~Trautes Heim, Glück allein~

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Lace

Kaum hatte ich die Tür geöffnet blieb ich geblendet stehen. Wortwörtlich. Von meiner linken Seite fiel gleißendes Sonnenlicht durch hohe Fenster. Der Boden, ebenfalls hell, reflektierte die Strahlen und ließ wie einen verrückten blinzeln.

Da ich davon gehört hatte tastete ich an der Wand, die zu meinem Verdruss auch hell war, entlang, bis ich auf ein kleines Rad stieß. Schnell und in der Hoffnung, dass ich nichts kaputt machte, drehte ich daran und tatsächlich wurde es dunkler.

Als ich schließlich aufhörte zu drehen war es immer noch hell, aber ich würde davon nicht mehr erblinden. Hoffentlich. Als ich mir sicher war, dass keine Gefahr mehr von ihnen ausging wandte ich mich zu den Fenstern.

Überrascht stellte ich fest, dass sie immer noch genauso aussahen wie zuvor. Oder zumindest so, wie ich mir Fenster vorstellte, durch die so eine Menge Licht fiel. Wahrscheinlich, so versuchte ich mir dieses Wunder zu erklären, filterten die Fenster das Sonnenlicht in irgendeiner Art und Weise. Was es auch war, ich war Dankbar.

Etwas beruhigt wandte ich mich als nächstes dem Raum zu, in dem ich stand, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte. Was ich sah ließ mich nach Luft schnappen. Der Raum war riesig. Müsste ich schätzen so würde ich sagen, dass die Decken 6 bis 7 Meter hoch waren, von einer Fensterfront zur anderen bestand bestimmt ein Anstand von 15 Metern.

Und das alles für ein dunkles Sofa, das auf einem noch dunkleren Teppich stand. An der Wand der Couch gegenüber hing ein großer Fernseher, darunter standen Boxen. An der Wand darum herum hingen kleine Regalbretter voller Filme und, wie ich überrascht feststellte, Bücher und CDs.

Einige Meter von der Couch entfernt stand ein langer Tisch, hell wie der Rest der Wohnung, an dem bestimmt 20 Leute platz nehmen konnten. Vorsichtig trat ich etwas weiter in den Raum hinein.

Dabei bemerkte ich Türen, die an den Wänden ohne Fenster waren. Auf der Raumseite des Sofas waren es zwei, an der anderen Wand ebenfalls. Und noch etwas fiel mir auf. Die Zimmer, die sich auf der Seite des Tisches befanden, hatten Zimmerdecken von höchstens 4 Meter Raumhöhe.

Zwischen den Türen befand sich eine Wendeltreppe, die anscheinend zu einem Raum über den anderen führte. Von Neugier erfasst erkundete ich die Räume, die mir am nächsten waren. Der erste war, wenn ich das richtig überblickte, Ein Fitnesszimmer.

Es gab ein Laufband, mehrere querlaufende Stangen und eine Art Hantelbank. Der andere Raum war ein Badezimmer mit einer großen Badewanne, einer viel zu großen Duschkabine, Toilette und Waschbecken. Im Gegensatz zu den anderen Räumen war die am häufigsten genutzte Farbe Gold, womit ich mich in ein anderes Jahrhundert versetzt fühlte. 

Langsam und mich immer wieder umsehend suchte ich mir meinen Weg durch das Zimmer  zur anderen Seite der Wohnung. Im vorbeigehen stellte ich das Tablett vorsichtig auf den Esstisch, welches ich bisher gedankenverloren herum getragen hatte.

Vor den Türen blieb ich kurz stehen, nicht sicher, welche ich zuerst betreten sollte. Schließlich entschied ich mich für die linke Tür und fand mich prompt in einer großen Küche wieder. Die eine Wand war wieder eine Fensterfront, zwei der anderen wurden von Küchenschränken und Arbeitsflächen dominiert.

In der Mitte des Zimmers stand eine große Kochinsel mit Barhockern, wahrscheinlich damit man nicht immer an dem viel zu großen Esstisch sitzen musste. Der einzige negative Punkt an der Küche, deren Schränken mit Zutaten, Geschirr etc. gefüllt waren, war die Farbe. Weiss.

