17

319 64 9
                                    

Reine Routine. Mein Alltag besteht aus reiner Routine. Wenn ich aufwache und du bereits wach bist, mir durch die Haare streichst und fragst wie es mir ginge. Ich antworte mit einem kleinen 'Gut' und du lächelst dieses kleine Schmunzeln mit dem Grübchen an deiner rechten Wange. Dann drückst du nach einer halben Stunde das Knöpfchen an der Notruf-Fernbedienung. Die Ärzte kommen dann meine Schläuche kontrollieren, meine Medikamente überprüfen und mir frisches Frühstück auf das Nachtkästchen stellten. Dann hebst du mich sanft an und schiebst dich hinter bzw. unter mich. Ich spüre deine feste Brust an meinem Rücken und du greifst dann nach dem Tablett und fängst an mit mir zu frühstücken.

Nach dem Morgen kuscheln wir eigentlich wieder so lange und ausgiebig wie möglich. Du glaubst ja nicht wie beinahe schon überlebenswichtig diese tagtäglichen, liebevollen Dinge für mich sind. Ohne dich und ohne das Wissen, dass ich routinemäßig jeden Tag derartig mit dir kuscheln dürfte, würde ich schon längst unter der Erde liegen. Das Mittag- und Abendessen halten wir gemeinsam in derselben Position, zwischendurch sind mal Tests und Untersuchungen für mich angesetzt. Und wenn ich sehe, wie immer mehr Monitore sich in mein Zimmer gesellen und der Inusionsbeutel immer voller und öfter gewechselt wird, wenn ich sehe wie du immer öfter zu dem Arzt rausgebeten wirst, um mit ihm über mich und meine Testergebnisse zu reden.

Und die Routine des Tages endet damit, dass du mich in den Schlaf singst. Während ich die Augen schließe und deiner Stimme zuhöre, stelle ich mir vor, zu Hause zu liegen. Dass wir in unserer Wohnung wären und in unserem Bett lägen, die ganze Probleme gar nicht haben. Ich will unsere alte Routine zurück. Die Routine, die gar eine Routine war. Wir sind aufgestanden und haben gelacht, getan was wir wollten. Jetzt müssen wir ja sogar darum betteln, wenn du mich im Rolstuhl auf einen zehnminütigen ausflug auf die Anlage des Krankenhaues mitnehmen magst.

PS.: Ich will eine Routine mit dir und ohne Herzprobleme.


Yoongi faltete den Brief wieder zusammen und schloss kurz die Augen, atmete tief durch und rieb sich über die Wangen, wischte die Tränen von seinen Wangen. Er schaute kurz auf die Uhr. Fünf Stunden. Fünf Stunden war Taehyung nun bereits in dem Operationssaal. Und Yoongi wusste weder, ob er noch lebt oder ob er bereits gestorben war.


EVEN IF I DIE IT'S YOU || taegiWhere stories live. Discover now