Komm, von Innen ist es noch viel schöner. " Amelie folgte mir und als wir im inneren des Berges ankamen, hörte ich sie nach Luft schnappen. Ich konnte ihre Reaktion nachvollziehen, denn egal wie oft ich hierher kam, der Anblick überwältigte mich immer wieder aufs Neue. Das innere des Berges war nicht dunkel wie erwartet, sondern durchflutet mit Licht, dass durch in die Decke durchschien. Die Höhle, in der wir uns gerade befanden, war gut erhellt und spendete angenehme Wärme. Durch die funkelnde Eisblöcke (ich nahm mal an, dass dies Eisblöcke waren ), wurde das Licht gebrochen und somit entstand ein wunderschönes Lichtspiel. Aus Sorge irgendetwas kaputt zu machen, bat ich Amelie nichts anzufassen und nach Möglichkeit alles so zu belassen wie es ist.

"Milan hat uns Anziehsachen dagelassen, außerdem kannst du, wenn du möchtest, dich waschen. Bitte schwimm nicht weit weg, die Strömung ist sehr stark und könnte dich mitziehen." Amelie horchte augenblicklich auf. "Milan kennt diesen Ort? Woher kennst du ihn?" Hat das Mädel mitbekommen was ich ihr sagte, von wegen Wasser, Strömung, oder Baden? Ist Milans Beziehung zu mir so viel wichtiger als alles andere?

Anscheinend hatte sie alles um sich herum vergessen, denn sie stand einfach nur da und sah mich erwartungsvoll an. Es sah wohl doch so aus als müsste ich ihr was erzählen. Ich verdrehte die Augen. "Ja wir kennen uns. Wir waren mal ziemlich gut befreundet, jetzt nicht mehr. Ende der Geschichte." Ich sah flüchtig zu ihr rüber. Sie nickte, war aber nicht mit meiner Antwort zufrieden. Nach kurzer Zeit widmete sich dann doch ihre Tasche.

"Wer hat diese verdammte Tasche gepackt???" Die junge Frau wühlte hochkonzentriert in der Sporttasche und hielt plötzlich, zwischen dem Daumen und Zeigefinger angewiedert eine Stringtanga hoch. "Soll das ein Teil einer Schleuder sein?" Ich konnten mir das Grinsen nicht verkneifen. "Stehen Frauen nicht auf sowas?" Die Blöndine zog schief die Mundwinkel hoch und kräuselte nachdenklich die Stirn. "Ich habe nicht mal eine Ahnung wo bei dem Teil vorn ist und wo hinten. Ich wette mit dir, das war meine Mutter. Die nervt!! Wieso konnte ich keine normale Mom abkriegen, wieso meint meine Mutter mir immer erzählen zu müssen was modern ist und was nicht?" Amelie stampfte mit dem Bein auf. "Lieber lauf ich nackig durch die Gegend, bevor ich sowas anziehe. Der Gedanke daran sowas zu tragen tut schon weh." Ich zuckte mit den Schultern. "So viel ich weiß, wird das so getragen" ich nahm ihr das Kleidungsstück aus der Hand und hielt es ihr schließlich richtig hin. Als ich sie wieder ansah, sah Amelie mich breit grinsend und mit verdammt viel Spott in den Augen an "Erfahrungen?" Jetzt ging es einfach nicht anders, ich faltete meine Arme vor der Brust zusammen und stellte mich breitbeinig vor ihr hin. "Ich bin ein Kerl auf den Frauen stehen, natürlich habe ich Erfahrungen. Problem damit?" Mit hochgezogenen Augenbrauen versuchte ich sie böse anzuschauen, doch sie boxte mich nur grinsend gegen die Schulter. "Komm schon Tiger, bloß nicht aufplustern. Ansonsten platzt du noch! Übrigens..... deine Macho-Haltung lässt mich kalt. Atme tief durch und entspann dich." Kopfschüttelnd und grinsend widmete sie sich wieder der Tasche zu. Sie zog einen uralten braunen Pulli, der anscheinend ganz tief unten vergraben lag, heraus. Triumphierend rie sie "Oh mein Gott. Milan du bist ein Schatz, ich schulde dir was!!" Zufrieden wie ein kleines Kind klatschte sie in die Hände. Jetzt war ihre rosarote Welt wieder in Ordnung. Ein alter, abgenutzter und verfilzter Pullover machte sie glücklich, selbst die unbeliebte Unterwäsche war vergessen.

Ich zeigte Amelie wo sie sich sauber machen konnte und nutzte selbst die Gelegenheit um mich umzuziehen. Nach ca. 15 Minuten sah ich Amelie wieder strahlend auf mich zukommen. Sie trug eine unauffällige und oft getragene blaue Jeans, Sportschuhe und der braune Pullover, nicht besonderes und doch gefiel es mir. Die blonde Haare waren zu einem einfachen Zopf geflochten und die karamellfarbende Augen strahlten mit den Sternen um die Wette. Ich erwischte mich dabei, wie ich die junge Frau vor mir bewundernd anstarrte und versuchte sofort, die für mich unangehehme Situation zu überspielen. "Kein Stroh in den Haaren, sieht gut aus." Amelie nickte und lief rot an. Ich nahm unsere Taschen und wies sie an mir zu folgen.

Ab jetzt sind wir bewaffnet und mobil, denn ab jetzt, würde ich auf die Jagt gehen. Ich würde mir überlegen müssen wie ich es anstellen sollte, ohne die Kleine mit rein zu ziehen, aber mir würde schon was einfallen. Leichter Schauer liefen mit über den Rücken und ich merkte wie mein kompletter Körper sich anspannte. Das Tier in mir wollte jagen und ich freute mich darauf das zuzulassen.

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Der VollstreckerWhere stories live. Discover now