Wer auch immer auf die Idee gekommen war eine Küche mit so einer sensiblen Farbe auszustatten gehörte hinter Gitter. Lebenslänglich. Oder am besten direkt in die Irrenanstalt mit ihren tristen weißen Wänden.

Als ich mich genug geärgert hatte verließ ich den Raum und wandte mich dem nächsten zu. Der war ein Büro, überraschenderweise nicht mit weißen Möbeln vollgestopft. Mit den hohen Schränken aus Eiche, den dunklen Vorhängen vor dem Fenster und dem großen Schreibtisch in der Mitte fühlte ich mich ein weiteres Mal in das falsche Jahrhundert versetzt.

Einzig der große Bildschirm vor dem Schreibtisch, mit dem ich so gar nichts anfangen konnte, zerstörte das Bild. Von den verschiedenen Eindrücken wie erschlagen flüchtete ich aus dem Raum und, nach kurzem zögern, die Treppe hinauf. 

Dort oben erwartete mich, wie man sich schon denken konnte, das Schlafzimmer. Der Treppe direkt gegenüber stand ein großes, schwarzes Bett mit dunkelgrauen Bettlaken. Dahinter fiel Licht durch hohe Fenster. An zwei Wänden standen graue Schränke, der Boden war mit einem flauschigen, dunkelgrauen Teppich belegt.

Beinah sofort fühlte ich mich in dem Raum wohl. Er passte weder zu Büro und Bad, noch zu dem Rest der fast schon klinisch neutralen Wohnung. Dafür und für die Farbwahl war ich der Person, die meinen neuen Lieblingsraum entworfen hatte, dankbar.

Nach einem kurzen Test, ob das Bett durchbrach sobald ich drauf fiel oder nicht, entschied ich mich, dass es das weichste Bett war in dem ich je gelegen hatte, obwohl ich nur mein eigenes Bett in dem Haus meiner Eltern bisher gehabt hatte.

Irgendwie verlor ich mich schließlich in meinen Gedanken und erwachte erst aus meinem Tagtraum über das, was meine Schwester jetzt wohl vielleicht machen könnte, als mich ein Lichtstrahl blendete.

Ein wenig verstimmt hob ich meinen Kopf von den weichen Kissen und drehte mich umständlich, damit ich aus Fenster sehen konnte. Die Sonne ging unter. Plötzlich kein bisschen schläfrig mehr und betrachtete, wie schnell die große Scheibe hinter den Hochhäusern verschwand. Bald darauf wurde es schon dunkel.

Ich starrte noch etwas aus dem Fenster und zu den anderen Häusern, dann erhob ich mich aufgrund meines grummelnden Magens. Müde schlurfte ich die Treppe hinunter und warf einen Blick auf meine neue, viel zu glänzende Uhr. Es war erst halb sieben und dennoch war die Nacht schon angebrochen.

Früher hatte die Sonne mich um diese Jahreszeit noch bis 10 Uhr wachgehalten. Seufzend schob ich den Gedanken an meine Eltern, der sich wieder einmal in den Vordergrund zu drängen versuchte beiseite und betrat die Küche. Dann machte ich mich auf die Suche nach etwas essbarem. 

Nach ein paar Minuten des intensiven herum kramens im Kühlschrank entschied ich mich für eine Portion Milchreis mit einer nicht definierbaren Beilage, die in einer Schüssel auf einer der Ablagen lag. Mit einem Löffel bewaffnet verließ ich die Küche wieder, der Bewegungsmelder schaltete das Licht in der Küche aus und das im Wohnzimmer wieder ein, und balancierte zur Couch.

Im Vorbeigehen schaffte ich es noch das Tablett vom Esstisch zu holen und setzte mich dann auf die Couch. Als ich es dann geschafft hatte alles auf dem Abstelltisch abzulegen ohne etwas zu zerstören nahm ich mir den Brief zur Hand, der ungeöffnet auf dem silbernen Untergrund lag und probierte etwas von dem Milchreis. Köstlich, auch wenn ich den Geschmack nicht ganz zuordnen konnte.

   

2095 - ᴡɪᴇ ɢᴜᴛ ʙɪꜱᴛ ᴅᴜ ᴡɪʀᴋʟɪᴄʜ?Where stories live. Discover now