3 a.m.

21 2 1
                                    

[Song: Cigarettes after Sex - K]

Es ist Frühling. Eigentlich. Die Nächte werden jedoch weder kürzer noch steigen die Temperaturen. Draußen wird es sogar kälter und auf der Terrasse liegt noch eine dünne Schicht feiner Schnee der gestern Nacht vom Himmel gefallen war.
Sonst wäre ich schon längst im meist traumlosen Tiefschlaf, aber heute kann ich einfach nicht. Die Schule wird stressiger und der Tag des Abschlusses kommt immer näher obwohl er noch so fern scheint. Meine Beziehung ist in Brüche gegangen und ich habe einige Freunde dadurch verloren. Zwar versuche ich weiterhin glücklich zu scheinen, aber dass ich nun der kaltherzige Sündenbock für alles bin macht es nicht gerade besser.

Die Luft im Zimmer wird schwül und unter Decke wirds zu heiß.
Wenn ich weiter so in meinem Schweiß rumlieg muss ich morgen in der Früh kalt duschen gehen, weil wir kein warmes Wasser haben.

Gedanken verloren starre ich an die Decke, die Beine an der Wand gegenüber aufgestellt.
Ob sie es mir irgendwann verzeihen würde? Sie meinte sie sorgt sich um mich, aber ein so großes Arschloch bin ich nun auch wieder nicht, weil die andren sich eher um sie sorgen sollten als um meine Wenigkeit. Anstrengend...

"Ich brauch frische Luft"
Frustriert seuftzend setze ich mich auf und geh auf leisen Zehnspitzen zu meiner Tasche und hol ein kleines Päkchen raus womit ich aus dem Zimmer auf der Terasse eine Zigarette raushol und gleich anzünd. Nicht nur würden meine Freunde mich dafür hassen, dass ich rauche sondern killed mich meine Mutter wenn sie mich mitten in der Nacht erwischt wovor ich um ehrlich zu sein mehr Schiss habe. Aber das ist mir im Moment egal. Hab eh schon Augenringe also wird eine weitere aufgebliebene Nacht nicht weiter schaden. Schlafen kann ich sowieso nicht. Zwar haben mir meine Freunde oft gesagt, ich solle sie anrufen wenn ich nicht schlafen kann, so will ich sie trotzdem nicht um 2:50 aufwecken wenn sie sich um ihr eigenes wahrscheinlich stressiges Leben kümmern könnten indem sie schlafen. Worüber sollen wir überhaupt sprechen? Wie das Wetter in der Stadt ist? Ob die Luftverschmutzung besser geworden ist? Der Himmel ist zwar blau aber an jeder Ecke riechst du den Auspuff der stinkenden Autos. Betrunkene gröllen durch die Nacht auf der Straße wahrscheinlich auf dem Weg heim oder zum nächsten Club -man weiß ja nie-.
Nur alle 15 Minuten fährt ein Auto auf der sonst so stressigen Kreuzung vorbei.

Stadt und Land huh? Es funktionierte ja. Aber es war hart. Nein, hart ist untertrieben. It was a fucking shithole. Und ich hielts einfach nicht mehr aus, so lange von ihr getrennt zu sein und immer nur zu streiten.
Viel lieber als in der Schule neben diesen arschkriechenden Hohlbirnen zu sitzen wär ich lieber bei meiner Freundin im Bett und Netflix schaun gewesen aber das kann ich mich jetzt auch abschminken. Mich über Pretty little liars aufregen, von Eyewitness schwärmen und zu Shameless' dunklem Humor lachen, wärend sie mir dumm grinsend den Kopf wie einen Hund krault. Ein Traum den sie mir auch so nie erfüllt hätte auch wenn ich sie darum gebeten hätte. Vielleicht hatten die anderen ja recht und sie war nicht die Richtige für mich.

Erneut seuftzend fahre ich mir durch die splissigen Haare und mach noch einen letzten tiefen Zug des Nikotin inhaltigem Zeug bevor ich die Überreste die Terrasse runter schnipse. Es schmeckt widerlich und brennt im Hals. Mir einzureden, dass es mich beruhigt wäre eine Lüge. Aber mir die Knöchel an der Wand blutig zu schlagen, weil ich den Spiegel nicht kaputt machen will ist nicht gerade besser. Vielleicht sollte ich wirklich mal in Betracht ziehen boxen zu gehen. Aber dafür fehlt mir die Zeit die ich zum lernen aufbrauche.
Ich will nicht.
Ich wünschte ich könnte wie in Shameless einfach die Schule schmeißen und abhaun. Mir eine Arbeit suchen und einfach nur frei sein. Aber wir sind in keiner fucking show! Hier ist das echte Leben. Hier jagen dir Konsequenzen hinter einem her wenn du Scheiße baust welche du dann ausbaden musst.
Ich beiße die Zähne fest zusammen und spann mein Kiefer an. Die Lippen aufeinander gepresst und mit zitternden Händen genieße ich die kalte Frühlingsnacht draußen auf der Terrasse.
Es ist einfach unfair.
Tränen sammeln sich in meinen Augen und meine Nase sticht.
Warum muss ich diesem kranken System gehorchen? Ich will leben. Ich bin nicht für immer jung. Lernen kann ich später. Wofür brauch ich die Formel für Bewegungs Energie wenn ich als Bibiliothekarin Bücher alphabetisch nach Genre ordne zum Beispiel.
Die Matura kommt jedes Semester, jede Woche näher. Und damit auch die Angst was danach kommt.
Was will ich machen?
Geh ich arbeiten?
Studieren?
Mir fehlen nur noch 7 Semester. Drei Jahre hab ich Zeit zum nachdenken. Schon ein bisschen krank wie ich mir meine Zukunft jetzt schon zurecht richten muss. Dabei bin ich doch erst 15.

Kann man nicht einfach die Zeit anhalten. Anhalten wie ein Lied was einem nicht gefällt. Oder ein Video. Auf Pause drücken. Entspannen. Und auf Play drücken wenn man sich bereit dafür fühlt. Sich um nichts Sorgen wegen morgen machen müssen. Nicht vor der nächsten Bio Wiederholung Angst haben. Oder beten, dass man in Mathe positiv ist.
In meinem Leben spielt sich viel zu vieles ab um alles aufklären zu können.

Ich schaue ein letztes mal auf die Uhr die mir genau 3 Uhr anzeigt.

Poetrys and shitWhere stories live. Discover now